Editorial

Imago Hominis (2003); 10(4): 205-206

Rund 5 Mio. Menschen (4 Mio. Männer, 1 Mio. Frauen) weltweit sterben jährlich an den Folgen des Rauchens. Die WHO hat in ihrem letzten Bericht festgestellt, dass die durchschnittliche Anzahl der DALYs (disability adjusted life years), die die Raucher verlieren, bei den Männern 11 und bei den Frauen 10 Jahre beträgt. Dies entspricht einer vorzeitigen Sterblichkeit von ca. 9 (Männer) bzw. 8 Jahren (Frauen), dazu kommen noch durchschnittlich zwei Jahre schwerer Krankheit. Man kann also mit Sicherheit sagen, dass jährlich weltweit rd. 44 Mio. gesunde Lebensjahre aufgrund des Rauchens vernichtet werden, und zwar rd. 36 Mio. männliche Lebensjahre (4 Mio. x 9 Jahre) und 8 Mio. weibliche (1 Mio. x 8 Jahre). Die Gesundheitsschäden und die letale Wirkung des Tabakrauchens steigen, und die Prognosen für die nächsten zwanzig Jahre sehen düster aus. Die Zahl der Menschen, ganz besonders der Männer, die wegen des Tabakrauchens sterben, wächst kontinuierlich. Im Jahr 2000 starben weltweit 4,9 Mio. Menschen an den Folgen des Tabakkonsums, davon 3,9 Mio. Männer, das sind 8,8% aller Todesfälle von Männern.1 In Österreich sehen die Zahlen analog dazu noch schlechter aus – 2001 starben 7.900 Männer (22,9%) und 3.745 Frauen (9,3%), also insgesamt 11.645 Personen (15,5% aller Todesfälle) auf Grund des Rauchens frühzeitig, wie sich aus den Berechnungen schließen lässt. Mit einem Wort: in Österreich könnte man durch Nicht-Rauchen jährlich rd. 12.000 vorzeitige Sterbefälle von Menschen, die im Durchschnitt ca. 9 gesunde Jahre länger gelebt hätten, vermeiden.2

Die Lage ist wirklich dramatisch, ernst genommen wird sie trotz Warnungen und Appelle der WHO jedoch nicht. Man hat es hier mit einem großen Problem der öffentlichen Gesundheit zu tun, das scheinbar nicht richtig angepackt werden kann. Das Tabakrauchen ist ein seit Jahrhunderten fest verwurzeltes kulturelles Phänomen, das vielfältige soziologische, anthropologische, ökonomische und politische Aspekte hat. Für viele ist es einfach ein schicksalhaftes Phänomen, das einfach hinzunehmen ist und keine politische Lösung hat. Ist das richtig? Können sich die Verantwortlichen der öffentlichen Gesundheit so leicht aus der Affäre ziehen? Trifft hier wirklich den Staat und den einzelnen Raucher, wie auch den Nichtraucher keine moralische Verantwortung? Warum ist die Einsicht in dieses Problem so gering? Welche Ansätze gäbe es für eine Lösung?

Mit diesen Fragen wollen wir uns in den kommenden Ausgaben von Imago Hominis auseinandersetzen. Im vorliegenden Heft werden die medizinischen und rechtlichen Aspekte ausgearbeitet. Wir wollen aktuell dokumentieren, welche gravierenden Auswirkungen das Tabakrauchen hat und wie weit das Ausmaß der Schäden reicht. F. Kummer bringt zunächst in einer Übersichtsarbeit alle gesicherten Risiken im Zusammenhang mit dem Tabakrauchen. M. Neuberger bespricht die Luftverschmutzung durch Tabakrauch und die respektive Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen. C. Leithner und I. Exner zeigen auf, dass das sog. „leichte" Rauchen nicht verharmlost werden darf. Letztlich bringt W. Auner den aktuellen Stand der Gesetzgebung in Österreich.

F. Kummer hat nach mehreren Jahren loser Zusammenarbeit mit Imabe die Kooperation intensiviert: ab 2004 wird er der dritte Herausgeber sein. Wir freuen uns darüber und denken, dass damit eine neue Ära – die nächste Dekade von Imago Hominis – anbricht. Mit dieser letzten Ausgabe von 2003 konnte auch das 10-jährige Jubiläum unserer Quartalsschrift gefeiert werden. Allen Lesern von Imago Hominis wünschen wir gesegnete Weihnachtstage und hoffen, dass Sie uns auch im nächsten Jahr die Treue halten werden.

Die Herausgeber

Referenzen

  1. World Health Organisation, The World Health Report 2002. Reducing Risks, Promoting Healthy Life, Annex Table 11
  2. Schätzungen des Imabe-Instituts aufgrund der Sterbestatistik Österreich laut dem Statistischen Jahrbuch der Republik Österreich, World Health Report und Peto L. et al., Mortality from smoking worldwide, Br Med Bull (1996); 12: 2152
Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
Unterstützt von: