Das Unbehagen in der Gleichheit. Auswege aus der Gender-Sackgasse

Imago Hominis (2006); 13(2): 105-122
Susanne Kummer

Zusammenfassung

Feministische Theorien gewannen im Laufe der Jahre an Schärfe und radikalisierten sich. Zu ihnen zählt die konstruktivistische Gender-Theorie. Ihre Grundthese, dass nichts Natur ist, sondern alles Konstrukt, löst inzwischen auch unter Feministinnen Unbehagen aus. Denn die menschliche Identität ist leibgebunden. Niemand kann sein Geschlecht abwählen, noch erfährt er es als bloße Rolle. Der Leib ist Vorgabe und Aufgabe. Die Identität von Frau und Mann muss sowohl von ihren biologischen Fakten als auch anthropologischen Daten her neu definiert werden. Der Begriff „Gender“ muss dafür klar eingegrenzt werden.

Schlüsselwörter: Gender, Geschlecht, Leib, Körper, Anthropologie

Abstract

Feministic theories have increased in pungency and radicalism. One of them is the constructivistic gender theory. Its basic thesis: nature means nothing, but everything is a result of construction. This evokes increasing uneasiness, even among feminists. After all, human identity is connected to the body. Nobody can dismiss his or her sex, neither is it experienced merily as a role. The body is premise and task at the same time. The identity of woman and man ought to be newly defined pertaining to their biological facts and their anthropological data. Hence, the term “gender” must be understood in its original limitations.

Keywords: gender, sex, human body, biological body, anthropology


1 Einleitung

Gleichheitsideologien fordern ihren Tribut. Die Geschichte über Prokrustes, den Unhold aus der griechischen Mythologie, erzählt davon. In der Gegend lebten Riesen und Nicht-Riesen. Die Ungleichheit führte zu Unterdrückung. Nur Gleichheit bringt Gerechtigkeit. Die Riesen sollten das Recht haben, Nicht-Riesen, und die Nicht-Riesen das Recht haben, Riesen zu sein, überlegte Prokrustes und machte sich ans Werk. Der Unhold ging sein Vorhaben nicht zimperlich an. Der Maßstab für das Ideal war sein Bett. Waren die Menschen zu groß für das Bett, hackte Prokrustes ihnen die Füße und andere überschüssige Gliedmaßen ab, waren sie zu klein, hämmerte und streckte er sie zur Größe der Riesen aus. Die Auswirkungen der Behandlung durch den Folterer waren schmerzhaft. Zwar war das Ziel erreicht – die genormten Menschen waren endlich alle gleich –, doch sie waren verstümmelt. „Ist das nicht vernünftig?“, wandte sich Prokrustes an Pallas Athene, die sich selbst ein Bild über seine eigenwilligen Ideen über Gleichheit und Gerechtigkeit machen wollte. Sie kehrte kopfschüttelnd um. Prokrustes’ Argumentation hatte ihr die Sprache verschlagen. „Es war das erste Mal, dass sie als Göttin eine ideologische Rede vernommen hatte, und sie fand keine Entgegnung“, konstatiert Friedrich Dürrenmatt (1980) in seiner literarischen Nacherzählung des Prokrustes-Mythos1.

Der Gedanke fasziniert bis heute: Ist der Leib als Medium des Subjekts erst einmal entgrenzt, von seinen natürlichen Vorgaben befreit und sind körperliche Unterschiede, namentlich das Geschlecht für obsolet erklärt, weil Frau- und Mann-Sein als körperliche Hülle entlarvt und jeder dazu erzogen ist, beliebig in die (Geschlechts)Rolle des anderen zu schlüpfen, dann ist das eigentliche gesellschaftliche Ziel in Reichweite: die Gleichheit unter den Menschen und damit die herrschaftsfreie, chancengleiche Beziehung unter den Geschlechtern. Soweit die Theorie der post-feministischen sex-gender-Debatte. Sie durchzieht – einmal mehr, einmal weniger radikal zu Ende gedacht – politische Aktionsprogramme seit den Neunzigerjahren und steuert nationale und internationale Geldflüsse. Politisch wurde die Her- und Sicherstellung der „Gleichheit von Männer(n) und Frauen“2 in allen Lebensbereichen von der EU als gesamteuropäisches Ziel festgeschrieben. Bleibt die Frage: Hält die Theorie der Geschlechter-Gleichheit, was sie verspricht? Und wenn ja, auf wessen Kosten? Wird sie den verschiedenen Bedürfnissen von Frau- und Mann-Sein gerecht? Oder zwingt sie in neue Prokrustes-Betten? Was passiert, wenn einmal alle Geschlecht-Ungleichheiten beseitigt sind? Herrscht dann Gerechtigkeit? Gibt es noch Verschiedenheit? Oder nur noch „fließende Identitäten“? Und: Spiegeln die in den Gender-Codices geförderten politischen Programmen die echten Probleme von „Frau und Mann“ im 21. Jahrhundert wider?

Im folgenden Beitrag soll ein kurzer Überblick über die Durchsetzung des Gender-Begriffs gebracht werden (Kapitel 2); kritische Einwände gegen den konstruktivistischen Gender-Begriff vorgebracht werden, in erster Linie jene, die aus der innerfeministischen Debatte selbst stammen (Kapitel 3); die Frage nach den anthropologischen Koordinaten von realen Frauen und Männern erörtert werden sowie die Rolle des Leibes für ein adäquates Selbstverständnis (Kapitel 4). Abschließend werden Ansätze zum Ausweg aus der jetzigen Gender-Sackgasse aufgezeigt (Kapitel 5).

2 Frauenrechtsbewegungen versus Gender-Theorien

Die Gleichberechtigung der Frau gegenüber dem Mann gehört zu den sozialen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Sie hat sich in vielen Gesellschaften, zumindest den westlichen, durchgesetzt. Frauen haben gleiche Bildungschancen wie Männer, können ihr Leben selbst in die Hand nehmen, sind emanzipiert. Das Streben radikal-feministischer Denker verfolgte aber noch ein anderes Ziel: sie forderten eine völlig neue Gesellschaft ohne soziale Unterschiede zwischen Mann und Frau. Ziel sei nicht bloß Emanzipation, ein sich arrangieren zwischen Frauen und Männern, sondern die Aufhebung des Geschlechts, die Schaffung eines neuen, geschlechtslosen Menschen, der alleine Basis für eine herrschaftsfreie Gesellschaft sein könne. Soweit die Theorie, die im Wesentlichen auf Quellen des Existenzialismus, Marxismus und Konstruktivismus zurückgeht. Den internationalen Durchbruch schaffte dieses leibferne Geschlechterkonzept 1995 auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking. Seither gilt „Gender“, das soziale Geschlecht, als der Angriffspunkt, um „Asymmetrien“, „Geschlechterhierarchien“, „Diskriminierungen“ aufzudecken und zugunsten von Frauen zu verändern. Die heftigen Debatten, die im Vorfeld zwischen Feministinnen und Pro-Familien-NGO‘s über den Gender-Begriff geführt wurden, machten tiefe weltanschaulichen Gräben3 deutlich. Was nun eigentlich mit dem Geschlecht als von außen zugeschriebener Rolle, als sozialer Konstruktion gemeint und welche politische Schlüsse daraus zu ziehen waren, war alles andere als klar. Dennoch, bereits 1998 verpflichtete sich die EU, für die Berücksichtigung der Gender-Perspektive auf politischer Ebene zu sorgen. Die EU-Nomenklatur verschärfte sich: von der Gleichstellung von Frauen und Männern und Beseitigung der Ungleichheiten (Vertrag von Amsterdam 1999, Art. 2 und 3) hin zur Sicherstellung der „Gleichheit von Männern und Frauen“ (EU-Grundrechtscharta, Nizza 2000, Art. 23). Was aber heißt „Beseitigung von Ungleichheiten“? Was heißt „Gleichheit“? Auf welches Konzept „Frau“ hin soll verändert werden?

Innerhalb der Frauenforschung und Gender-Studies gehört die These, dass das Geschlecht eine soziale und kulturelle Konstruktion sei, zu den inzwischen „unangefochtenen Grundüberzeugungen“4. Von biologisch feststellbaren Unterschieden, so heißt es, lassen sich keine essenziellen Eigenschaften, die das Wesen von Mann bzw. Frau charakterisieren, ableiten. Allerdings regt sich innerfeministisch inzwischen auch Kritik am Gender-Begriff, an seinen konstruktivistischen Grundlagen und daran, dass die Kategorie gender zu einlinig und monokausal eingesetzt wird, um die Wirklichkeit sinnvoll und human zu verändern. Am Ende der Sackgasse der leibfernen Theorie stehen reale Frauen und Männer, die es gender-theoretisch gar nicht geben dürfte. Dennoch gibt sie es. Und sie stehen vor vielen Fragen: jener nach ihrer eigenen Identität als Frauen und Männer, ihrer Sorge um ein geglücktes Miteinander5, in Gesellschaft, Beruf und vielleicht auch als Mutter oder als Vater6. Warum gerade jener Aspekt, nämlich Mutter- und Vaterschaft der auffällig „blindeste Fleck“ in der sex-gender-Debatte ist, wird noch zu fragen sein.

3 Kritische Einwände gegen den konstruktivistischen Gender-Begriff

3.1 Philosophische Kritik an Gender: Eine fragwürdige Kategorie

Mit der Einführung des Begriffs Gender, der eigentlich aus der Sprachwissenschaft kam (genus, lat. „Geschlecht“), versprach sich die feministische Philosophie Mitte der Siebzigerjahre ein geeignetes Instrument, das biologische vom anerzogenen Geschlecht differenzieren zu können. Zu oft, so lautete der Vorwurf, habe man im Lauf der Geschichte versucht, der Frau/dem Mann auf Grund ihrer/seiner biologischen Konstitution bestimmte soziale Rollen zuzuweisen bzw. umgekehrt sie/ihn aufgrund des Geschlechts von bestimmten Funktionen auszuschließen.7 Durch die Trennung des biologischen vom sozialen Geschlecht sollte ein Erfassen der „Geschlechtsidentität“ ohne Rückgriff auf die Biologie möglich werden. Die Gender-Theorie spitzt sich unter dem Einfluss Judith Butlers zu: Selbst das biologische Geschlecht, die Sexualität eines Menschen, sei nicht angeboren, sondern konstruiert. Dementsprechend könne das Geschlecht aufgeweicht, dekonstruiert, die Bipolarität Frau-Mann unterlaufen, subversiv ausgehöhlt werden. In Wahrheit sei die geschlechtliche Dimension des Menschen also ein Phantasma, ein „freischwebendes Artefakt“ (Butler). Erst durch wiederholtes Einüben in der Norm lege sich so etwas wie Frau/Mann-Sein fest, jedoch wieder nur als Fiktion. Denn das Geschlecht sei keine Eigenschaft von Personen, Körpern oder Körperteilen, sondern eine „kulturelle Konstruktion“, ein „selbstproduziertes Phänomen“, das erst durch Eingewöhnung und Wiederholung als Wirklichkeit gestiftet wird8, so Butler. Durch Butlers Radikalisierung – nichts ist mehr Natur, alles ist Konstrukt – kam die innerfeministische Debatte in Gang. Das Dilemma liegt auf der Hand: Wenn just das Geschlecht kein wesentliches Merkmal der Person sein darf, de-konstruierbar ist: Worauf berufen sich dann politische Forderungen? Es gibt ja dann gar keine ‚echten’ Frauen und keine ‚echten’ Männer mehr.

Konstruktivistinnen wie Judith Butler würden sich selbst den theoretischen Boden unter den Füßen wegziehen, um überhaupt von „Frauen“ sprechen zu können, lautet Käthe Trettins Vorwurf. Die deutsche Feminismusforscherin spricht von einem „Konstruktivismus-cum-Antirealismus“ im Gender-Denken. Welcher Mensch unter die Kategorie „Frau“ fällt, ließe sich nicht mehr eindeutig definieren; es gibt nur noch „variable Geschlechtsbedeutungen“, die jeder beliebig für sich wählen kann. „So etwas wie Geschlecht gibt es gar nicht. Sätze mit Geschlechtsprädikaten sind sinnlose Sätze. Wer daran glaubt, dass es Männer und Frauen gibt, glaubt an Gespenster“9, bringt Trettin ihre Kritik auf den Punkt. Die Frage, die sich daran anschließt, lautet: Ist das Geschlecht tatsächlich nur so etwas wie eine Hülle? Lässt es sich adäquat als angestückeltes Etwas an uns selbst, als ein übergestülptes Kostüm verstehen oder als eine Rolle, die man an oder ablegen kann, die prinzipiell austauschbar ist?

3.2 Sozio-biologische Kritik an Gender: Sexuelle Revolution und die Ausbeutung des Körpers

Welcher Zugang zu Geschlecht führt dazu, Mann- und Frausein prinzipiell als austauschbare Rollenspiele und bloß inszenierte Identität auszulegen? Es gelingt nur dann, wenn man die Generativität, dass Frauen Mütter und Männer Väter werden – ein eindeutig geschlechtsbedingtes und biologisches Faktum, das zu lebenslangen Bindungen führt –, ausblendet (Gender-Theorien) oder bekämpft („traditioneller“ Feminismus). Fortpflanzung verläuft immer asymmetrisch: Frauen gebären, Männer nicht. Auch in der Erziehung sind die Rolle von Mutter und Vater asymmetrisch. Diese Asymmetrie steht als Ungleichheit im Raum, die Frage ist, wie man sie deutet. Seit der „sexuellen Revolution“ ist die Deutung im westlichen Feminismus klar vorgegeben: Die Asymmetrie soll aufgehoben werden, die Befreiung der Frau wird an die Befreiung vom Kind geknüpft, erst dann herrscht Geschlechtergleichheit und damit Geschlechtergerechtigkeit. Ein Blick auf die Entwicklung der letzten 30 Jahre zeigt, dass mit der neuen Freiheit auch neue Bedrohungen gewachsen sind, die deutlich zeigen, dass das „Problem“ Mutterschaft nicht einfach technisch gelöst werden kann.

Ein Blick zurück: In den 70er-Jahren noch loben Kate Millet und Shulamit Firestone10, zwei Klassikerinnen des radikalen amerikanischen Feminismus, Friedrich Engels Beitrag zur sexuellen Revolution als wertvoll, den sie vor allem in seiner Analyse der patriarchalen Ehe und Familie als solcher erkennen wollen. Firestone folgert, dass das erstrangige Ziel der Revolution zur Befreiung der Frau darin besteht, sie von der Bürde des Kinderkriegens zu befreien. Wenn sie sich durch Verhütungsmittel und Abtreibung weigere, Kinder zu bekommen, würden Männer eine technische Lösung für den Nachwuchs finden müssen. Schwangerschaft ist für Firestone bloß „die zeitweilige Deformation des menschlichen Körpers für die Arterhaltung“11, „die Befruchtung im Reagenzglas“ sei „nur eine Frage der Zeit“12, schrieb sie 1975. Firestone hatte Recht: Die In-Vitro-Fertilisierung setzte sich 1978 als Methode durch und wuchs zu einem Milliardengeschäft heran. Einem Geschäft, das sich inzwischen aber auch internationaler Kritik aussetzen muss. Die neuen Ungleichheiten und Machtverhältnisse entstehen nicht mehr entlang einer Trennung „Mann = Patriarchat, Unterdrücker“ versus „Frau = Opfer, Unterdrückte“. Sie verläuft entlang eines kalten Marktes, für den der Mensch als Subjekt nicht zählt. Das nun geht im Fall der Reproduktion und des medizinischen Fortschrittwahns insbesondere auf Kosten der Frau, besser gesagt: Frauen unterer Einkommensschichten, die als Ersatz herhalten müssen für andere. Ausgebeutet werden Frauen als Leihmütter für in Übersee bestellte Kinder (in Indien13) oder als Eizellen-Lieferantinnen für Klonexperimente (Beispiel Südkorea14). Schwangere Frauen in Not fühlen sich unter Druck – moralisch, finanziell, gesellschaftlich – sich gegen ihr Kind und für eine Abtreibung zu entscheiden. Dass sie mit schweren psychischen Folgeschäden zu rechnen haben, wie jüngst nachgewiesen wurde15, ist immer noch ein Tabuthema. Und: Frauenkörper müssen schön sein. Was darunter zu verstehen ist, diktiert der Markt, transportiert via Unterhaltungsmedien. Insbesondere Frauen empfinden heute ihre eigene Körperlichkeit immer häufiger als problematisch, die Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen nimmt zu.16 Die Verunsicherung wächst, es entsteht ein zwiespältiges Verhältnis zum eigenen Leib. Einerseits wird das Geschlecht immer bedeutungsloser, konstruktivistisch gedacht soll ja jeder und jede wählen, wie und was er ist, unabhängig davon, ob man nun Frau oder Mann ist. Paradoxerweise wächst aber genau in dieser faktischen Gleichheitsgesellschaft der Druck, erst recht anzuzeigen und idealtypisch zu verkörpern, dass man eine Frau ist oder ein Mann, indem man sich operativ die äußeren geschlechtsspezifischen Organe vergrößern lässt.

Das Phänomen der Kommerzialisierung des Körpers, wie wir es heute erleben – auch in der Dimension der Weitergabe des Lebens – zeigt deutlich:

a) Wo der Leib nur als Körper erfahren, zum Körper degradiert wird, ohne Rückbezug auf die geistig-seelische Dimension, wird der Mensch selbst zum Objekt, zur Ware. Die Akzeptanz des Leibes als integralem Bestandteil der eigenen Identität (Ich bin da, in der leibhaftigen Gestalt, die mir gegeben ist) ist wesentlich für die gesunde Entfaltung der eigenen Persönlichkeit;

b) Wird beim Menschen die biologische Reproduktion vom sozialen Sinngehalt der Weitergabe des Lebens getrennt – Kinder als Geschenk anzunehmen, eine lebenslange Bindung als Verantwortung –, übernimmt die Logik des Marktes Angebot und Nachfrage: Kinder machen, auf Qualitätsmerkmale prüfen und im Zweifelsfall zurückgeben, falls das Produkt nicht entspricht. Die ersten Opfer dieses inhumanen Zugangs zum Leben sind Kinder, kulturell bedingt oft Mädchen, und natürlich: Frauen. Leibferne Gender-Theorien können diese Widersprüche kaum adäquat erklären. Sie müssten eingestehen, dass biologische Vorgabe und soziales Verhalten nicht beliebig kombinierbar und inszenierfähig sind.

