Bestimmung und Berufung der Frau nach Edith Stein

Imago Hominis (2006); 13(2): 123-135
Katharina Westerhorstmann

Zusammenfassung

Bestimmung und Berufung der Frau sind seit Beginn der Frauenbewegung in der Diskussion. Mit den Jahren gerät jedoch bald die Frage nach dem Wesen der Frau – neben Frauenrechten und Berufsmöglichkeiten – aus dem Blick. Edith Stein, Philosophin und Husserl-Schülerin, schreibt in den 1920er- und 30er-Jahren Aufsätze und Vorlesungen zum Frausein. Frausein heißt bei Stein: Mutter und Gefährtin sein – Nicht nur in biologisch-physischer, sondern zugleich in geistig-spiritueller Hinsicht. Menschen zu helfen, zum Leben zu kommen, ihnen beizustehen entspringt dieser spezifisch weiblichen Fähigkeit und ist somit zugleich Berufung und Aufgabe.

Schlüsselwörter: Frau, Edith Stein, Berufung, Leib-Seele, Mutterschaft, Gefährtenschaft

Abstract

The question about being a woman is one of the main themes in the process of emancipation of women. During the developments of getting new rights and possibilities for women in society and work the essence of the woman has often been forgotten. In the Nineteen-twenties Edith Stein wrote essays and lectures on this question. Being a woman according to Stein means: Being a mother and a companion – not only in biological but also in a spiritual sense. Being able to help people in coming to life and to live better emerges from this specific (natural) female capability and so – at the same time – it is a vocation and task.

Keywords: woman, Edith Stein, vocation, mind-body, motherhood, companionship


 

„Am Frauenwesen aber fragte man am wenigsten herum –: das musste mit und sich allen neuen Maßen einpassen. Das Wesen stand im Hintergrund, der Wille im Vordergrund, und sein Wirken nach außen hin erschien wichtiger als das inwendige Sein, die Natur der Frauenseele, ihre Uranlage.“1 So beschreibt E. Hasse 1928 in ihrem Buch über die „mütterliche Frau“ die Diskussionslage in der sogenannten Frauenfrage der Zwanziger Jahre – auch bereits im Rückblick auf die Veränderungen um die Jahrhundertwende. Die Frauen hatten das aktive und passive Wahlrecht mit der Weimarer Verfassung 1919 nun endlich erlangt, und auch in beruflicher Hinsicht eröffneten sich den Frauen mit der Zeit immer weitergehende Möglichkeiten der Betätigung. Die Frauen- und Mädchenbildung veränderte sich, so dass der Prozess der Gleichstellung der Geschlechter in diesem Bereich weiter in Bewegung blieb.

In dieser Zeit tritt offenbar ein Mangel zutage: Auf der einen Seite ergeben sich neue Möglichkeiten weiblichen Handelns in der Gesellschaft im Berufsleben und auch in der Familie. Auf der anderen Seite jedoch bleibt die Frau als solche, ihr Sein als Frau, ein blinder Fleck, wohl um die gerade erst gewonnene Freiheit in Grundsatzdiskussionen über das Wesen der Frau nicht wieder aufs Spiel zu setzen. Es herrschte die Angst vor, wenn man sich in den praktischen Fragen an einem Wesen der Frau orientierte, könnte dabei vielleicht herauskommen, dass die Frau als vor allem zur Mutterschaft befähigt, nun doch lediglich im Haus, bei Familie und Kindern, ihr Betätigungsfeld finden dürfe.

Dass diese furchtsame Zurückhaltung unbegründet war, zeigen eindrucksvoll die Studien, die Edith Stein, Philosophin und Schülerin des Göttinger Phänomenologen Edmund Husserl, in den Zwanziger- und Dreißiger-Jahren des 20. Jahrhunderts in der Frauen- und Frauenberufsfrage vorgelegt hat.2 Am auffälligsten im Werk Edith Steins über „die Frau“ ist wohl die eigentümliche Verbindung zwischen weiblichem Wesen – Edith Stein scheut sich auch nicht, den Begriff einer Natur der Frau hier einzubringen – und dem, was heute weitgehend mit „gender“ bezeichnet wird, also die soziale Ausgestaltung des Geschlechts: Frausein in Familie und Beruf, Gesellschaft und Kirche. Das nun, und das kann an dieser Stelle bereits vorwegnehmend gesagt werden, was Stein von den modernen Genderpositionen durchgängig unterscheidet, ist eben jene Ganzheit der Perspektive, die ihrem Ansatz eine hohe Plausibilität verleiht: „sex“ und „gender“ gehören zusammen; natürliche Gestalt und gesellschaftliche Rolle sind nicht voneinander getrennt, sondern vielmehr aufeinander bezogen zu denken. Das Wesen wirkt sich im Handeln aus; das Frausein durchdringt das Sein und Handeln der Frauen.

Wesen und Berufung der Frau

Wie kommt nun Edith Stein als ausgebildete Philosophin dazu, sich dem Wesen der Frau zu widmen? Mit den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen um die Stellung und die Möglichkeiten der Frau im öffentlichen Leben ging auch die Frage nach der Berufung der Frau als solcher und der einzelnen Frauen einher. Es genügte nicht, den veränderten Ansprüchen und Gegebenheiten lediglich Rechnung zu tragen und die erweiterten Optionen zu befürworten; eine erneuerte weibliche Lebenssituation verlangte zugleich ein Überdenken der herkömmlichen Vorstellung über das Sein der Frau als Ganzes. Angefragt von Verbänden und Berufsvereinigungen, versucht Edith Stein zu ihrer Zeit eine Antwort auf diese Fragen aus philosophischer Perspektive zu geben.

Dabei ist es E. Stein darum zu tun, sich dem wesenhaften Sein der Frau phänomenologisch zu nähern mit der „Prinzipienfrage aller Frauenfragen“3 im Hintergrund: Gibt es eine „Spezies der Frau“, die unter den veränderten historischen und gesellschaftlichen Wandlungen unverändert bestehen bleibt, oder ist das weibliche Sein lediglich den sozialen Typen zuzurechnen, die in Anpassung an die gegebenen Umstände modifiziert werden können.4 Muss also hinter der weiblichen Lebensweise, die lange Zeit nun nicht immer eine freie Wahl zur Voraussetzung hatte, eine natürliche Grundlage vermutet werden, oder kann eine solche sogar mit der Hilfe der gläubigen Vernunft erkannt werden?

Edith Stein erwägt zunächst, die geschlechtliche Differenzierung als Ausdruck des jeweils prägenden Teils eines zweipoligen Seinsrhythmus zu verstehen, verwirft diesen Entwurf jedoch. Angemessener erscheint ihr der Begriff der „substanzialen Form“.5 Die Seele ist jene innere Form des Leibes und seine wirkmächtige Struktur, die von innen her das wesenhafte Sein des Menschen bestimmt und zur Verwirklichung der darin angelegten Möglichkeiten drängt. Um letztlich zu einer befriedigenden Klärung der Frage zu gelangen, bedürfe es jedoch einer grundlegenden Erörterung und Vergewisserung „über das Verhältnis von Genus, Species, Typus, Individuum, d. h. über die Grundprobleme der formalen Ontologie“.6

Die Eigenart der Frau

Viel wird zur Zeit Edith Steins von namhaften Schriftstellerinnen und Gelehrten zur Frage der Frauenbildung und der Rolle der Frau geschrieben.7 Bei der Sichtung der Literatur erkennt sie jedoch eine Spannbreite von wissenschaftlich redlichen Untersuchungen bis hin zu „dilettantischen Versuchen“8, die es an gesicherter Methode und Vorgehensweise fehlen lassen. Für ihren eigenen Ansatz, sich der Berufung der Frau und ihrer Eigenart von der Phänomenologie her zu nähern, kann sich Edith Stein dennoch auf keinerlei wissenschaftliche Vorarbeiten stützen.9

Edith Stein entwickelt durch phänomenologische Wahrnehmungsfähigkeit, psychologische Menschenkenntnis und religiöse Einsicht eine ganzheitliche Sicht der Frau und „gehörte damit zu den geisteswissenschaftlichen Wegbereitern … für bessere Bedingungen und Möglichkeiten der Frau im öffentlichen Leben“.10

Der ganze Mensch steht dabei jeweils im Vordergrund ihres Interesses, wenn sie über die Berufung der Frau, aber auch des Mannes spricht, da ihre Vorträge und Ausführungen zum Frausein in eine besonders von der Phänomenologie und der Scholastik geprägte Philosophie der Person eingebettet sind.11 Leib und Seele geben dabei nach ihrer Auffassung Auskunft nicht nur über ein Sein, sondern auch über eine Richtung des menschlichen Lebens, über Berufung und Auftrag. Das schließt auch den Aspekt eines naturhaft begründeten (spezifischen) Sollens mit ein, das sich sowohl auf das Menschsein als solches bezieht als auch auf die geschlechtliche Dimension des Daseins.

Ausgehend von den „Phainomena“, das ist in diesem Fall zuerst der Leib in all seinen Äußerungen, versucht Stein, „vorsichtige Folgerungen auf ein weibliches ‚Innen’ zu ziehen“12. Sie bezieht dabei zugleich ihre Kenntnisse der Psychologie sowie die eigene Lebens- und Alltagserfahrung mit ein. Das prägende Beispiel ihrer Mutter spielte nach ihrer eigenen Aussage in Bezug zur Auffassung über die Mutterschaft z. B. immer eine prägende Rolle.13 Edith Stein sucht – gemäß der seinsmäßigen Grundlage – die Eigenart der Frauen als eine gemeinsame in ihren wichtigsten Zügen darzustellen. Dabei ist ihr Blick vor allem auf die seelische Struktur sowie auf die sich daraus ableitenden „typischen“ (hier in der herkömmlichen, nicht in der im Sinne Steins zu verstehenden Bedeutung) Verhaltensweisen gerichtet. Nicht um eine Theorie weiblichen Seins an sich ist es Stein zu tun, vielmehr versucht sie, durch ein philosophisch verantwortetes Frauenbild konkret eine Antwort auf die Frauenidentitätsfrage ihrer Zeit zu geben. Vor allem die Not der jungen Frauengeneration, die zum Teil gerade nicht mehr in fest normierte Lebenszusammenhänge eingegliedert ist, sondern durch die zwar erst anfänglich gewonnene Freiheit doch zu einer eigenen Lebensgestaltung herausgefordert und manchmal entsprechend überfordert erscheint, wird für sie zum Anlass intensiver philosophischer Forschungen.

Der Begriff der „Eigenart“ bei Edith Stein

Philosophisch betrachtet bezeichnet die Eigenart die Mitte zwischen einer Species, z. B. Mensch, und dem Individuum, d. h. diesem oder jenem konkreten Menschen.14 Die menschliche Eigenart ist eine Art Grundausstattung, das „Gestaltganze“15, das mehrere Individuen gemeinsam haben. Dieses ist nicht bei jeder Person in derselben Weise ausgeprägt, sondern kann durchaus in unterschiedlichem Maß verwirklicht sein, je nach Anlage, Bildung und geistiger Entfaltung.16 Denn beim Menschen ist „das meiste von dem, was zum Menschsein gehört, zunächst potenziell“17 und entfaltet sich nur langsam, je nach Beschaffenheit der Umgebung. Vor allem bedarf es anderer Personen, die den Potenzen in ihm zur Entfaltung verhelfen, aber auch der Einzelne selbst kann das in ihn Hineingelegte entdecken und zur Ausbildung bringen.

Der Mensch entfaltet sich jedoch immer bereits als Mensch, so dass seine Anlagen und Potenzen sich aktualisierend entfalten.18 Edith Stein erläutert, dass es zum „Geschöpf als solchem“ dazugehöre, durch den Willen des Schöpfers bereits ein eigenes Sein zu haben, eine Substanz zu sein, d. h. „etwas, das es in sich selbst ist … Es ist ein in sich selbst Hineingesetztes und Begründetes, dem eigenes Sein und eigene Art zukommt (das eben besagt der Name ‚Substanz’) und [dem ebenfalls zukommt,] dass es seine Eigenart in einem ihm eigentümlichen Wirken betätigt. Speziell als Wirkendes wird es ‚Natur’ genannt.“19 Um sein individuelles Sein zu entwickeln, hat der Mensch eine innere „Triebkraft“, das ist die substantiale Form, die darauf angelegt ist, bei Vorliegen geeigneter Rahmenbedingungen, den in ihn gelegten Keim zur vollendeten Gestalt zu bringen.20 Von dieser philosophischen Grundlegung der Eigenart der Person ist die gesamte Untersuchung Edith Steins zum Wesen der Frau und ihrer Eigenart zu sehen.

Die Person selbst übt auf ihre Eigenart einen gestaltenden Einfluss aus, z. B. indem sie Werturteilen zustimmt oder sie ablehnt und so Entscheidungen über Präferenzen fällt. Vor allem aber das Tun ist es, wodurch der Mensch sein Sein mitbestimmt, Potentiale verwirklicht oder auch verkümmern lässt. Nicht alle personalen „Dispositionen“ müssen ausgebildet werden, damit die Eigenart eine individuelle ist. Nach Edith Stein ist der Standpunkt, den das Individuum gegenüber dem Ganzen der „Wertewelt“ einnimmt und die Entscheidung darüber, „welchen Werten sie in ihrem Verhalten den Vorzug gibt, … charakteristisch für ihre persönliche Eigenart“.21

Die anthropologische Grundlage

Die menschliche Identität wird von Edith Stein auf den drei Ebenen der personalen Existenz beschrieben: der menschlichen, an der jeder Mensch teilhat, der individuellen, in der er eine ihm eigene Ausprägung des Menschseins widerspiegelt, und der geschlechtsspezifischen, die sich in Mann- oder Frausein differenziert. Die Person hat Anteil an der allgemeinen Menschennatur und ist dadurch als Mensch berufen, die Welt kreativ zu gestalten und ihr leiblich-seelisches Dasein bestmöglich zu entfalten. Als Mensch ist jemand Teil einer Menschengemeinschaft bereits dadurch, dass er ein von einer Frau Geborener ist, d. h. von Menschen abstammt. In seiner Individualität unterscheidet er sich von allen menschlichen Wesen, d. h. er ist jeweils anders und einzigartig. Zu diesen beiden Bestimmungen kommt die geschlechtsspezifische hernach als dritte Facette des Menschseins hinzu. Der Mensch tritt faktisch als Mann oder Frau auf und zwar als diese einmalige Person in ihrer Besonderung. Mannsein und Frausein befähigt den Menschen zur Zeugung bzw. zum Gebären von Nachkommenschaft in personaler Gemeinschaft.

