Ein Frauenarzt aus Südbaden muss wegen eines ungewollten Kindes Schadenersatz an die ledigen Eltern zahlen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Der Gynäkologe muss wegen eines Behandlungsfehlers bei der Verhütung die Unterhaltskosten für den im Dezember 2002 geborenen gesunden Buben rückwirkend von dessen Geburt bis zum 18. Lebensjahr in Höhe des Existenzminimums tragen. Dem Arzt war im Februar 2002, als er das Verhütungspräparat „Implanon“, das im einem wenige Zentimeter langen Plastikröhrchen in den Oberarm implantiert wurde, ein Fehler unterlaufen. Wenige Wochen danach kam es bei der damals 21-jährigen Frau zu einer ungewollten Schwangerschaft, das Röhrchen konnte nicht mehr gefunden werden. Die Erzieherin konnte wegen der Schwangerschaft und der Betreuung des Kindes eine zugesagte Arbeitsstelle in der Schweiz nicht antreten. Der BGH argumentierte in seinem Urteil, dass eine Ersatzpflicht des Arztes auch dann bestehe, „wenn die gegenwärtige berufliche und wirtschaftliche Planung einer jungen Frau durchkreuzt wird und die zukünftige Planung noch nicht endgültig absehbar ist“. Entscheidungen des deutschen BGH sind auch für den österreichischen OGH und seine Rechtsauslegung von Bedeutung. Deutschland darf hier für Österreich kein Vorbild werden. Denn nicht nur die Frage nach dem ärztlichen Kunstfehler, sondern auch die Frage nach dem Wohl des Kindes ist zu stellen, heißt es in einem kritischen Kommentar zum dem Fall in der Tageszeitung Die Welt (15. 11.). Das geschichtlich belastete Prädikat „lebensunwert“ habe man durch das politisch korrekte „unerwünscht“ ersetzt. Nun müsse das Kind sein Leben lang mit dem amtlich bestätigten Urteil fertig werden, dass es unerwünscht war. „Die Eltern haben alle Rechte, das Kind hat keine. Es muss verhütet oder abgetrieben werden, als Schaden. Aus diesem Grunde ist das Urteil ein Skandal“, kritisiert Die Welt. Dass es in Österreich nicht Schule macht, bleibt zu hoffen.
Bioethik aktuell
Deutschland: Arzt haftet auch bei Verhütungsfehler für ungewolltes Kind
"Kind als Schaden"-Urteil des deutschen BGH darf für Österreich kein Vorbild werden
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