Das Risiko, dass eine Chemotherapie im zweiten oder dritten Drittel der Schwangerschaft dem Kind dauerhaft Schäden zufügt, ist offenbar gering. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie in Lancet Oncology (2012; doi: 10.1016/S1470-2045(11)70363-1), die intrauterin exponierte Kinder teilweise bis zum Erwachsenenalter begleitet hat, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online 10.2.2012).
Frédéric Amant vom Krebsinstitut der Katholischen Universität Löwen in Belgien untersucht zusammen mit Kollegen aus den Niederlanden und Tschechien seit 2005 Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft eine Chemotherapie erhalten hatten. Die Kinder wurden nach der Geburt, im Alter von 18 Monaten und im Alter von fünf, acht, neun, elf, 14 und 18 Jahren einer Reihe von neurologischen Tests unterzogen.
Bislang liegen Ergebnisse zu 70 Kindern aus 68 Schwangerschaften vor. Die Mütter waren zumeist an Brustkrebs erkrankt. Sie hatten insgesamt 236 Zyklen einer Chemotherapie erhalten. Am häufigsten wurden die Anthracycline Doxorubicin, Epirubicin, Idarubicin und/oder Daunorubicin eingesetzt.
Amant fand bisher keinen Hinweis darauf, dass die Kinder durch die Krebsbehandlung geschädigt wurden. Auch die neurokognitive Entwicklung sei normal, berichtet er. Nur bei den Kindern, die vorzeitig entbunden wurden - teilweise geschah dies, um sie vor einer Exposition durch eine Chemotherapie ihrer Mutter zu schützen - wurden leichte Defizite entdeckt. Auch hier entsprachen die Ergebnisse aber den Werten, die bei Frühgeborenen von nicht an Krebs erkrankten Müttern gemessen werden. Nun seien Langzeitstudien mit mehr Kindern angezeigt.
Amant rät dazu, die Indikation für eine frühzeitige Einleitung der Geburt („iatrogene Frühgeburt“) zurückhaltend zu stellen. Eine Therapie im ersten Drittel ist bei Onkologen tabu, da sich in dieser embryonalen Phase die Organe entwickeln. In der Praxis sei, so die Studie, eine Chemotherapie ab einem Gestationsalter von 14 Wochen möglich unter Berücksichtigung der pränatalen Vorsorge.