Für die Untersuchung der Spezifität des menschlichen Seins beginnt Stein damit, die körperlich-stoffliche Dimension des Menschen genauer zu untersuchen, wobei sie hervorhebt, dass es sich dabei um abstrakte Erkenntnis handelt, da zum „Vollphänomen des Menschen … Leben, Seele [und] Geist“ gehören.22 Die stoffliche Gestalt des Menschen, die Materie, lässt seine Individualität erkennen. Ebenso ist sein materielles Sein als substantielle Einheit nicht teilbar. Die Oberflächengestalt weist auf ein inneres Leben hin und ist selbst (dann nicht mehr als bloßer Körper, sondern als Leib) Ausdruck desselben. Als Beispiele führt Stein die Unterschiedlichkeit des Gesichtsausdrucks sowie die verschiedenen Weisen der Bewegung an, die Rückschlüsse auf eine bestimmte innere Verfassung erlauben. Letztendlich lässt der Mensch, wie er uns in der Alltagssituation begegnet, eine allgemeine Seinsstruktur erkennen, die der individuellen Person als solcher eigen ist. Der Mensch ist Geist, und sein Äußeres ist „Sprache des Geistes oder sein volles Sein, das zum Sein spricht“.23

Der Leib als Ausdrucksgestalt der Seele

Für die Frage nach dem Frau- bzw. Mannsein spielt der leibseelische Zusammenhang des menschlichen Daseins eine entscheidende Rolle. Immer wieder schreibt Edith Stein von „der Frau“ und ist sich doch dessen bewusst, dass die „Eigenart“ wie die Scholastik lehrte, ein proprium ist, das aus der Natur der menschlichen Seele folgt, die sie mit Thomas von Aquin als forma corporis24, als innere Form des Leibes, definiert. Der Mensch ist demnach eine untrennbare Einheit von Leib und Seele.

Sie grenzt sich dadurch bewusst vom Seelenbegriff der zeitgenössischen Psychologie ab.25 Die Seele weist eine eigene spezifische Qualität auf. Als Seinsmitte des Menschen ist sie die „Macht der Selbstgestaltung“, die den menschlichen Körper als Ganzen im Unterschied zum bloß materiellen Sein unterscheidend charakterisiert. Die Erörterung der Frage, ob die substantiale Form des Menschen nach Stein eine einzige ist oder sich in mehrere Formen spezifiziert, beantwortet Edith Stein eindeutig: Die „substanziale Form“ ist die, „die allem Wirken des Dinges zugrunde liegt, weil sie es ist, die sein Sein überhaupt möglich macht, die es als das bestimmt, was es ist, die es zu diesem Einen, von jedem anderen unterschiedenen Seienden macht. Weil sie es ist, die seine Einheit bestimmt, kann kein Ding mehr als eine substanziale Form haben.“26 Dass sie dennoch von der Möglichkeit anderer, akzidenteller Formen ausgeht, ist vermutlich dem Einfluss des Denkens von Johannes Duns Scotus auf die Phänomenologie als Ganze und ihre Personphilosophie zuzuschreiben.27

Die Seele „wohnt“ nicht wie ein Kern im Leib, sie ist kein statisches Etwas, sondern – nach klassisch-scholastischer Auffassung – eben die „forma corporis“, die innere Form des Menschen. Sie ist dasjenige also, was den Menschen eigentlich zu einem Menschen macht. Und sie ist darin das Strukturprinzip des Leibes, das den ganzen Menschen in eine bestimmte Richtung zur Entfaltung drängt. Alles, was der Mensch erkennt, alles, was ihm widerfährt, begegnet ihm nicht nur äußerlich, sondern hinterlässt einen Eindruck in seiner Seele. Zugleich ist der Leib sichtbare Gestalt und Ausdruck der Seele. So spiegelt häufig das Gesicht innere Seelenzustände wider. – Der Leib ist somit die Ausdrucksgestalt der Seele und die Weise, wie die Seele bzw. der Mensch in diese Welt hineinwirkt und mit der äußeren Wirklichkeit in Kontakt kommt.

In dieser doppelten Bewegung gelangt das, was von Außen begegnet, in das Innere und das, was sich innerlich bildet, verschafft sich durch den Leib wiederum einen Ausdruck nach außen. Stein beschreibt die Seele als „unser Inneres im eigentlichen Sinn; das, was erfüllt ist von Leid und Freude, was sich empört über eine Ungerechtigkeit und begeistert für eine edle Tat; was sich einer andern Seele liebend und vertrauend öffnet oder ihr den Zugang wehrt; das, was Schönheit und Güte, Treue und Heiligkeit (alles, was man ‚Werte’ nennt) nicht nur intellektuell erfasst und hochschätzt, sondern in sich aufnimmt und davon ‚lebt’, dadurch reich und tief wird.“28

Frausein: Ganzsein und Offenheit

Als besonders der Eigenart der Frau zugehörig beschreibt Stein die weibliche Sehnsucht nach Ganzheit des Menschen, nach der Entfaltung des (wahren) Menschentums bei sich und bei anderen. Die weibliche Eigenart in ihrer „Einstellung … auf das Ganze“29 befähigt die Frau zu intensiver Anteilnahme am Dasein eines anderen, an seinem Leben und seiner Arbeit, und bietet so eine wichtige Grundlage für eine Ehe.30 Für die Frau im Berufsleben bedeutet diese ganzheitliche Perspektive häufig, dass ein zu beobachtender „Gegensatz“ zwischen Berufsbildung und Menschenbildung ihr (im Unterschied zum Mann) innerlich widerstrebt, da sie beide Aspekte als dem einen personalen Entwicklungs- und Bildungsprozess zugehörig versteht.31 Dem entspricht auch die natürliche Erkenntnisweise, die bei der Frau weniger auf das Allgemeine, „begrifflich-zergliedernde“ als auf das Individuum, das konkret Anzuschauende und zu Erfühlende, geht.32 Ihr Interesse gilt dem Persönlichen und Konkreten, die Abstraktion liegt eher außerhalb ihrer natürlichen Interessiertheit. Sie lässt sich jedoch dann dafür begeistern, wenn die Sache der Person dient und sich ein konkreter Bezug zum Menschen aufweisen lässt.

Die Frau ist dazu imstande, ihre eigenen Belange denen der anderen (geliebten) Person unterzuordnen, und kann darin sogar ihre Erfüllung finden. Dem Mann gegenüber zeigt sich das z. B. in einer großen Anteilnahme an seiner „Sache“, seiner Aufgabe.33 In dieser Fähigkeit der Frau, sich in andere nachverstehend einzufühlen, sieht Edith Stein einen hohen vitalen Wert, der sich beim konkreten Individuum jedoch nur selten rein entfaltet zeige, da an der menschlichen Natur der deutliche Makel der Erbsünde hafte, der das jeweils Ursprüngliche verdecke. Wenn hingegen die „gefallene Natur“ in die Erlösungsordnung hinübergeführt werde, erscheine erneut das weibliche Sein als heilend und helfend.34

Mit dem Mann gemeinsam hat die Frau von Natur aus die dreifache Begabung: Erkennen, sich freuen an Erkanntem (d. h. zu genießen) sowie schöpferisches Gestalten. Von diesen Einstellungen zur Welt liegt ihr die zweite am meisten, die sie durch eine spezifische, nicht zuerst rationale Erkenntnis der Dinge in höherem Maß zu „ehrfürchtiger Freude an den Geschöpfen“35 befähigt. Das führt zu einer intuitiven Tiefensicht in das Innere der Dinge bzw. zu einer Erfassung des Eigentlichen. Die Frau reflektiert normalerweise die ihr begegnenden Dinge zuerst im Gemüt, das Edith Stein „als Zentrum der Frauenseele“36 beschreibt. Die Frau weist in bevorzugter Weise eine religiöse Sensibilität auf, die ihr den Zugang zur Transzendenz erleichtert und sie für die Rolle der Erzieherin im Bereich von Religion als besonders geeignet erscheinen lässt.37 In der Gesellschaft soll sie sich darum in besonderer Weise einer „Frauenkultur“ verpflichtet wissen, die den metaphysischen Grund des Lebens aufscheinen lässt, eine Auffassung, wie sie in der Literatur häufiger zu finden ist. Die Dichterin Gertrud von Le Fort z. B. schreibt, das „Eigentlich Weibliche“ sei „Hingebung“, wie es vorbildhaft und vollkommen in der Mutter des Herrn zu betrachten sei.38 In diesem Sinne antwortete einmal Wilhelm Busch auf die Frage von Luise Fastenrath: „Definieren Sie die Frau? Hauptlockvogel für diese Welt, günstigenfalls auch für die andere“.39

Der Frau ist in ihrer offenkundigen mitmenschlichen Befähigung zur Pro-Existenz als Dasein für den jeweils anderen40 das menschliche Miteinander als Ganzes in vorrangiger Weise anvertraut. Dabei unterscheidet sie zwischen der Befähigung und der Anforderung, die der naturhaft mitgegebenen Gabe entspringt. Frauen können diese Aufgabe erfüllen, da sie ein feines Gefühl für das Gute und Schöne haben. Sie sind durch die Begabung in die Verantwortung und Pflicht genommen41 und müssen sich z. B. um die Wahrung der „Sitte und Sittlichkeit“ mühen, weil sie selbst dessen bedürfen, da sie sich als Frauen sonst in der Folge möglicherweise „roher Gewalt ausgeliefert“ sähen.42

Edith Stein erörtert in ihren Schriften zum Frausein an manchen Stellen auch die Schattenseiten weiblichen Seins. Ihr geht es dabei jedoch nicht um eine Abwertung der Frauen durch die Darstellung wesenhafter Schwächen und Fehler. Vielmehr ist es Edith Stein um eine realistische Sicht der Menschen im Allgemeinen und der Frau im Besonderen zu tun, die von den geschlechtsspezifischen Merkmalen nicht absehen darf. Durch die scholastische Denkweise geprägt, bemüht sich Stein um einen Realismus, durch den sie den Aspekten von Natur, gefallener Natur und Übernatur gerecht zu werden sucht. So erscheint ihr die in realen Personen begegnende Eigenart nicht als Reinform weiblichen Seins, sondern gewissermaßen als „Rohmaterial“, aus dem es das eigentlich Weibliche in seinem schönsten und wertvollsten Sinn, das Weibliche als Idealtypus, erst herauszuarbeiten gilt.43

Weil es der Frau als Gattin und Gefährtin in besonderer Weise möglich ist, ihre eigenen, persönlichen Interessen zurückzustellen, um die Angelegenheiten ihres Mannes ganz mitzutragen, mitzuerleben und sogar daraus zu leben, liegt hierin auch eine spezifische Gefährdung. Sie zeigt sich in einem Übermaß des Interesses am Leben und den Entscheidungen des anderen. Die Kehrseite der Fähigkeit wiederum, dem Menschen wie allen Dingen innerlich zu begegnen und sich in Beziehung zu allem zu setzen, liegt in der Form einer „Gier“, die sich in der Besitznahme von Dingen oder auch Menschen sowie im Verfall in ein geist- und tatenloses Triebleben zeigen kann. Wenn eine Frau ein ausschweifendes Leben führt, wird sie vermutlich ihre mütterlichen Pflichten nicht gleichzeitig übernehmen können.44 Sie wird, so Edith Stein, ihre Kinder einnehmend bewachen, sie dadurch in unguter Weise an sich binden und die positiv freie Entfaltung der Kinder erheblich beschneiden. Anstatt also den Kindern und auch ihrem Mann in Liebe beizustehen, um ihre jeweilige Entfaltung zu fördern, bringt sie sich dadurch auch selbst um ihr natürliches Glück.45 Wenn die Frau das Kind, den Gatten oder andere Menschen zu intensiv an sich bindet, so zeigt sich darin die tragische Verkehrung ihrer Berufung. E. Stein empfiehlt der Frau daher das intensive religiöse Leben, damit sie die weibliche Art, die rein entfaltet nur bei der „Immaculata“ zu finden sei, wieder entdecken und aufstrahlen lassen kann.46

Nach Stein „könnte die Natur der Frau“ durchaus „Abwandlungen zulassen, ohne dass das Wesen der Frau dadurch aufgehoben würde“.47 Die Vielfältigkeit tatsächlichen Frauenlebens ihrer Zeit bleibt gleichzeitig in ihrem Blickfeld. Der phänomenologischen Methode folgend wendet sie sich zuerst dem Leib zu als dem Ausdruck der menschlichen Seele und ihrer Wirklichkeit. Die Seele gibt als innere Form dem Leib seine spezifische Gestalt. Von ihr hat er seine spezifische Form. Die Person entwickelt sich innerhalb dieser Form, ihrer Erbanlagen sowie unter dem Einfluss der Umwelt eigentümlich und einzigartig je nach Erziehung, Fähigkeiten und Milieu.48 Edith Stein betont an vielen Stellen, dass die Eigenart der Frau in ihrer Reinform empirisch nicht abschließend zu beschreiben sei, da jede Frau sie durch ihre Schwächen, Mängel und individuellen Eigenarten modifiziere und verdunkle. Die Ausprägung der Individualität veranlasst sie deshalb mehrfach zu der Erwägung, ob es überhaupt angemessen sei, die Frage nach dem Wesen der Frau zu stellen, und zugleich, ob es die Frau überhaupt gebe.

In den Abhandlungen Steins zu dieser Frage sowie zur Frage der Wesensbestimmung im Allgemeinen fällt auf, dass sie die Begriffe „innere Form“, „Wesen“, aber auch „Spezies“ und „Typus“ zuweilen univok gebraucht.49 Dies bedeutet, dass für Stein das gemeinsame Menschentum das Entscheidende zur Beschreibung menschlicher Wesen darstellt. Die geschlechtsspezifische Einordnung ist ihr untergeordnet. Edith Stein betont darum in einer Diskussion um die frauliche Bestimmung pointiert: „Menschsein ist das Grundlegende, Frausein das Sekundäre.“50 Dennoch sieht sie, unabhängig von den individuellen Besonderheiten, eine gemeinsame Natur der Frauen, die sich in der Fähigkeit zur Mutterschaft leiblich manifestiert, als „weibliche Naturanlage“, die „formend wirkt“.51 Das gesamte leibliche und zudem das geistige Dasein der Frau sieht sie als von dieser Tatsache prägend bestimmt.

Der natürliche Frauenberuf

Edith Stein geht davon aus, dass der spezifischen Eigenart der Frau – in leiblicher und geistiger Hinsicht – eine Befähigung und damit auch Berufung zu bestimmten Aufgaben zukommt. Allein von der Berufung der Frau zu sprechen, stößt bei der heutigen Vielfalt der Berufsmöglichkeiten, die erst in diesem Jahrhundert von den Frauenbewegungen erkämpft wurden, auf empfindliche Ohren und damit auf Kritik. Die Philosophin stellt sich in ihren Ausführungen über die Frau der Frage, ob es überhaupt einen natürlichen Beruf der Frau gibt oder nicht.

Trotz der Gemeinsamkeit der Menschennatur geht sie mit dem Hinweis auf die augenscheinliche physische Verschiedenheit der Geschlechter und den bereits erwähnten Thomas-Grundsatz „anima forma corporis“ von unterschiedlichen Seelentypen aus. Und wie schon für Thomas von Aquin ist auch für Edith Stein die Natur nicht allein maßgebend für die Entfaltung des menschlichen Individuums in allen seinen Möglichkeiten. Neben der biologisch-natürlichen Disposition sind Erziehung und Bildung notwendig, um das potenziell im Menschen Vorhandene zu wecken und auszubilden. Durch die Einwirkung der Gnade kann letztlich sogar die natürliche Gegebenheit verändert werden.

Hinweise auf den natürlichen Frauenberuf entnimmt Edith Stein weiterhin der Genesis-Urerzählung (Gen 1-3). Dabei gebraucht sie das Wort Gottes als „Leitfaden, um das Anschauungsmaterial des Lebens zu deuten“.52 Die Frau ist neben der allgemein menschlichen Berufung, die sie mit dem Mann gemeinsam hat, und ihrem individuellen Sein, ihrer leiblich-geistigen Konstitution nach bestimmt zur „Gefährtin des Mannes“ und zur „Menschenmutter“.53

Die Frau als Leben Schenkende: Mutterschaft

Vom phänomenologischen Ansatz her argumentierend, sucht Edith Stein die Mutterschaft als die natürliche und hervorragende Berufung der Frau zu erweisen. Der Begriff der Mütterlichkeit hat bei Edith Stein „nichts Sentimentales, Vereinnahmendes“ an sich, er verbindet eher Standfestigkeit und Herzenswärme.54 Kaum jemand wird diese Befähigung der weiblichen Natur in Abrede stellen, da die leib-seelische Verfasstheit der Frau auf die Weitergabe des Lebens und die Versorgung und Ernährung der Nachkommenschaft ausgerichtet ist. Physisch gesehen, ist auch die mütterliche Bindung, z. B. an das Ungeborene, wesentlich enger als die des Vaters.55 Die Frau ist nach Edith Stein in anderer Weise ein in sich geschlossenes Ganzes. Das neue Leben bedarf dieses Schutzes und der Einheit, die ihm im weiblichen Leib, „bedingt [durch] eine gewisse Beschließung in sich selbst“, gesichert ist.56 „Der geheimnisvolle Prozeß der Bildung eines neuen Geschöpfes im mütterlichen Organismus ist eine so intime Einheit von Seelischem und Leiblichem, dass diese Einheit zum Gepräge der gesamten weiblichen Natur gehört.“57

Im mütterlichen „Beruf“der Frau liegt nach Edith Stein ihre besondere Bindung an den Leib begründet. Diese ist wesentlich ausgeprägter als beim Mann, bei dem der Leib oft mehr den Charakter eines Werkzeugs hat, das ihm hilft, zu schaffen und zu gestalten. Die Frau „lebt“ nach Edith Stein in den einzelnen Teilen ihres Leibes und ist deshalb von dem, was ihm widerfährt, stärker „innerlich betroffen“58 als der Mann. An allem, was sie tut, ist sie mit ihrer „ganzen Person … beteiligt“59. Die weibliche Seelenhaltung, das „echt mütterliche Verlangen“60, geht ganz auf das Bewahren, Pflegen, Hüten – also auf das Leben schlechthin. Unbelebte Gegenstände sind für die Frau zumeist nur in ihrer Funktion als Hilfsmittel für die Person von Interesse. Ihre Erkenntnisweise ist stärker durch das Anschauen und das Einfühlen geprägt, das ihr ermöglicht, tiefer zu sehen, um dadurch zu erkennen, was notwendig ist, um in anderen Menschen, vor allem (naturgemäß) in ihren Kindern, das (ethisch) Gute zu wecken und den individuellen Fähigkeiten zur Entfaltung zu verhelfen.

Die geistigen Kräfte, Verstand, Wille und Gemüt, sind bei den Individuen in „Maß und Verhältnis“ unterschiedlich ausgeprägt. Da der Frau ein besonderes Bestreben zu ganzheitlichem Sein eigen ist, zeigt sich bei ihr ein „stärkerer Sinn für [die] harmonische Entfaltung der Kräfte“61. Sie erträgt es bei sich ebenso wenig wie bei anderen, wenn sich ein Teil der Persönlichkeit auf Kosten des anderen entwickelt, z. B. der Leib auf Kosten des Geistes oder der Verstand auf Kosten des Gemüts. Deshalb obliegt der Mutter, so Edith Stein weiter, neben der leiblichen Versorgung in besonderer Weise auch die religiöse Erziehung bzw. die Aufgabe, die Sensibilität für Fragen der Transzendenz in ihren Kindern oder anderen ihr Anvertrauten zu wecken.

Zur mütterlichen Aufgabe gehört die großmütige Bereitschaft, eigene Interessen und Wünsche zumindest zeitweilig zurückzustellen und sich ganz im Dienst des Anderen zu sehen, der der Zuwendung und liebenden Hilfestellung zur Entwicklung der Anlagen und Fähigkeiten bedarf. Bei der Frau lässt sich eine dafür unerlässliche, signifikant größere Fähigkeit, Leiden und Mühen ausdauernd zu ertragen, beobachten als beim Mann. Gerade im Verhältnis der Mutter zum Kind „bedarf es hier der sorgenden, wärmenden Liebe, des zarten Verständnisses, der stillen selbstverständlichen Opferbereitschaft, um das keimende Leben zum Aufblühen zu bringen“62.

Da nicht nur der Leib des Kindes der Obhut und Fürsorge bedarf, sondern die positive Entwicklung der Seele in gleichem Maß von der Bildung durch liebenden Umgang abhängt, soll sich die Frau in gesundem, angemessenem Altruismus durch das eigene Kind und die Menschen, die ihr nahe stehen, in Dienst nehmen lassen. Der entsprechende Wesenszug, der eng an die mütterliche Verfassung der Frau gebunden ist, tritt im Wirken der Frau als Wunsch, Liebe zu geben und zu empfangen, immer wieder hervor.63 So zeigt sich ihre Mutterschaft als bestimmender Wesenszug überall dort, wo sie einem Menschen hilft, sich körperlich, geistig oder seelisch zu entwickeln.64 Die Mutter sollte dem Kind die notwendige Zuwendung durch „Wärme und Nahrung“ nicht versagen, die eine wichtige Voraussetzung für die gesunde kindliche Entwicklung darstellt.65 Der inneren Seelenhaltung der Frau erscheinen deshalb bestimmte Wesenszüge als besonders entsprechend: weit zu sein, nicht zu sehr mit sich beschäftigt, aufgeschlossen und klar in dem, was sie ist und tut, damit die Kinder, zugleich aber auch der Mann und jede Person, die ihr begegnet, in ihr eine Stütze und „die beste Beraterin finden“ können.66

Geistliche Mutterschaft als spirituelle Lebenshilfe

Wenn Edith Stein in einer Diskussion zum Vortrag „Grundlagen der Frauenbildung“67 davon spricht, dass „die Krankheit der Zeit … darauf zurückzuführen [ist], dass nicht mehr Mütterlichkeit da ist“68, meint sie nicht zuerst die biologisch-leibliche Mutterschaft, auf die die zu jener Zeit gerade aufstrebende NSDAP die Frau beschränken wollte.69 Edith Stein wehrt sich ausdrücklich gegen die anti-emanzipativen Entwicklungen und die Verkürzung weiblichen Seins auf die rein körperlich-materielle Dimension.70 In der Mutterschaft offenbare sich hingegen die leib-seelische Wirklichkeit des Menschen, der allein von der Nahrung für seinen Körper nicht zu leben weiß, denn „echte Mutterschaft ist zugleich ein natürlicher und übernatürlicher Beruf“71, wobei, wie Gertrud von Le Fort schreibt, die Natur das „Präludium des Übernatürlichen“72 bildet. Die Frau trägt in sich vielmehr ein mütterliches Potenzial als Berufung und Auftrag, das sie entweder in seinen zahlreichen Facetten dem eigenen Kind oder den Menschen, die ihr anvertraut sind bzw. begegnen, zuwenden kann.

Die geistliche Mutterschaft bietet z. B. auch derjenigen Frau, die nicht Gattin und Mutter ist, die Möglichkeit, ihrer mütterlichen Berufung entsprechend, geistlich Leben zu schenken. Für die ledige Frau kann es bedeuten, nicht mehr, wie lange Zeit geschehen, den Beruf als Ersatz für die nicht erfüllte Mutterschaft anzusehen, sondern ihrer Berufung als geistliche Mutter nachzukommen. Edith Stein hält zugleich fest, dass „eine ganze Reihe von Berufen, vor allem alle erzieherischen und pflegerischen, der unverheirateten Frau in gewisser Weise die Möglichkeit zur Erfüllung ihrer Bestimmung als Frau bieten. ‚In gewisser Weise’ – man darf es nämlich mit dem Übergang von der vollen leiblich-seelischen Ehe und Mutterschaft zur vergeistigten nicht zu leicht nehmen“,73 da der Mensch Leib und Seele in untrennbarer Einheit ist.74 Zugleich erfüllt nicht jede leibliche Mutter von sich aus die von ihr gleichzeitig geforderte geistige Mutterschaft.

Umso dramatischer zeigt sich die Lage der Frau in der Frage der Abtreibung. Hier, wo die Frau, deren Wesen es ist, Mutter zu sein und Leben zu schenken, ihr eigenes Kind preisgibt und der Tötung überlässt oder sogar selbst tötet, tastet sie darin letztlich ihre eigene Identität an.75 Aus der Verweigerung, leiblich Mutter zu werden, entsteht zugleich die Unfähigkeit, geistige Mutterschaft zu leben.76 Der Frau ist indessen aufgetragen, an jedem Ort ihre mütterliche Berufung für alle, die ihrer bedürfen, zu verwirklichen.77

Besonders deutlich wird diese Seite der Mutterschaft z. B. überall dort, wo die Frau als geistliche Begleiterin und Ratgeberin gesucht wird.78 Es bestehe – so E. Stein weiter – ein ausgeprägtes „Bedürfnis nach mütterlicher Teilnahme und Hilfe, und so können wir auch in dem einen Wort Mütterlichkeit das zusammenfassen, was wir als Eigenwert der Frau entwickelt haben. Nur muß es eine Mütterlichkeit sein, die nicht bei dem engen Kreis der Blutsverwandten oder der persönlichen Freunde stehen bleibt, sondern nach dem Vorbild der ‚Mutter der Barmherzigkeit’ für alle da ist, die mühselig und beladen sind; sie muß ihre Wurzel haben in der weltweiten göttlichen Liebe.“79 Aus dem Grund soll „die niemals fehlende Mütterlichkeit jeder echten Frau“80 nicht ausschließlich an die familiären Beziehungen gebunden sein, sondern in allem Sein und Tun aufscheinen.81 Diese mütterliche als eine geistliche Haltung erfordert eine innere Durchbildung des Charakters, der die Frau in ehrfürchtiger Zurückhaltung die Individualität ihres Gegenübers respektieren und fördern lässt.82

In der mütterlichen Berufung liegt auch die Befähigung zu geistlicher Begleitung begründet, die dann ihre höchste Fruchtbarkeit erreicht, wenn die Frau bestrebt ist, Gottes Werkzeug zu sein und seine Stimme im Innern des Einzelnen hörbar zu machen.83 Die geistliche Mutterschaft weist demnach darauf hin, dass Leben-schenken mehr ist als Schwangerschaft und Geburt, dass es Begleitung, Mitsein und im Tiefsten das Dasein für den anderen bedeutet. Damit kommen wir abschließend zu der anderen, von Edith Stein genannten ursprünglichen und natürlichen Berufung der Frau: die Gefährtenschaft.

Gefährtin des Mannes

In der zweiten, älteren Fassung der Schöpfungserzählung im Buch Genesis wird dem Leser ein Hinweis auf eine weitere wesenhafte Dimension des Frauseins gegeben, die zur Mutterschaft in unmittelbarer Verbindung steht. In Gen 2 wird die Frau dem Mann zugeführt, und er jubelt über sie, weil er sie als ihm ähnlich und ebenbürtig erkennt: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch“ (Gen 2, 23). Edith Stein übersetzt den hebräischen Begriff (ezer) in Gen 2, 18 mit „eine Hilfe, wie ihm gegenüber“.84 Die Frau ist demnach für ihn „Spiegelbild …, in dem der Mann seine eigene Natur erblicken könnte“85.

Mann und Frau haben in dieser biblisch formulierten Weltschöpfung einen gemeinsamen Auftrag, den sie als Menschen auch nur partnerschaftlich erfüllen können: Ebenbild Gottes zu sein, Nachkommenschaft hervorzubringen und zu erziehen sowie über die Erde bewahrend zu herrschen.86 Darin ist nicht gesagt, beide hätten das Gleiche zu tun; sie haben diesen göttlichen Auftrag je nach der Eigenart ihrer geschlechtsspezifischen Berufung zu erfüllen. Edith Stein versteht die Angewiesenheit und Komplementarität der Geschlechter als eine ontologische. Erst gemeinsam verkörpern Mann und Frau die Gesamtheit dessen, was Menschheit genannt werden kann.87

Bleibt eine Frau ungewollt ledig oder in der Ehe kinderlos, so bieten die geistige Braut- oder Mutterschaft im Glauben die Möglichkeit, den Mangel durch eine neue Sichtweise zu kompensieren und fruchtbar zu machen. Denn die ureigenste Aufgabe der Frauen lässt sich an jedem Ort verwirklichen: Sie sollen überall, wo sie durch private, berufliche oder andere Gründe hingestellt sind, ihren weiblichen Geist einbringen, der den Menschen und seine Belange sieht. Dabei geht es vorrangig um den Menschen, „der unser am meisten bedarf, gleichgültig, ob er verwandt ist oder nicht, ob wir ihn ‚mögen’ oder nicht, ob er der Hilfe ‚moralisch würdig’ ist oder nicht“88, auf „dass der Mensch nicht allein sei“89. Zugleich – und das ist die andere Seite – sollen die Frauen sich selbst entfalten, ihre Fähigkeiten ausbilden und diese in Familie und Beruf einsetzen, wodurch sie unmittelbar entscheidend an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt sind.

Schlussgedanken

Unserer Zeit erscheinen die Ausführungen Steins womöglich sehr weitgehend, wenn sie sich eingehend zum Wesen und zur inneren Seinsstruktur der Frau äußert. Dennoch lässt sich seit einigen Jahren ein vermehrtes Interesse an populärwissenschaftlichen Schriften zum Frau- und Mannsein aus dem US-amerikanischen Raum beobachten, der signifikant ist für die Unsicherheiten in der Frage der eigenen Identität, in der Rolle von Mann und Frau. Da ist es hilfreich, dass der jetzige Papst Benedikt XVI. noch als Präfekt der Glaubenskongregation in seinem Schreiben zur „Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt“90 den „Genius der Frau“ beschreibt als eine Kraft im Wesen der Frau, die ihr die besondere Fähigkeit zur Hingabe, zum „Dasein-Für“ andere, zum liebenden Beistand für alle, die ihrer bedürfen, verleiht.91