Als die US-Feministin Betty Friedan in Der zweite Schritt17 dem Feminismus riet, sich vermehrt um das Thema Familie zu kümmern, schlug ihr eine Welle der Empörung radikaler Feministinnen entgegen. Friedan würde mit dieser Forderung den Feminismus zerstören statt zu retten, statt einen Schritt nach vor wieder einen zurückgehen, lautete der Vorwurf aus den eigenen Reihen. In der Frage der Befreiung von Mann und Kind ginge es um den „Eckstein der kulturellen Revolution und der moralischen Werte“18.

Inzwischen weisen kritische Beobachterinnen der postfeministischen Szene allerdings auf das Problem der „Vereinzelung“19 von Frauen hin und sprechen von einem „unerwarteten, so nicht gewollten Ergebnis der Frauenbefreiung“. Das Wort „Mutter“ ist aber immer noch ein Unwort, ein blinder Fleck, der umschrieben wird. Die Aufgabe „traditioneller Bindungen“ sei nicht nur als Befreiung erfahren worden, sondern auch als Verlust, der nun auf allen Ebenen kompensiert werden müsse, konstatiert Koppert. Es seien nicht mehr die Männer, gegen die man aufbegehren müsse, um zur „Selbstbefreiung der Frau“ zu gelangen, sondern der Markt.20 Ihr ernüchterndes Resümee über den Stand der Gender-Politik: „Das Gewollte wird nicht erreicht, das Erreichte nur bedingt gewollt, was doch erreicht wird, fühlt sich nicht wie das Erhoffte an.“21

3.3 Sozio-ökonomische Kritik an Gender: Das Ende der Geschlechtskategorie

Die sexuelle Revolution hat stattgefunden, im Namen der Befreiung der Frau. Ist sie aber der Schlüssel zur politischen und ökonomischen Befreiung geworden? Die Schweizer Feminismus-Historikerin Tove Soiland, die selbst aus einer marxistischen Perspektive argumentiert, verneint. Für Soiland befindet sich das Gender-Konzept in einer Krise. Die Aufhebung alter Rollenmodelle sei kein Ziel mehr, dem man nachjagen müsse. Sie konstatiert mit Verwunderung, „dass die Gender-Theorie ausgerechnet in den neunziger Jahren das Sich-Abarbeiten an Geschlechternormen zum vordringlichsten Ziel erklärte, wo diese doch gerade gesamtgesellschaftlich stark an Bedeutung verloren.“22 In der spätkapitalistischen Gesellschaft sei dies längst Realität. Was mit viel guter Absicht begann, habe sich nun in sein Gegenteil verkehrt, so ihre Kritik: Die Egalisierung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt unter neoliberalen Vorzeichen sei die eigentliche Bruchstelle von Ungleichheit und nicht die (Zwangs-)Heterosexualität. „Das permanente Rekonstruieren des eigenen Gender stützt letztlich das neoliberale Geschlechterregime“, resümiert Soiland. Das mag stimmen, lässt sich aber ebenso bei Friedrich Engels nachlesen.23 Darin fordert er: 1. die Abschaffung der Familie, 2. die gleichartige Eingliederung von Mann und Frau in den Arbeitsprozess und 3. die öffentliche Kindererziehung. Seine Vision: „Die Privathaushalte verwandeln sich in eine gesellschaftliche Industrie. Die Pflege und Erziehung der Kinder wird öffentliche Angelegenheit.“ Engels Thesen haben feministisches Denken nachhaltig beeinflusst. Nur ein neuer, geschlechtlich nivellierter Mensch könne die Basis für eine herrschaftsfreie Gesellschaft sein. An diesem Ideal hält Soiland fest, die Gender-Debatte habe dafür aber nicht den richtigen Weg eingeschlagen, kritisiert sie und fordert ein Zurück zu alt-feministischen Werten: Der Klassenkampf in der Küche muss politisch gelöst werden oder er wird nie gelöst. Das, was man als die Arbeit im Privathaushalt bezeichnete und der Frau zuschrieb, müsse erneut „vergesellschaftet“ werden.24

Auch die Soziologin Gertrud Nunner-Winkler beschreibt das Geschlecht als Kategorie, die immer mehr an Bedeutung verliert. Der Markt beherrsche das Geschehen. „Was in der Wirtschaft zählt, ist die Zahlungsfähigkeit des Kunden, nicht seine Geschlechtszugehörigkeit.“25 Die Rede über das Geschlecht sei nur deshalb so intensiv, weil es im Verschwinden begriffen ist. Eine Entwicklung, die Nunner-Winkler als nicht besorgniserregend wertet. Zwar gäbe es noch ein einziges Teilsystem, für das die Unterscheidung nach Geschlecht konstitutiv sei – die Familie –, doch selbst hier seien die Grenzen verschwommen. Nunner-Winkler hat recht: Was Familie ist, ist nicht von einer „Natur“ vorgegeben, sondern wird nach nationalstaatlichen Gesetzen geregelt, so Art. 9 der EU-Grundrechtscharta 200026. Vor einer verbindlichen Definition, was Familie ist, hat man sich hier im Gegensatz zur Allgemeinen Menschenrechtserklärung 1948 gedrückt. Hetero darf kein Zwang sein, sagt schon Butler, die Homo-„Ehe“ ist in 26 europäischen Staaten – mit unterschiedlichen Rechtsansprüchen – der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft gleichgestellt.27

Frauen wären zwar immer noch für den reproduktiven Teil zuständig und das ergäbe eine gewisse Asymmetrie zwischen den Geschlechtern. Die Option der freiwilligen Kinderlosigkeit stünde aber auch allen offen, seit es die staatliche organisierte Altersversorgung gibt, so Nunner-Winkler. Also, darf man folgern, bekommen inzwischen nicht nur Männer keine Kinder. Auch Frauen bekommen keine mehr. Was Nunner-Winkler nicht schreibt, ist, dass genau dieser Ist-Zustand nicht nur Demografen inzwischen schlaflose Nächte bereitet.

Eine Frage bleibt in diesen soziologischen Analysen jedenfalls offen: Leiten sich aus dem Ist-Zustand – Frauen und Männer, Junge und Alte, werden ausschließlich über Arbeit, Leistung und Konsum definiert -, sinnvolle Rückschlüsse auf die Egalität der Geschlechter ab? Ist durch die proklamierte Abschaffung der Asymmetrie zwischen Mann und Frau in einigen Lebensbereichen diese prinzipiell bedeutungslos geworden?

Wird Gleichheit – wie es die Übertragung des Marxismus auf die Geschlechtertheorie nahelegt – durch die Aufhebung der unterschiedlichen Geschlechterrollen erreicht? Was aber, wenn Frau und Mann gleich an Würde, aber von Natur aus anders sind und Prokrustes einfach mehrere Betten in unterschiedlichen Größen parat haben müsste? Wie tief sitzt das Frau-Sein/Mann-Sein?

4 Anthropologische Koordinaten: reale Frauen und reale Männer

4.1 Geschlechternormen beliebig „performen“?

Worin könnten mögliche Ansätze einer Anthropologie des Geschlechts liegen, die die geschlechtlichen Unterschiede gelten lassen und doch die ‚Gleichheit’ der Geschlechter wahren? Der marxistische Ansatz versagt hier: Unterschiede seien Ausdruck von Machtverhältnissen und Unterdrückung. Verschiedenheit wird mit Ungleichheit identifiziert. Ungleichheit ist der Grund für Ungerechtigkeit. Erst, wo totale Gleichheit herrscht, gibt es keine Unterdrückung mehr. Auch der radikale Sozialkonstruktivismus versagt: Der Körper, das biologische datum wird in ein sozial konstruierbares factum umgedeutet. „Die Faszination, die von der Möglichkeit des Widerstands ausgeht, erklärt weitestgehend den großen Zuspruch, den diese Theorie zurzeit findet.“28 Darauf hat Henrietta L. Moore treffend hingewiesen. Jemand sieht zwar aus wie eine Frau, wie ein Mann, aber ob auch wirklich eine Frau, ein Mann „drinnen steckt“, das weiß niemand, daher lautet das Motto: ‚Ran ans ausprobieren, heut leg ich mir diese Genderidentität zu, morgen eine andere’. Anna Fausto-Sterling etwa schlug vor, mindestens fünf Geschlechter einzuführen.29 Der Begriff der Genderperformativität erklärt indes viel weniger als er vorgibt, kritisiert Moore in Anlehnung an Rosalind Morris30. Die Erfahrung der meisten Menschen sei nämlich eine andere: Sie empfinden „ihre Genderidentität nicht als besonders prozesshaft oder als zur Auswahl stehend“, und das treffe gleichermaßen auf Menschen zu, die sich offenkundig gegen Gendernormen wehren wie auch auf die, die sie anscheinend akzeptieren.31 Außerdem bleibt da die „unbequeme Tatsache, dass Menschen Körper haben, die in einer unterschiedlichen binären Gestalt präsent sind“32.

Die Befürchtung, dass Anlageunterschiede dazu missbraucht werden können, Frauen zu diskriminieren, sie als minderwertig anzusehen, ist – leider immer noch – berechtigt. Wertung hängt mit Kultur zusammen. Und leider werden in vielen Kulturen typisch weibliche Eigenschaften und Frauen eher abgewertet, während Tätigkeiten allein schon dadurch ein höheres Prestige erhalten, dass sie von Männern ausgeübt werden.33 Hier wird das Verhältnis zwischen natürlichem Geschlecht (sex) und Geschlechterrolle (gender) in ein simples Klischee gepresst unter dem Motto: Die Biologie legt soziale Rollen fest, das Individuum sei darin moralisch festgeschraubt, es soll sich in diese „Natur“ einfügen. Zumindest in der Theorie sind diese Modelle, die einem „naturalistischen Trugschluss“ aufsitzen, weitestgehend überholt. Inzwischen hat das Pendel aber auf die andere Seite ausgeschlagen. Aus dem denkbar positiven Motiv, Diskriminierungen den Boden unter den Füßen wegzuziehen, fiel man nun in einen „moralistischen Trugschluss“(Bischof 199634), diesmal unter dem Motto: Geschlechtsunterschiede darf es nicht geben, sie könnten sonst zur Legitimation von Diskriminierung herangezogen werden. Also sei der Schluss von Genen, Chromosomen und Hormonen auf Verschiedenheit wissenschaftlich nicht fundiert. Die Naturwissenschaften werden so mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht Natur und ihre möglichen Einflüsse auf Kultur zu untersuchen, sondern ihren Untersuchungsgegenstand – Natur – selbst zu konstruieren, im Interesse der eigenen Machterhaltung35.

Eine Kritik, die Regula Giuliani genau umgedreht hat. Männer und Frauen sind keine Phantasmata, ihre alltägliche Selbsterfahrung ist auch nicht illusionär. Beide leben von biologischen Voraussetzungen, die sie sich weder selbst gegeben haben noch die von anderen bloß in sie hineingeheimnist worden sind. Der Konstruktivismus entwertet das Selbstgefühl der Menschen, ihre alltägliche Selbsterfahrung, kritisiert Giuliani36 – in wessen Interesse? Im Eigeninteresse, im „Forschungsinteresse des Konstruktivismus“37 selbst. In diesem gebe es kein Interesse an der Frage nach ursprünglichen, fundamentalen Erfahrungen (wie etwa die leibliche Selbstgegenwart, die für den Menschen unhintergehbar ist, weil sie menschliche Erfahrung überhaupt erst ermöglicht). Stattdessen stünden Bewusstseinsprozesse im Mittelpunkt des Interesses, die „bewusst machbar, verfügbar und damit rückgängig machbar sind.“ Wofür taugen aber Theorien, wenn sich die Menschen in ihnen nicht wieder finden, weil sie sich durch die „Verwerfung und Verdrängung einer Natur jenseits der Konstruktion“38 in ihnen selbst abgeschafft haben?

4.2 Der Leib als biologisches und symbolisches datum

Werfen wir also einen zweifachen Blick auf die Natur:

a) auf die Natur im Sinne der humanbiologischen Voraussetzungen der binären Gestalt des Menschen als Frau und Mann. Die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen der Biologie und Psychologie ist – um auf das feministische Grundanliegen, die Befreiung der Frau zurückzukommen – keinesfalls der Sache der Frauen abträglich. Im Gegenteil: „Wenn wir ernsthaft eine Änderung der bestehenden Verhältnisse anstreben und uns die Gleichberechtigung der Frauen wirklich ein Anliegen ist, werden wir (…) nicht umhinkommen, uns auch mit der Frage nach einer möglichen geschlechtstypischen Veranlagung gründlich auseinander zu setzen“39;

b) auf die Natur des Menschen im Sinne seiner leiblich-geistigen Verfasstheit. Frau- und Mann-Sein transzendiert immer schon den Leib als reines Naturobjekt. Für den Menschen ist der Körper verleiblichte Seele, Ausdruck der Person.

4.2.1 Psychologie und Biologie: Von Natur aus anders

Was sagen Biologie und Psychologie über die Unterschiede der Geschlechter?

Die leiblichen Grundlagen der Geschlechtlichkeit genauer zu betrachten ist lohnend unter der Voraussetzung, dabei nicht in einen plumpen Biologismus zu verfallen. In der sozialkonstruktivistischen Gender-Theorie wird die „natürliche“ Basis konsequent ausgeblendet. Welche Faktoren der „natürlichen Basis“ zur Erklärung eines Unterschiedes der Geschlechter in Frage kommen, wollen wir im Folgenden untersuchen. In der Humanbiologie unterscheidet man fünf Ebenen der Geschlechtsentwicklung40:

a) Genetisches Geschlecht: das Geschlechtschromosomenpaar sind bei Mann und Frau verschieden: das männliche XY steht dem weiblichen XX gegenüber. Eizellen sind immer vom Typ X, während Spermazellen X oder Y sein können. Das hat die Konsequenz, dass das Erbgut des Vaters darüber entscheidet, ob ein Sohn oder eine Tochter entsteht.

b) Gonadales Geschlecht: die morphologische Entwicklung der inneren Geschlechtsorgane beginnt ab der 7. Woche der Schwangerschaft, die Differenzierung ist genetisch induziert (Y-Chromosom) und hormonell gesteuert. Die Geschlechtsdifferenzierung verläuft nur bis zur Bildung der Gonaden unter dem unmittelbaren Einfluss der Gene. Sobald die Gonaden ausgebildet sind, erfolgt die weitere Differenzierung allein aufgrund der Hormonwirkung (Testosteron bzw. Östrogen und Progesteron).

c) Morphologisches Geschlecht: wird rein durch die äußeren sichtbaren Geschlechtsmerkmale (Genitalien) definiert.

d) Zerebrales Geschlecht: Die geschlechtsspezifische Determination bestimmter Gehirnstrukturen, das zerebrale Geschlecht, erfüllt verschiedene Funktionen: 1) die Programmierung hypothalamischer Zentren, die für die Steuerung der Hormone zuständig sind; 2) Die Ausbildung von Gehirnstrukturen, in denen die Basis für geschlechtstypisches Verhaltensdispositionen vermutet wird. Der britische Psychologe und Autismusforscher Simon Baron-Cohen spricht von einem „männlichen und einem weiblichen Gehirn“41. Die anatomischen Unterschiede in der Gehirnstruktur geben inzwischen Hinweise darauf, welche Bereiche bei bestimmten Verhaltensbereitschaften eine Rolle spielen. Es sind dies der Hypothalamus, das limbische System und das Corpus callosum. Frauen und Männer aktivieren, so jüngste Studien, bei der Lösung der gleichen Aufgaben verschiedene Bereiche des Gehirns.42

e) Geschlechtspezifische soziale Verhaltensdisposition: Menschliche Föten, die androgenetischen Substanzen ausgesetzt waren, entwickelten nach der Geburt eine erhöhte Aggressivität. Diese Befunde legen nahe, dass Hormone Einfluss auf die sozialen Verhaltensweisen haben.43 In der Vergangenheit wurde Frauen, die zu spontanen Fehlgeburten neigten, ein synthetisches Östrogen verabreicht (Diethylstilbestrol). Wenn diese Frauen einen Buben zur Welt brachten, zeigte dieser häufig ein eher mädchentypisches Verhalten – inszenierte beim Symbolspiel beispielsweise soziale Themen oder kümmerte sich fürsorglich um Puppen. Das ist ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass der Hormonspiegel das Einfühlungsvermögen beeinflusst.44

Baron-Cohen stellt folgende These auf: „Das weibliche Gehirn ist so „verdrahtet“, dass es überwiegend auf Empathie ausgerichtet ist. Das männliche Gehirn ist so „verdrahtet“, dass es überwiegend auf das Begreifen und den Aufbau von Systemen ausgerichtet ist.“45 Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich laut einer am Rosie Maternity Hospital in Cambridge durchgeführten Studie (2001) schon sehr früh: Über 100 Neugeborene wurden im Alter von einem Tag gefilmt. Kleine Buben schauten länger auf einen mechanischen, runden, mobilen Gegenstand (ein System mit vorhersagbaren Bewegungsgesetzen) als auf ein menschliches Gesicht (ein Objekt, das fast unmöglich zu systematisieren ist). „Schon am ersten Lebenstag findet sich also ein Hinweis auf ein Phänomen, das in der späteren Entwicklung immer deutlicher zu Tage tritt. Von Geburt an wird die Aufmerksamkeit der Buben stärker von einem nicht-personalen System angezogen, während die Aufmerksamkeit der Mädchen stärker von einem Gesicht angezogen wird.46 Im Alter von einem Jahr schauten sich kleine Buben viel lieber einen Videofilm über vorbeifahrende Autos an (vorhersagbare mechanische Systeme) als einen Film mit „sprechenden Köpfen“ (bei abgedrehtem Ton). Bei kleinen Mädchen verhielt es sich genau umgekehrt.47 Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede treten also zu einem Zeitpunkt auf, wo Kinder kaum Gelegenheit hatten, prägende Sozialisations- und andere Erfahrungen zu sammeln, die diese Unterschiede erklären könnten. Der Schluss liegt nahe, dass hier die Biologie ihre Hand mit im Spiel hat und nicht nur die Gesellschaft für die Prägung des Geschlechterverhaltens verantwortlich ist.

Untersuchungen, die die Kommunikation und Sprachfähigkeit, Gruppenstruktur, Konfliktbewältigung und Aggression, Spielverhalten, Empathie und Beziehung, Gewalt oder Begehren der beiden Geschlechter vergleichen, verweisen auf signifikante Unterschiede zwischen Mädchen und Buben bzw. Frauen und Männern.

  • Sprachfähigkeit: Mädchen fangen etwa einen Monat früher an zu sprechen als Buben, ihr Wortschatz ist größer, Männer haben eine doppelt so hohe Anfälligkeit für Sprachstörungen wie zum Beispiel Stottern.48
  • Gruppenstruktur: Burschen begründen rasch eine auf Körperstärke bezogene „Dominanzhierarchie“, Mädchen legen auch eine Rangordnung fest, aber sie orientieren sich dabei an anderen Qualitäten als an simpler Körperkraft oder einem raubeinigen Auftreten.49
  • Konfliktbewältigung und Aggression: Buben reagieren in den ersten Lebensjahren primär aggressiver, haben eine geringere Frustrationsgrenze und geraten öfter in Konflikte, die sie brachial aushandeln; Mädchen ziehen sich eher zurück, wenn sie in eine Situation geraten, bei der es darum geht, um ein Objekt zu streiten, sie brauchen länger, bis sie auf einen Konflikt reagieren, weil sie vorher mehr überlegen.50 Frauen wollen häufig Probleme besprechen, während Männer Konflikte tendenziell verdrängen und leugnen.51
  • Spielverhalten: Buben wählen spontan andere Spielzeuge (Autos, Bauklötze) als Mädchen (Puppen, Schmusespielzeug) Es spricht entgegen der Theorie etlicher Sozialwissenschaftler vieles dafür, dass die Spielzeugpräferenz in erster Linie ein Ergebnis der spontanen Wahl der Kinder selbst ist und nur bedingt die Anleitung der Eltern widerspiegelt.52
  • Empathie und Beziehung: Mädchen reagieren schon im Alter von 12 Monaten deutlicher empathischer als Buben auf den Kummer anderer Menschen, zeigen mehr Anteilnahme durch traurigere Blicke, mitfühlende Lautäußerungen und tröstendes Verhalten;53 Frauen legen bei Freundschaften im Allgemeinen mehr Wert auf Empathie, während Männer eher gemeinsame Aktivitäten schätzen.54
  • Begehren: Wenn man Männer und Frauen nach ihren sexuellen Fantasien befragt, zeigt sich ebenfalls, dass die Geschlechter unterschiedliche Vorstellungen von Beziehungen haben. Frauen neigen dazu, über die charakterlichen und emotionalen Qualitäten ihres Traumpartners nachzudenken, was darauf schließen lässt, dass sie ihre Einfühlungsvermögen nicht einfach ausblenden können, nicht einmal wenn sie an Sex denken. Im Gegensatz dazu neigen Männer dazu, sich in ihren Träumen auf die körperlichen Merkmale der Partnerin zu konzentrieren. Empathie ist ein mögliches, aber kein notwendiges Element ihrer Fantasien, was darauf hindeutet, dass Männer ihre Empathie mehr oder weniger ausblenden können.55
  • Gewalt: Daly und Wilson, die sich mit geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Tötungsdelikten befassen, meinen dazu: „Es gibt keine bekannte menschliche Gesellschaft, in der das Ausmaß an tödlicher Gewalt zwischen Frauen auch nur annähernd an das der Männer heranreicht.“56

Die zahlreichen, von Bischof-Köhler und Baron-Cohen angeführten Studien weisen nach, dass sich die Unterschiede im Verhalten der beiden Geschlechter nicht allein aus Kultur und Erziehung erklären lassen. Offenbar spielt auch der Faktor Biologie eine Rolle. Bestimmte Verhaltensweisen, Neigungen und Veranlagungen entsprechen einer leiblichen Grundlage, wobei eindeutig festzuhalten ist, dass im geschlechtstypischen Verhalten und Erleben der Individuen – einmal stärker, einmal schwächer ausgeprägt – sowohl „männliche“ und „weibliche“ Züge zu finden sind.57 Mit Baron-Cohen könnte man sagen, dass Männergehirne zwar eher systemorientiert und Frauengehirne mehr auf Empathie ausgerichtet sind, doch jeder Mensch seine ganz individuelle Mischung hat.

Interessanter ist aber auch die umgekehrte Schlussfolgerung der beiden Psychologen: Rollenerwartungen werden nicht nur von außen an Bub/Mann – Mädchen/Frau herangetragen, sondern durch spontanes Verhalten des jeweiligen Geschlechts ermutigt. Es sind letztlich die „Vorgaben“, die den interaktiven Prozess (Sozialisation – Disposition) anstoßen und in eine bestimmte Richtung lenken.58 Psychologie lässt sich nicht auf Biologie reduzieren, aber dass Biologie und Psyche nichts miteinander zu tun hätten, hieße einem Dualismus das Wort reden, der bereits überholt ist. Vorgabe ist nicht Fixierung, Vorgabe ist Aufgabe. Damit soll zum letzten Teil übergeleitet werden: zur Natur und Freiheit des Menschen in seiner Leiblichkeit, der Leib also als Gabe und Auf-gabe.

4.2.2 Der Leib als symbolisches Datum59

Wie lässt sich leib-seelische „Ich-Ganzheit“ denken? Die Einheit von Leib und Geist macht die Person aus. Von ihr her wird erkennbar, dass die leiblichen Geschlechtsmerkmale von Mann und Frau nicht nur rein biologische Fakten sind. Sie haben beim Menschen eine Bedeutung, die seine ganze Existenz durchzieht. Denn: „Wir sind Frauen, wir sind Männer“ und nicht „Wir sind Menschen und haben einen Frauen- oder einen Männerkörper“. Genau diesem Gedanken verschließt sich der Konstruktivismus. Seine These lautet: Es gibt kein von der Natur aus vorgegebenes Geschlecht, das die ganze Person in ihrer psycho-physischen Dimension umfasst. Es gibt nur ein gesellschaftlich konstruiertes Geschlecht. Nichts ist Natur, alles Konstrukt. Darin steckt eine Teilwahrheit. Es ist jedoch die Aufgabe jeder adäquaten Theorie über die Leib-Seele-Einheit des Menschen, diese Spannung zwischen zwei Polen, datum und factum denkerisch durchzuhalten.

4.2.2.1 Leib sein und Leib haben

Dass das nicht leicht ist, zeigt die Geschichte der Philosophie, die immer wieder Gefahr lief, sich auf eine Seite zu schlagen. Denn einerseits sind wir unser Leib, andererseits haben wir einen Leib. Je nach dem, ob die Differenz zwischen Selbst und Leib überbetont wurde oder deren Identität, spricht man von einem dualistischen oder von einem monistischen Erklärungsmodell60. Im Dualismus wird der Leib als Entfremdung konzipiert: als Kerker (Platon), als Fessel, als Maschine (Descartes). Gewiss, jeder kennt die Erfahrung, dass der eigene Leib einem hinderlich werden kann, dass er begrenzt. Ein Tag Migräne genügt, um das zu erfahren. Der Leib ist aber deswegen nicht primär Eingrenzung. Denn was wären wir ohne ihn? Ich bin mein Leib. Wir erfahren unseren Leib normalerweise gar nicht als Gegen-stand, als Objekt, ja wir bemerken ihn nicht, außer bei Unwohlsein und Krankheit. Der eigene Leib wird also unmittelbar als das Anwesendsein meiner Selbst erfahren – nicht als Rolle, Kostüm, oder als Performance meiner Identität. Der Leib ist Ausdruck meiner Selbst, ermöglicht mein Da-Sein. Wie ich mich zu meinem Leib verhalte, verhalte ich mich zu mir selbst. Gleichwohl „bediene“ ich mich seiner als eines integrierenden Teils meiner selbst – dazu gehört auch seine geschlechtliche Bestimmtheit –, um mich zur Welt zu verhalten, um offen zu sein für andere.

Andererseits habe ich einen Leib. Der Mensch geht nicht darin auf, Leib zu sein. Dank des geistigen Prinzips verhält er sich auch zu seinem Leib. Die deutsche Sprache gehört übrigens zu den wenigen, die diese Einmaligkeit des menschlichen Körpers auch begrifflich zum Ausdruck bringen: „Körper“ wird auch für die leblose oder lebendig, nicht-menschliche Natur verwendet; die Bezeichnung „Leib“ hingegen ausschließlich für den geistig-belebten menschlichen Körper. Wo passt hier nun das Geschlecht hinein?

4.2.2.2 Der Leib als Grenze und Symbol

Kehren wir zur vorhin genannten Bedingtheit des Leibes zurück. Zu ihr gehört nämlich auch die Geschlechtlichkeit. Sie ist keine dem Leib aufgesetzte Eigenschaft oder bloß ein Accessoire. Es gibt keinen „abstrakten Leib“, dem später geschlechtliche Merkmale zugewiesen werden. Deshalb meint die Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz61, dass eine Anthropologie des Geschlechts heute zunächst den eigenen „Körper als Leib zurückgewinnen“ muss. Wir nähern uns dem Phänomen „Leib“ erst dann richtig, wenn wir ihn nicht nur bloß als Körper definieren, sondern immer schon als Symbol, Repräsentation erkennen. „Der menschliche Körper ist niemals nur ein natürlicher Körper, sondern weist immer imaginäre und symbolische Dimensionen auf. Der symbolisierte Körper ist nötig, nicht nur um ein Bewusstsein vom Selbst zu haben, sondern um zu sich und anderen in Beziehung zu treten“ (Moore).62 Er ist Grenze und Öffnung zugleich.

Wir haben eine Natur, auch eine leibliche, die uns vorgegeben, mitgegeben ist. Was der Mensch ist, wer er ist, ist daher nie nur Produkt einer Konstruktion, Gesellschaft, sondern Zusammenspiel aus Vorgabe und Freiheit. Und die ist, was den Leib betrifft, nicht geschlechtsneutral, a-sexuell. Menschliche Person zu sein, heißt, Frau oder Mann zu sein. Was sagt uns die menschliche Leiblichkeit über die Person und ihre Beziehung zu anderen Personen?

4.2.2.3 Geschlecht: Symbol des Für-Einander-Sein

Bei Gender nehmen wir eine Philosophie wahr, die den Leib abwertet und damit das Subjekt in seiner Identität. Der Leib ist Träger meiner Subjektivität. Wenn er verschwindet, verschwinde Ich. Er ist die Gestalt, in der ich bin. Er ist darüber hinaus nicht nur die Gestalt, in der ich bin. Der Leib ist die Weise, in der ich da bin. Und: Ich bin nicht nur da, ich bin so da. Ich bin nicht alles, was es überhaupt gibt. Ich bin im Glück der Grenzen da. Wir müssen uns nach dem Sinn dieser Grenze fragen. Für Butler ist die Grenze ins Sinnlose verrutscht, jeder muss alle (sexuellen) Möglichkeiten ausschöpfen. Wenn die Koordinaten für ein menschliches Leib-Seele-Verständnis verrutschen, dann auch die Koordinaten für personale Beziehung.

Die Geschlechtlichkeit macht dem Menschen wie kein anderes Merkmal deutlich, dass er – als Mann, als Frau – nie alle Seinsarten in sich selbst auszuschöpfen vermag. Frau zu sein oder Mann zu sein, ist nie bloß ein rein biologisches Faktum. Es hat für den Menschen eine tiefe existentielle Bedeutung: es ist Symbol dafür, dass Dasein „Für-Sein“ heißt, „Für-einander-da-sein“. Vielleicht liegt da der Grund, warum in einer post-modernen, individualistischen Gesellschaft gerade das Geschlecht Zielscheibe der Ideologie geworden ist: Geschlecht ist ein Verweis auf Bindung. Einerseits dafür, selbst gebunden zu sein: Wir haben uns nicht selbst gemacht, wir sind an unseren Leib gebunden. Dann ist der Leib auch Erinnerung daran, dass wir an andere gebunden sind, auch wenn wir Entbundene sind, aus dem Schoß unserer Mutter.

4.2.2.4 Exkurs: Entseelter Leib: Die tödliche Umklammerung

Diese Vorgabe, unsere leibliche, auch geschlechtliche Bedingtheit, die psycho-physische Besonderheiten mit sich bringt, als Auf-Gabe anzunehmen, stellt einen individuellen Reifungsprozess dar: nämlich die eigene Geschlechtlichkeit (als besondere Dimension der Leiblichkeit) positiv in das eigene Dasein zu integrieren (Gerl-Falkovitz). Wir können uns also nicht verstehen als Wesen wie kleine, ungeschlechtliche Ichlinge, die einander gegenüber sitzen, in den Körper schlüpfen wie in ein Kostüm und dann ganz glücklich sind, weil sie sich in ihm ständig neu inszenieren dürfen. Die Body-Performance-Kunst, in der der Körper, und nur der Körper als Identitätsverankerung gilt (sich aufschneiden, „reparieren“, mit technologischem Zubehör erweitern, den Körper konservieren, um die Selbstidentität über die Zeit hin zu retten etc.), weist tragische Züge auf. Prothetisch wird der Körper, der in der Computerwelt ein verschwindendes Element ist, neu konstruiert und darin zur symbolischen Fläche für Identität. Moore spricht in diesem Zusammenhang von einer „tödlichen Umarmung“63 durch einen Körperkult, in der Individuen gefangen sind. Man fixiert sich obsessiv auf den Körper, verwandelt ihn damit in ein Produkt, eine Ware, und vermittelt dem Subjekt das Gefühl, eine gewisse Kontrolle ausüben zu können. In ihrem Wunsch nach Veränderung, nach dem perfekten Körper, der kein natürlicher Körper sein kann, klammern sich Menschen an ihrem Körper als quasi einzigem Identitätsmerkmal fest. Eine eigentümliche Seelenlosigkeit macht sich breit. Denn Identität ist beim Menschen nie nur leiblich bestimmt, sie transzendiert den Körper immer schon. Treibt man jedoch dem Leib die Seele aus, bleibt nur noch der Körper als letzter Anker des Selbst übrig.

4.2.3 Komplementarität: Verschiedenheit in der Gleichheit

Wir dürfen uns verstehen als Personen, die Jemand sind, nicht Etwas, bezogen auf andere. Und als Personen, deren menschliche Geschlechtlichkeit eine klare Orientierung auf den anderen hin bedeutet. Sie zeigt, dass die menschliche Fülle gerade in der Beziehung, im Sein-für-den-anderen liegt. Sie drängt dazu, aus sich herauszugehen, den anderen zu suchen. Das biblische Verständnis des Menschen hat das immer schon zum Ausdruck gebracht: Kein Mensch auf Erden genügt sich selbst. Beide, Mann und Frau, sind nötig, gemeinsam in ihrer Verschiedenheit und Komplementarität Abbild des Schöpfers zu sein, wie es in der Genesis heißt: Gott schuf den Menschen als sein Abbild, als Mann und Frau schuf er sie (Genesis 1, 27). Beide sind sie gleich an Würde und doch verschieden, beide ergänzen einander, beide ruft er zur Fülle auf, beide liebt er. Und diese individuelle Reifung zu erreichen, „authentisch“ zu werden – als Frau, als Mann – genügt es nicht zu wissen, was alles möglich ist. Wir müssen auch fragen, was uns gut tut.

Die Frage nach dem guten Leben ist immer schon Gegenstand der Ethik gewesen und auch der politischen Philosophie. Das Wissen um die „Verschiedenheit in der Gleichheit“ von Frau und Mann muss also auch praktische politische Konsequenzen haben, die es den Geschlechtern ermöglicht, sie selbst zu sein, ohne dass der eine dem anderen, meist Frauen den Männern in ihrem Lebensstil nachjagen müssen. Der Zugang zur weiblichen Lebensweise und ihrer Fähigkeit, Leben weiterzugeben, lautet ja vielfach noch so: „Ein sportlicher, zum Androgynen tendierender Körper, Bildungserfolg, berufliche Unabhängigkeit, sexuelle Selbstbestimmung bis hin zum Männerverschleiß in einer eigenartigen Mischung aus Weibchenhaftigkeit und Machotum, Kinder nur noch als eine Option unter vielen – in den Strukturen, wenn auch nicht im Outfit gleichen sich weibliche Lebensweisen tendenziell den männlichen an. Der Mann als Ideal einer neuen Frauenidentität?“64 Haaland-Matlary entgegnet: „Stark sind wir dann, wenn wir wir selbst sind – als Frauen und als Männer.“65

In ihrer Verschiedenheit ergänzen Frau und Mann einander. Der Komplementaritätsgedanke ist Feministinnen ein Dorn im Auge. Sie hegen den Verdacht, dass „Ergänzung“ zu einer neuerlichen „Unterwerfung“ führe und übersehen, dass Ergänzung nicht nur Folge der Verschiedenheit ist, sondern auch der Gleichheit. Bei aller Verschiedenheit ist Mann- oder Frausein immer zugleich ein Menschsein, sodass kein Geschlecht bestimmte Charakteristika exklusiv besitzt. „Weibliches und Männliches in jedem von uns wollen gelebt sein, sonst verrutscht das einseitig Gelebte zur Karikatur.“66 Weil die Einheit und gegenseitige Durchdringung von Leib und Geist so tief und zugleich so dynamisch ist, ist die Art zu denken, zu handeln, zu fühlen, die Art, die Welt und die darin gestellten Aufgaben wahrzunehmen bei Männern anders als bei Frauen und umgekehrt. Die Erkenntnisse aus der interdisziplinären Forschung sind wichtig, um zu wissen, welche die von der Natur vorgegebenen Unterschiede sind, welche die kulturell bedingten, welche die anerzogenen etc., um so Geschlechter-Stereotype zu überwinden und zugleich die Verschiedenheiten positiv zu nutzen.

Die Verleiblichung der menschlichen Qualitäten geschieht bei Frauen und Männern auf ihre je eigene Art und Weise. Jeder gibt seinen besonderen Klang. Die deutsche Unternehmensberaterin Gertrude Höhler schließt aus ihrer Berufspraxis, dass „Kultur nur erfreulich (ist), wenn jedes Geschlecht sich in seinem Wert stolz entfalten kann und wenn jeder zur Kultur das dazutut, was er am besten kann und sich niemand aus seiner Identität fortstehlen möchte.“67 Denn: Ungerechtigkeit entsteht nicht nur dort, wo man Gleiches ungleich behandelt, sondern auch dort, wo Nicht-Gleiches gleich behandelt wird.

5 Ausweg aus dem „Konstrukt“

Die Lage ist verzwickt: Bis jetzt ging es darum, das Verhältnis zwischen Mann und Frau zu arrangieren. Die Gleichberechtigung war das Thema, Frauen und Männer sollten gleiche Rechte haben. Die traditionellen Rollenverteilungen wurden zugunsten der Frau, der nun ebenbürtig neben dem Mann Bildung, Beruf, Einkommen etc. offen stehen, aufgebrochen. Keine Frage, diese Entwicklung war notwendig. Womit man offenbar nicht gerechnet hat, war die Radikalisierung, mit der die letzten Ausläufer der Kategorie Geschlecht, die als Faktor der Selbstidentifikation und letzte Bastion von „Natur“ galten, getilgt werden sollten. Die Gleichheit von Mann und Frau war nun das Ziel, indem man postmodern, selbst erschaffend das Geschlecht überhaupt für obsolet erklärte. Butlers Überlegungen zur Kategorie Frau sind inzwischen herrschende akademische Meinung. Mit der Einführung des Genderbegriffs als „Allroundwaffe“ (Trettin) wurde der „neoliberale Karneval der Identitäten“ (Soiland) eröffnet, unter dem Motto: Wähle, was du willst, sei alles zugleich, die Arena der Geschlechteridentitäten ist eröffnet!

Außerhalb des Elfenbeinturms sieht die Realität allerdings um einiges nüchterner aus, was die Vermutung nahe legt, dass sich noch selten eine Theorie im Rahmen einer angeblichen Frauenbefreiung mit so großem denkerischem Aufwand und einer so starken Lobby so weit von der Lebenswelt realer Frauen (und Männer) entfernt hat. Die politische Lobby hat sich den Schutz des Nicht-Normalen auf die Fahnen geschrieben, das Minderheitenprogramm der Subversiven tönt lauter und interessanter als das Mehrheitsprogramm der Angepassten, Normalen.

Auf die drängenden Fragen, was Frausein unter heutigen Bedingungen bedeute, antworte man mit „minutiösen Konstruktionsanalysen“, die radikalen Versionen laufen überhaupt auf eine „Selbstabschaffung der Frau“ hinaus, kritisiert Koppert. Bemerkenswert an dieser Kritik ist, dass sie nicht aus patriarchal gefärbten Dunstkreisen aufsteigt, sondern aus dem innerfeministischen Diskurs selbst stammt.68 Angesichts der Verwirrung rund um den Gender-Begriff, der zur beliebig verwendbaren Etikette ohne Inhalt zu verkommen droht, wurden Überlegungen laut, den Begriff überhaupt wieder aufzugeben.69 Ein Ansatz, der überlegenswert scheint, in Anbetracht der Affinität der Politik für diesen (variabel und leicht einsetzbaren) Begriff aber kaum zu verwirklichen ist.

Also besteht die Aufgabe darin, „Gender“ neu zu füllen. Die Frage ist, wie, wozu sich folgendes zusammenfassen lässt:

a) Klare Begrenzung: Der Begriff „Gender“ kann begrenzt angewendet werden. Er kann hilfreich sein als Ausdruck für kulturelle Aspekte, die die Zuordnung von Funktionen von Frau und Mann im gesellschaftlichen Kontext bestimmen. Historische, sozial bedingte Benachteiligungen von Frauen gibt es – leider immer noch: Sie können anhand dieses Begriffs zumindest teilweise sichtbar gemacht werden. Nur: Aus dem Faktum der Diskriminierung lassen sich nur schwer sinnvolle Schlussfolgerungen für die Anthropologie ziehen.

b) Diskriminierungen müssen auf der kulturellen Ebene gelöst werden – und nicht, indem man die Geschlechter theoretisch abschafft, um „Gleichheit“ zu erreichen. Die Familie ist der Ort, in der die Selbstannahme, auch des eigenen Geschlechts, auf spontane Art und Weise eingeübt werden kann: nicht unter den Vorzeichen der „Machtangleichung“, sondern unter jenen des liebevoll angenommen Seins und andere um ihrer Selbst willen sein lassen.

c) Förderung einer Kultur der Beziehung: Die duale Erscheinungsform der menschlichen Geschlechtlichkeit ist Zeichen einer klaren Orientierung auf den anderen hin. Die geschlechtliche Identität ist ein ontologisches Merkmal der Person. Die personale (und nicht bloß funktionale) Struktur des Geschlechts zeigt, dass die menschliche Fülle gerade in der Beziehung, im Sein-für-den-anderen liegt. Ein ganzheitliches Menschenbild wirft auch ein neues Licht auf „Mutter“ sein und „Vater“ sein. Sie sind nicht unbedingt an die leibliche Mutter- oder Vaterschaft gebunden. Sie sind überhaupt Weisen des Füreinander-Daseins.

d) Keine Berührungsängste mit Biologie und Psychologie: Die Erkenntnisse aus der interdisziplinären Forschung sind wichtig, um zu wissen, welche die von der Natur vorgegebenen Unterschiede sind, welche die kulturell bedingten, welche die anerzogenen etc., um so Geschlechter-Stereotype zu überwinden und zugleich die Verschiedenheiten positiv zu nutzen. Nur so kann man den verschiedenen Bedürfnissen von Frau- und Mann-Sein gerecht werden.

e) Kulturelle Allianz (insbesondere mit Hilfe der Massenmedien) für eine neue Anthropologie des Leibes: Wir sind jemand, nicht etwas. Zur Selbstannahme gehört die positive Annahme des Leibes, auch der eigenen Geschlechtlichkeit.

Die herrschende Kultur meint nur in der Überwindung der Unterscheidung „Männlich-Weiblich“ das Menschliche bereichern zu können. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. In Ermangelung einer theoretischen und kulturellen Aufarbeitung der Geschlechterdifferenz entsteht eine zunehmende Mutterzentriertheit der Familien und eine Entmännlichung des Mannes, gleichzeitig kommt es vermehrt zu Grenzpersönlichkeiten, die am Fehlen einer klaren Geschlechteridentität und an einer geeigneten Beziehungsfähigkeit leiden. Der Neofeminismus hat diese Negativentwicklungen zum Teil erkannt. Der Ausweg aus der Sackgasse? „Die Gender-Differenz handhaben heißt eine Verbindung (Beziehung Mann-Frau) über die Unterschiede hinweg zu artikulieren, gleichzeitig Identität und Synergie der Zugehörigkeiten, der Entscheidungen und der Konnotationen, die das Männliche und das Weibliche auszeichnen, zu achten.“70 Wenn sich diese Sicht der Verschiedenheit innerhalb der Einheit der Geschlechter durchsetzt, wird Prokrustes auf neue, humanere Betten umsatteln müssen.

Referenzen

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  2. In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, proklamiert in Nizza am 7. 12. 2000, wurde aus der Forderung nach Gleichberechtigung die Forderung nach Gleichheit: Im Artikel 23 heißt es: „Die Gleichheit von Männern und Frauen ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen.“ Der Konvent hat die Charta der Grundrechte vollständig als Teil II (Art. II-1 bis Art. II-54) in den Europäischen Verfassungsentwurf übernommen.
  3. Zahlreiche Länder und „Pro Familien“-NGOs wehrten sich gegen die Streichung des Begriffs sex durch gender, der vor allem von westlichen Feministinnen-Gruppen, Bevölkerungskontrollorganisationen und Umweltgruppen favorisiert wurde. Mit welcher Intention sollte fortan nicht mehr von Frauen und Männern, sondern von Gender die Rede sein? Auch das völlige Fehlen von positiven Bezugnahmen auf Ehe, Mutterschaft und Familie im Abschlussdokument der 4. Weltfrauenkonferenz war auffällig. Über die Hintergründe der Diskussionen zur Einführung des Gender-Begriffs auf der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking vgl. O’Leary D., The Gender Agenda. Redefining equality, Vital Issues Press, Louisiana (1997), S. 155-163.
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  5. Haaland Matlary J., Blütezeit. Feminismus im Wandel, St. Ulrich-Verlag, Augsbug (2001)
  6. Trotz aller Freiheitsgewinne hat der Feminismus eines nicht erreicht: dass Frauen „sich selbst genug sind“. Die Sehnsucht, einen Mann fürs Leben zu finden, ist geblieben und auch die Kinderfrage ist nicht verschwunden, schreibt Susanne Gaschke in ihrem gesellschaftskritischen Buch: Gaschke S., Die Emanzipationsfalle. Erfolgreich, einsam, kinderlos, C. Bertelsmann, München (2005), S. 32-33
  7. In der „Gender Agenda“ der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 heißt es im Paragraphen 28: “In many countries, the differences between women‘s and men‘s achievement and activities are still not recognised as the consequences of socially constructed gender roles rather than imutable biological differences.“
  8. Die Geschlechterkategorie wird „durch wiederholte Akte gestiftet“, so Judith Butler in: Das Unbehagen der Geschlechter, Berlin Verlag, Frankfurt/Main (1992), S. 183, vgl. dazu auch Doyé S., Heinz M., Kuster F., Philosophische Geschlechtertheorien. Ausgewählte Texte von der Antike bis zur Gegenwart, Reclam, Stuttgart (2002), S. 475 ff.
  9. Trettin K., S. 174
  10. Millet K., Sexual politics, Granada Publishing, New York (1971)
    Firestone S., The Dialectic of Sex, Bantam Books, New York (1972)
  11. Firestone S., Frauenbefreiung und sexuelle Revolution, Fischer Taschenbuch, Frankfurt (1975), S. 19
  12. ebd., S. 185
  13. In Indien ist Leihmutterschaft zu einem Wirtschaftszweig mit einem jährlich Umsatz von 449 Millionen US-Dollar angewachsen. Die Billig-Angebote von Leihmüttern sind insbesondere für Übersee-Paare mit unerfülltem Kinderwunsch attraktiv (Quelle: Australasian Bioethics Information BioEdge 199, 19. 4. 2006).
  14. Der südkoreanische Skandal-Klonforscher Woo Suk Hwang benötigte für seine Menschenklonversuche Eizellen. Zunächst behauptete er, für die 2004 und 2005 in Science publizierten Stammzellarbeiten 458 gespendete Eizellen benötigt zu haben. Wie die Untersuchungskommission rund um seine Fälschungen später bekannt gab, wurden ihm in der fraglichen Zeit jedoch 2.061 Eizellen von 129 Frauen zur Verfügung gestellt. Teils wurden Frauen dafür bezahlt, Eizellen in dem für sie gesundheitlich riskanten Verfahren zu spenden, teils benutzte Hwang für seine Experimente Eizellen seiner eigenen Mitarbeiterinnen (http://cloning.ch/newsdetails.php?recordID=49).
  15. Fast jede zweite Frau erkrankt nach einer Abtreibung psychisch, so das ist das Ergebnis im Journal of Child and Psychiatry veröffentlichte Studie Abortion in young women and subsequent mental health (2006; 47: 16-24). Angesichts des engen Konnexes zwischen Depressionen, Angstzuständen, Suizidgefährdung Suchtverhalten und einer Abtreibung treten die Autoren dafür ein, dass Gesundheitssysteme in der Frage der Abtreibung eine Kosten-Nutzen-Rechnung anstellen.
  16. In Deutschland wurden 2002 nach Schätzungen 400.000 ästhetisch-plastische Operationen durchgeführt. 80% der Patienten in der so genannten „Schönheitschirurgie“ sind Frauen. Ein Viertel aller deutschen „Schönheits-Patientinnen“ sind 15 bis 25 Jahre alt – Tendenz steigend. Zeitungsannoncen mit Versprechen von makelloser Schönheit, TV-Beauty-Soaps, Live-Operationen, Versteigerungen von Schönheitsoperationen im Internet, sogar Rabattkarten für häufige Schönheitsoperationen in Großbritannien, die im Mai 2006 für Wirbel sorgten, zeigen, dass das Geschäft mit fragwürdigen Körper„verbesserungen“ blüht.
  17. Friedan B., Der zweite Schritt. Ein neues feministisches Manifest, Rowohlt Verlag, Reinbek (1986)
  18. Fox-Genovese E., Feminism is not the story of my life, Doubleday, New York (1996), S. 227
  19. Koppert C., Post Feminismus, Komplexe Verhältnisse, widerspruchsvolle Lagen, tragische Heldinnen, in: Koppert C., Selders B. (Hrsg.), Hand aufs dekonstruierte Herz, Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus (2003), S. 17
  20. Gaschke S., S. 141
  21. Koppert C., S. 19
  22. Soiland T., Gender-Konzept in der Krise. Die Reprivatisierung des Geschlechts, Die Wochenzeitung WOZ, 5. 5. 2005
  23. Engels F., Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, in: Marx K., Engels F., Werke, Bd. 21, Dietz Verlag, Berlin (1973)
  24. Soiland T., zit. aus einem Manuskript zu ihrem Vortrag „Gender: Kritik oder Bestand des neoliberalen Geschlechterregimes?“, Paulus-Akademie 16. April 2005, Zürich, www.paulus-akademie.ch/berichte/gender/Tove-Soiland.pdf
  25. Nunner-Winkler G., Menschenbildannahmen in der Geschlechterforschung, in: Oerter R. (Hrsg.), Menschenbilder in der modernen Gesellschaft, Enke Verlag, Stuttgart (1999), S. 91
  26. Artikel 9: „Das Recht, eine Ehe einzugehen und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.“ (2000) Diese Definition überlässt bewusst dem Staat, Ehe zu definieren, ohne Rücksicht auf natürliche Vorgabe: ob Mann/Frau, Mann/Mann, Frau/Frau ist nur eine Frage der Regelegung, warum nicht auch „uni-sex-Familien“? Anders noch die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (1948), Artikel 16, 1: „Heiratsfähige Frauen und Männer haben (…) das Recht zu heiraten und eine Familie zu gründen“, 3: „Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.“ (http://www.runiceurope.org/german/menschen/udhr_template.htm)
  27. In den Niederlanden, Belgien und Spanien gibt es eine Zivilehe für Homosexuelle. Eingetragene Partnerschaften mit nahezu gleichen Rechten und Pflichten wie in der Ehe gibt es in Deutschland, Dänemark, Island, Norwegen, Schweden, Finnland, Großbritannien, Slowenien, der Schweiz und in Liechtenstein. Punktuelle Gleichstellungen mit nicht-ehelichen Partnerschaften gibt es in Österreich, Nordirland, die baltischen Staaten, Polen, Tschechien, der Slowakei, Italien, Griechenland, Zypern, Malta und Irland. (Stand: Herbst 2005)
  28. Moore H. L., Was ist eigentlich mit Frauen und Männern passiert?, in: Davis-Sulikowski U., Körper, Religion, Macht, Campus Verlag, Frankfurt (2001), S. 401
  29. Fausto-Sterlin A., The Five Sexes: Why Male and Female are not enough, The Sciences (1993); 33(2): S. 20-25
  30. Morris R. C., Three Sexes and Four Sexualities: Redressing the Discourses on Sex and Gender in Contemporary Thailand, Positions (1994); 2(1): 15-43
  31. Moore H. L., S. 405
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  33. Bischof-Köhler D., Von Natur aus anders. Die Psychologie der Geschlechterunterschiede, 2. Aufl., Kohlhammer, Stuttgart (2004), S. 30
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  35. Als Beispiel seien angeführt: Schmitz S., Wie kommt das Geschlecht ins Gehirn? Über den Geschlechterdeterminismus in der Hirnforschung und Ansätze zu seiner Dekonstruktion, Forum Wissenschaft, Marburg (4/2004), www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/97754.html; Oudshoorn N., Jenseits des natürlichen Körpers. Die Macht der bestehenden Strukturen bei der Herstellung der „hormonalen“ Frau, in: Duden B., Noeres D., Auf den Spuren des Körpers in einer technogenen Welt, Internationale Frauenuniversität 2000, Opladen (2002), S. 257-279. Der Kritik, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse auch interessengeleitet und daher nicht frei von Verzerrung sind, ist zuzustimmen. Problematisch wird der wissenschaftskritische Gender-Ansatz aber dann, es als bösartige Unterstellung zu deuten, wenn Körper mit Natur, Biologie mit Sex und Materialität mit Existenz gleichgesetzt wird, wie Schmitz der aktuellen Hirnforschung vorwirft.
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  51. Baron-Cohen S., S. 76
  52. Spiro M. E., Gender and culture: Kibbutz women revisited, Duke University Press, Durham (1979)
  53. Hoffman M. L., Sex differences in empathy and related behaviors, Psychol Bull (1977); 84: 712-722
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  54. Wright P., Towards an expanded orientation to the study of sex differences in friendship, in: Canary D., Dindia K. (Hrsg.), Sex differences and Similarities in Communication, Lawrence Erlbaum Associates, Brighton (1998)
    Baron-Cohen S., Wheelwright S., The Friendship Questionnaire: An Investigation of Adults with Asperger Syndrome or High-Functioning Autism, and Normal Sex Differences, J Autism Dev Disord (2003); 33: 509-517
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  56. Daly M., Wilson M., Sex, Evolution and Behavior, Willard Grant Press, Boston (1988)
  57. Bischof-Köhler D., S. 201
  58. Malatesta C., Haviland J. M., Signals, symbols and socialization: The modification of emotional expression in human development, in: Lewis M., Saarni C. (Hrsg.), The socialization of emotions, Plenum, New York (1985), S. 89-115
  59. Vgl. Kummer S., Gender – Quo vadis?, in: Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, Geschlechtertheorie, BMSG, Wien (2003), S. 67-79, broschuerenservice.bmsg.gv.at/PubAttachments/geschlechtertheorie.pdf
  60. vgl. dazu das Kapitel „Der Leib als Wesensmedium personaler Offenheit“, in: Pöltner G., Grundkurs Medizin-Ethik, Facultas, Wien (2002), S. 70-75.
  61. Gerl H.-B., Liebe und Geschlechtlichkeit. Herausforderung an die Einheit der Person, in: Gerl H.-B. et al., Person. Ehe. Geschlechtlichkeit. Anthropologische Grundlagen der Ehemoral (Reihe Sinn und Sendung, Bd. 3), EOS Verlag, St. Ottilien (1990)
  62. Moore H. L., S. 411
  63. Moore H. L., S. 413
  64. Gaschke S., S. 142
  65. Haaland-Matlary J., S. 35
  66. Gerl H.-B., S. 21
  67. Höhler G., Von der Lust der Geschlechter auf Führung und Macht, in: Höhler G., Starke Frauen. Ein Frauenbuch (auch) für Männer, MM-Verlag, Aachen (1994), S. 165
  68. Koppert C., Post Feminismus: Eskalierende Anerkennungsbedürfnisse, Selbstabschaffungstendenzen und die Notwendigkeit aufgeklärter Konstruktionen, in: Koppert C., Selders B. (Hrsg.), Hand aufs dekonstruierte Herz, Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus (2003), S. 116
  69. vgl. Scott J. W., Überlegungen zu Geschlechtsidentität und Politik, in: Trettin K., S. 33
  70. Donati P., L‘identitá maschile e femminile: distizioni e relazioni per una societá a misura della persona umana, Anthropotes (2005); 21: 101

Anschrift der Autorin:

Mag. Susanne Kummer, IMABE-Institut
Landstraßer Hauptstraße 4/13, A-1030 Wien
skummer(at)imabe.org

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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