Referenzen

  1. Hasse E., Der Ruf nach der mütterlichen Frau. Ein Buch der weiblichen Selbsterforschung, Franke Verlag, Habelschwerdt (19282), S. 8
  2. Diese Arbeiten zur „Frau“ finden sich in einem Sammelband innerhalb der Edith-Stein-Gesamtausgabe, die seit dem Jahr 2000 erscheint: Stein E., Die Frau. Fragestellungen und Reflexionen, Edith-Stein-Gesamtausgabe (ESGA), Bd. 13, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau (2000)
  3. Stein E., Probleme der neueren Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 127-208, 152
  4. „Es wird untersucht werden müssen, ob in diesen Typen … ein einheitlicher und unwandelbarer Kern enthalten ist, den man als Spezies ‚Frau’ ansprechen könnte.“ Ebd., S. 141
  5. Vgl. ebd., S. 162 f.
  6. Ebd., S. 152.
  7. Vgl. dazu Düren S., Die Frau im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube. Eine Untersuchung zu theologisch-anthropologischen Aussagen über das Wesen der Frau in der deutschsprachigen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von Edith Stein, Sigrid Undset, Gertrud von le Fort und Ilse von Stach, Susanne Roderer, Regensburg (1998), S. 105.
  8. Stein, Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 142.
  9. Vgl. Herbstrith W., Das wahre Gesicht Edith Steins, Kaffke Verlag, Aschaffenburg (1987), S. 94.
  10. Düren S., s. Ref. 7, S. 18.
  11. Vgl. Stein E., Der Eigenwert der Frau in seiner Bedeutung für das Leben des Volkes (1928), ESGA 13, S. 1-15, 6.
  12. Gerl-Falkovitz H.-B., Unerbittliches Licht. Edith Stein – Philosophie, Mystik, Leben, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz (1991), S. 65
  13. „Die Mutter ist die erste Bildnerin. Auf mich hat das Leben, das Beispiel meiner Mutter, obwohl sie kein Bildungsideal gehabt hat, stark bildend gewirkt.“ Stein  E., Protokolle (zu Vortrag und Diskussion) und Briefwechsel über „Grundlagen der Frauenbildung“ (1930), ESGA 13, S. 232-252, 243.
  14. Stein gebraucht den Terminus „Eigenart“ offenbar in einer gewissen Analogie zur scholastischen Prädikabilienlehre.
  15. Stein E., Der Aufbau der menschlichen Person. Vorlesung zu philosophischen Anthropologie, ESGA 14, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau (2004), S. 140.
  16. Edith Stein beschreibt als „die eigentümliche Seinsweise des Menschen: daß die Species nicht vom Beginn seines Seins an fertig ausgewirkt ist, sondern das Individuum in einem zeitlichen Prozeß fortschreitend zur Entfaltung kommen läßt; daß dieser Prozeß nicht eindeutig festgelegt ist, sondern von verschiedenen variablen Faktoren abhängt, u. a. von der Freiheit des Menschen, die ihm gestattet, an seiner eigenen Bildung und der anderer zu arbeiten.“ Stein  E., Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 163
    Vgl. dazu Stein  E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 141 f.
  17. Stein  E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 142.
  18. Stein insistiert hier auf die notwendige Unterscheidung hinsichtlich eines Wandels, einer Veränderung, zwischen substantiellem und akzidentellem Werden. In diesem Fall handelt es sich um eine akzidentelle Werdung, da das Menschsein der Veränderung vorausgeht, selbst jedoch nicht zur Disposition steht.
  19. Stein  E., Was ist der Mensch? Theologische Anthropologie (1933), ESGA 15, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau (2005), S. 28. Hervorhebung von mir.
  20. Vgl. Stein  E., Christliches Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 79-114, 88.
  21. Stein  E., Untersuchung über den Staat, in: JPPF 7, Halle a. S. (1925), S. 1-123, 19. Hervorhebung v. mir.
  22. Stein  E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 33
  23. Ebd., S. 46
  24. Vgl. S. th. I q 85 a 1.
  25. „In Absetzung vom Seelenbegriff der Psychologie differenziert sie zwischen … Psyche … und Seele, die eine umfassende, personale und damit freie und geistige Qualität auszeichnet, die eine quantifizierende Psychologie nicht zu erforschen vermag.“ Wulf M., Rekonstruktion und Neudatierung einiger früher Werke Edith Steins, in: Beckmann B., Gerl-Falkovitz H.-B. (Hrsg.): Edith Stein. Themen, Bezüge, Dokumente, Königshausen & Neumann Verlag, Würzburg (2003), S. 249-267, 261.
  26. Stein E., Was ist der Mensch? (1933), ESGA 15, S. 6 f.
    Vgl. auch: Ebd., S. 10.
  27. Vgl. Tommasi F. V., „… verschiedene Sprachen redeten …“. Ein Dialog zwischen Phänomenologie und mittelalterlicher Scholastik im Werk Edith Steins, in: Beckmann/Gerl-Falkovitz, Themen, Bezüge, Dokumente, 2003, S. 107-133, 118 ff., bes. S. 119.
    Vgl. dazu Stein  E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 93-103.
  28. Stein E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 104
  29. Stein E., Das Ethos der Frauenberufe (1930), ESGA 13, S. 16-29, 19
  30. Vgl. ebd.
  31. Stein E., Die Bestimmung der Frau (1931), ESGA 13, S. 46-55, 48
  32. Vgl. Stein E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 18.
  33. Vgl. ebd., S. 19.
  34. „Erst durch die Erlösung [gewinnt] die Natur der Frau ihre Reinheit und Heilkraft“. Stein E., Natur und Übernatur in Goethes Faust (1932), ESGA 16, S. 167.
    Vgl. dazu Gerl-Falkovitz H.-B., Frieden durch Frauen? Gedanken zu einem schwierigen Feld, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), „Die Frau: Erzieherin zum Frieden“. Welttag des Friedens 1995, 1. Januar 1995, Deutsche Bischofskonferenz, Bonn (1994), S. 16 (Arbeitshilfen 123).
  35. Stein  E., Beruf des Mannes und der Frau nach Natur- und Gnadenordnung (1931), ESGA 13, S. 56-78, 69.
  36. Stein E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 92
  37. Vgl. dazu beispielsw. Stein E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 25 f.
    Vgl. Stein E., Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 195.
  38. Vgl. Le Fort G., Die ewige Frau. Die Frau in der Zeit. Die zeitlose Frau, Kösel Verlag, München (1938), bes. S. 11-29.
  39. Busch W., Was beliebt ist auch erlaubt, Gütersloh (1998), S. 1032. Die „Gegenwart [einer Frau] läßt … niemals gleichgültig; sie bringt entweder Verwirrung oder Klarheit. Es genügt, daß sie da ist, damit die Männer sich anders verhalten, je nachdem, ob sie in ihnen das Beste weckt oder das Schlimmste.“
    Croissant J., Die priesterliche Frau oder das Priestertum des Herzens, Parvis-Verlag, Hauteville (1993), S. 185.
  40. Vgl. dazu meine ausführlichen Ausführungen in: Westerhorstmann K., Selbstverwirklichung und Pro-Existenz. Frausein in Arbeit und Beruf bei Edith Stein, Schöningh Verlag, Paderborn (2004), bes. S. 359 ff.
  41. Vgl. Stein  E., Natur und Übernatur in Goethes Faust (1932), ESGA 16, S. 157-168, 167.
  42. Vgl. Stein  E., Aufsatzthemen (unveröffentlicht), Edith-Stein-Archiv Köln (ESAK), Signatur: B I 39a 15.
  43. Vgl. Stein  E., Eigenwert (1928), ESGA 13, S. 5.
  44. Vgl. Stein  E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, S. 70.
  45. Vgl. ebd.
  46. Vgl. Stein  E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 20
    Stein  E., Natur und Übernatur in Goethes Faust (1932), ESGA 16, S. 167
  47. Ebd. 160.
  48. Vgl. Stein  E., Aufsatzthemen, ESAK, Sign.: B I 39a 45.
  49. Vgl. dazu Binggeli S., La femme chez Edith Stein. Une approche philosophique, théologique et littéraire, ERAD Verlag, Lyon 2000, S. 365.
  50. Stein  E., Diskussion (1930), ESGA 13, S. 246
  51. Ebd. Vgl. Stein  E., Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 160.
  52. Stein  E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, S. 66.
  53. Stein  E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 18.
  54. Vgl. Herbstrith W., Gesicht, 1987, S. 97.
  55. Vgl. Stein  E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 49 f.
  56. Stein  E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 86
  57. Ebd.
  58. Ebd.
  59. Stein  E., Eigenwert (1928), ESGA 13, S. 4
  60. Stein  E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 19
  61. Stein  E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, S. 68
  62. Stein  E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 50
  63. Vgl. Stein  E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 85.
    „Das innerste Formprinzip der weiblichen Seele ist die Liebe, wie sie aus dem göttlichen Herzen quillt. Die weibliche Seele gewinnt dieses Formprinzip durch den engsten Anschluß an das göttliche Herz in einem eucharistischen und liturgischen Leben.“ Stein  E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 29.
  64. Vgl. Stein  E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 50.
  65. Vgl. ebd.
  66. Stein  E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, S. 72
  67. Stein  E., Diskussion, ESGA 13, S. 238-248
  68. Ebd., S. 245
  69. Vgl. Stein E., Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 136f.
  70. Vgl. Stein E., Notzeit und Bildung (1932), ESGA 16, S. 130-139, 134f.
  71. Stein  E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 53.
    Die übernatürliche Berufung ist von der natürlichen nicht zu trennen. „Man darf diese Scheidung der Berufe nicht so auffassen, als sei im einen Fall allein das natürliche, im anderen nur das übernatürliche Ziel ins Auge gefaßt. Auch die Frau, die als Gattin und Mutter ihre natürliche Bestimmung erfüllt, hat Aufgaben für das Gottesreich … [diese liegen] nur in erster Linie im Kreis der Familie. Andererseits bedarf es auch im völlig gottgeweihten Leben der Entfaltung der natürlichen Kräfte“. Stein  E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 91
  72. Le Fort G., Ewige Frau (1938), S. 28
  73. Stein  E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 50.
  74. Vgl. ebd.
  75. Vgl. Simon M., Danach. Die psychischen Folgen der Abtreibung, in: Hoffacker P. (Hrsg.), Auf Leben und Tod. Abtreibung in der Diskussion, Lübbe Verlag, Bergisch-Gladbach (19915), S. 94-111, 98
    Diederichs P., Zur seelischen Verarbeitung des Schwangerschaftsabbruchs, in: Eser A., Hirsch H. A. (Hrsg.), Sterilisation und Schwangerschaftsabbruch. Eine Orientierungshilfe zu medizinischen, psychologischen und rechtlichen Fragen, Nomos Verlag, Stuttgart (1980), S. 100-105, 101 f
    Vgl. ebenfalls den Erfahrungsbericht: Stanford S., Schatten auf der Seele. Die psychischen Folgen der Abtreibung, in: Familie ist Zukunft. XIV. Internationaler Kongreß für die Familie, Bonn, April 1989. Vorträge, Diskussionen, Arbeitskreise, Bonn (1989), S. 93-99.
    Gerl-Falkovitz erachtet aufgrund der aggressiven Auslebung der Machtposition in der Tötung des Ungeborenen den „Zusammenhang von Abtreibung und Friedenszerstörung [als] höchst nachdenkenswert und einleuchtend“. Gerl-Falkovitz H.-B., Frieden durch Frauen?, (1994), S. 11 f.
  76. „Ihre Weigerung, leiblich zu gebären, macht sie geistlich unfruchtbar für die Menschheit“. Croissant J., Priesterliche Frau (1993), S. 126
  77. Vgl. Stein, Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 181.
  78. Vgl. u. a. z. B. Stein E., Eine deutsche Frau und große Karmelitin, in: Edith-Steins-Werke (ESW), Bd. XII, S. 139-150.
  79. Stein E., Eigenwert (1928), ESGA 13, S. 11. „Sie [die Frauen] sollen alle die vergessenen und bedrohten Kinder in ihren Herzen tragen“. Croissant, Priesterliche Frau (1993), S. 148
  80. Le Fort G., Ewige Frau (1938), S. 126.
  81. „Die Frau hat er [Gott] berufen, in all ihren Beziehungen zur Schöpfung Mutter zu sein, und Mutter sein bedeutet, sein Leben einzusetzen.“ Croissant J., Priesterliche Frau (1993), S. 131.
  82. Eine solche Haltung ist auch dem Mann möglich. In der Verwandlung durch die Gnade erheben sich Mann und Frau jeweils über die Begrenztheiten der natürlichen geschlechtlichen Eigenart. „Je höher man aufsteigt zur Verähnlichung mit Christus, desto mehr werden Mann und Frau gleich … Damit ist die Beherrschung durch das Geschlecht vom Geistigen her aufgehoben.“ Stein E., Diskussion, ESGA 13, S. 246.
    Vgl. auch: Stein E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, S. 78.
  83. Vgl. Stein, Diskussion, ESGA 13, S. 242, ebd., S. 35.
  84. Ebd., S. 58. In der hebräischen Bibel wird der hier gebrauchte Ausdruck an mehreren Stellen als göttliches Attribut in Bezug zu Jahwe gebraucht, z. B.: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe [ezer]?“ Ps 121, 1
    Vgl. Schlüngel-Straumann H., Genesis 1-11, in: Schottroff L. u. a. (Hrsg.), Kompendium Feministische Bibelauslegung, Verlag, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1998, S. 1-11, 4.
  85. Stein E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 83. „Durch ihre Sicht von ihm und durch das Gespräch gewährt sie ihm Zugang zu seiner eigenen Persönlichkeit als Mann, macht ihn offen für seine Berufung und unterstützt ihn in seinem Tun. Das ist allerdings nur möglich, wenn die Frau ihrerseits anerkennt, daß sie vom Mann verschieden und ihm doch ebenbürtig ist, sein ‚Gegenüber’, aber nicht in geborgter Männlichkeit, sondern in ihrer eigenen, unersetzlichen Weiblichkeit.“ Croissant J., Die priesterliche Frau, 1993, S. 7.
  86. Vgl. Stein  E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, S. 58.
  87. „Daß Adam der ergänzenden Gefährtin bedurfte, und daß beide bestimmt waren, ein Geschlecht von Menschen hervorzubringen, scheint mir darauf hinzuweisen, daß er allein nicht die Fülle der Menschheit in sich verkörperte, sondern daß sie erst durch das ganze Geschlecht verwirklicht werden sollte.“ Stein E., Endliches und ewiges Sein. Versuch eines Aufstiegs zum Sinn des Seins, ESW II, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau (1986), S. 480
  88. Stein  E., Das Weihnachtsgeheimnis. Mit einer Einführung von Hanna-Barbara Gerl, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau (1988), S. 54.
  89. Stein  E., Die Bestimmung der Frau (1931), ESGA 13, S. 50
  90. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 166, Deutsche Bischofskonferenz, Bonn (2004)
  91. Vgl. dazu Westerhorstmann K., Die Kirche in der Defensive? Anmerkungen zum Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt (2004), in: ThGl 95 (4/2005), S. 463-480, 475 f.

Anschrift der Autorin:

Dr. Katharina Westerhorstmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Theologischen Fakultät Paderborn
Kamp 6, D-33098 Paderborn
k.westerhorstmann(at)gmx.de

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: