Kommunikation und Ethik im Pflegeheim: eine qualitative Erhebung

Imago Hominis (2015); 22(2): 123-132
Monika Feuchtner, Marion Stoll

Kommunikation spielt in der Pflege eine tragende und prägende Rolle.1 Der Mensch ist ein soziales Wesen und damit wesentlich angewiesen auf Kommunikation. Die Kommunikationsfähigkeit nimmt jedoch mit dem Alter aufgrund von Krankheit und Gebrechlichkeit ab, sie wird störungsanfälliger. Dieser Verlust muss im Pflegeheim durch die Pflegenden kompensiert werden. Als soziales Wesen braucht der Mensch die Interaktion mit anderen Menschen, im Besonderen in den vulnerablen Phasen seines Lebens. Kommunikation befähigt den Menschen, Beziehungen aufzubauen und zu unterhalten. Sie zeichnet sich durch Vielschichtigkeit und Variabilität aus: Das Sich-Mitteilen erfolgt verbal, aber auch auf nonverbaler Ebene wie etwa der Körpersprache.

Die vorliegenden Ergebnisse sind Teil einer breiter angelegten Untersuchung zum Thema „Ethische Aspekte des Schmerzmanagements anhand der Praxis in ausgewählten Pflegeheimen von SeneCura“. Ziel des Forschungsprojektes war, die ethische Dimension der Schmerzbehandlung vor allem unter den Aspekten von Sinngebung, Geborgenheit und Sicherheit zu evaluieren. Die Datenerhebung wurde in drei Pflegeheimen der SeneCura Kliniken- und HeimebetriebsgmbH durchgeführt. Mittels Methoden der qualitativen Sozialforschung2 wurden die Sicht- und Handlungsweisen der befragten Pflegepersonen im Hinblick auf die ethischen Aspekte des Schmerzmanagements ermittelt.

Drei episodische Interviews mit Wohnbereichsleiterinnen sowie drei Gruppendiskussionen mit Pflegenden3 ermöglichten verschiedene Blickwinkel auf das Pflegegeschehen, wodurch soziale Wirklichkeit abgebildet und Prozesse4 rekonstruiert werden konnten. Es stellte sich dabei heraus, dass der Bereich der Kommunikation für die Pflegenden zentral ist: Dies zeigte sich in der Häufigkeit, mit der das Thema in Interviews und Gruppendiskussionen vorkam und auch als Faktor mit hoher Relevanz bei zahlreichen anderen behandelten Themen genannt wurde. Wie kann Kommunikation zur Sinngebung, Geborgenheit und Sicherheit der Bewohner vor allem auch im Kontext des Schmerzmanagements beitragen? Mit welchen Herausforderungen oder Hindernissen sind Pflegende in ihrem Bemühen um eine gute Kommunikation konfrontiert? Welche ethischen Dimensionen verbinden die Pflegenden mit sozialer und kommunikativer Kompetenz?

Die Ergebnisse der Auswertung5 wurden in einem Zwischenbericht dargestellt. Dieser enthielt auch Empfehlungen für Workshops in der zweiten Phase des Projektes. Zwei ausgewählte Workshops, darunter auch einer zum Thema Kommunikation, wurden jeweils in den drei beteiligten Häusern durchgeführt. Im Endbericht wurden schließlich die Workshops und deren Wirkungen evaluiert und weitere Empfehlungen erarbeitet. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf ausgewählte Ergebnisse aus dem Themenkreis Kommunikation und Ethik.

1. Zur Kommunikation in der Pflege

Auch der betagte Mensch will als ein Du behandelt werden, entsprechend seiner Würde. Daraus ergibt sich eine ganz konkrete ethische Anforderung an den Pflegeberuf: die soziale Kompetenz. Gerade im pflegerischen Alltag ist diese Kompetenz auf verschiedenen Ebenen ständig gefordert, sei es in der unmittelbaren Pflege des Bewohners, in der Kommunikation mit den Angehörigen oder auch innerhalb des Pflegeteams bzw. mit den unmittelbaren Vorgesetzten.

Gespräche mit den Bewohnern gehören gemeinsam mit der nonverbalen Kommunikation zum Pflegealltag und sind wesentlich: Sie verfolgen nicht immer ein spezifisches Ziel, ergeben sich oft einfach im Alltag und gehören zugleich zum wesentlichen therapeutischen Instrumentarium des Pflegeberufes, wie aus der Erhebung klar hervorging. Gesprochen wird über Banales und Schwerwiegendes, über Oberflächliches und Essentielles, zielorientiert oder nur plaudernd.

1.1 Eine tragfähige Pflege-Bewohner-Beziehung als Basis

Auch wenn das Gespräch nicht immer aus einer konkreten Absicht heraus erfolgt, so dient es in jedem Fall dazu, den Bewohner in seiner Individualität und Persönlichkeit besser kennen zu lernen und so eine tragfähige Pflege-Bewohner-Beziehung aufzubauen, wie die Pflegenden immer wieder hervorgehoben haben. Vor allem die konkrete Biografiearbeit sei hierfür sehr hilfreich, ja unabdingbar.

Sie beginnt bereits mit dem Einzug ins Heim. Auf diese Weise könne zumindest in einigen Punkten eine Kontinuität zum früheren Leben ermöglicht werden, berichten die Pflegenden. Aus der Lebensgeschichte des Bewohners könne man Wünsche, wie zum Beispiel Schlaf- und Essgewohnheiten, Körperpflege, Tagesrhythmus, Vorlieben beim Aufstehen, Lieblingsbeschäftigungen etc. ablesen. (vgl. F 100-102, A 278-279) Die Pflegepersonen stimmen sich täglich mit dem Bewohner über die zeitliche Planung seiner Gewohnheiten und Rituale ab: „Das ist ein tägliches Gespräch, das ist ein tägliches Vertrauen-Schaffen, das ist ein tägliches Rituale-Organisieren.“ (A 266-267) Die vereinbarten Abläufe werden in der Pflegeplanung vorgesehen und im Team besprochen. (vgl. A 293-295)

Häufig werden im Rahmen dieser Pflege-Bewohner-Beziehung Optionen angeboten und Vereinbarungen getroffen, um eine gewisse Führung des Bewohners zu seinem Wohl zu ermöglichen. Davon abweichende ad-hoc Entscheidungen der Bewohner werden dabei aber immer, wenn es möglich ist, respektiert. „Man versucht nachher, ihm die Möglichkeit als Optionen, ein paar Optionen zu geben, wo ER nachher entscheiden kann: ‚Die möchte ich.’ Und es gibt ihm auch wahrscheinlich diese Genugtuung, dass er sagt, okay, jetzt habe ich entschieden.“ (B 324-327)

Nach etwa drei Wochen kennt man die wichtigsten Rituale des Bewohners. (vgl. F 352-353) Bei Bewohnern mit Demenzerkrankung dauert dies mitunter länger. (vgl. A 287-289) Später suchen die Pflegenden auch noch eine ruhige Stunde, um den Bewohner besser kennenzulernen. (vgl. C 393-394) Aufgrund des zeitlichen Drucks bleibt neben der normalen Pflegetätigkeit zu wenig Zeit, die Biografie zu ergründen. Dafür können spezielle Dienste in Anspruch genommen werden, in denen man sich ausschließlich der Bezugspflege widmet und die Wünsche des Bewohners in den Fokus nimmt. (vgl. B 366-368)

Zum besseren Verständnis von Reaktionen und Haltungen des Bewohners ist für die Pflegenden auch das Gespräch mit Angehörigen notwendig und hilfreich: „Für uns ist es wichtig, mit Angehörigen zusammen zu arbeiten und immer herauszufinden, warum jemand so reagiert, wie er reagiert.“ (B 269-271) Besonders dann, wenn der Bewohner selbst nicht mehr in der Lage ist, Auskunft über seine Biografie zu geben, sind Gespräche mit den Angehörigen unerlässlich. (vgl. E 1018-1019)

Gespräche ermöglichen es, möglichst gut und individuell auf die Heimbewohner einzugehen und sie gezielt zu fördern: Sie unterstützen die Motivation, aber auch das Kennenlernen ihrer Fähigkeiten, Stärken, Wünsche und Interessen: „… im Gespräch fangen die nachher ihre Wünsche zu äußern, was sie gern hätten, was sie lieber hätten.“ (B 346-347) Diese Wünsche können auch nonverbal geäußert werden.

Im Rahmen der aktivierenden Pflege bemühen sich die Pflegenden, die Bewohner auf der Grundlage vorhandener Fähigkeiten und Interessen gezielt zu fördern. Als integrierender Bestandteil zählt dazu häufig, dem Bewohner eine positive, hoffnungsvolle und optimistische Sichtweise zu öffnen, vor allem ihm zu helfen, einen Sinn im Leben, auch in einem Leben mit Leiden, zu entdecken. „Das sagen wir ihnen. Wir sind froh, dass Du da bist. Du bist wichtig für uns. Und dann, wenn Bewohner fragen, warum bin ich wichtig für euch? Schau mal her, du hast jetzt gerade mit dem geredet, dem hat das gut getan. Oder, du hast ihn zum Lachen gebracht.“ (C 728-731) Für diese gezielte Förderung des Bewohners ist das Gespräch das Um und Auf.

Die in der Biografiearbeit ermittelten Stärken und Fähigkeiten eines Bewohners dienen unter anderem dazu, ihn im Rahmen der Pflege zu motivieren. (vgl. A 321-324, F 41-43) Gerade wenn die geistigen Fähigkeiten nachlassen, ist es wichtig, Reize zu kennen, auf die er anspricht. (vgl. C 393-397) Es werden entsprechende Tätigkeiten organisiert, kleinere Aufträge delegiert oder Verantwortung für bestimmte Dienste übertragen: „Vor 14 Tagen haben unsere Damen Nusskipferl gebacken. Die Damen haben die Kipferl gebacken und die Herren haben zwei Tage vorher die Nüsse ausgelöst.“ (A 328-331)

In den Interviews stand die therapeutische Perspektive der Pflege-Bewohner-Gespräche zwar im Vordergrund, zugleich wurde deutlich, dass die Pflegenden selbst durch Gespräche mit Bewohnern eine Bereicherung erfahren können, etwa weil sie dadurch an der Erfahrung der älteren Menschen teilhaben können. „Umgekehrt ist das für mich oft ein sehr großer Erfahrungswert, persönlich auch. Also da gibt es auch für uns einiges zum Mitnehmen von diesen Gesprächen.“ (A 653-655)

In den Workshops zeigte sich, dass Konflikte mit den Bewohnern primär dort auftreten, wo Heimbewohner verbal auf Distanz gehen, die Pflegepersonen gegeneinander ausspielen oder die Angehörigen einen Konflikt mit der Pflege über die Bewohner austragen, was sich auch auf die Beziehung zu denselben auswirkt.

1.2 Angehörige als Angelpunkt im Beziehungsdreieck

Die Familie ist das natürliche Umfeld jedes Menschen, das bei einer Veränderung der Lebensumstände nicht plötzlich wegfällt, sondern bis zu seinem Tod von großer Bedeutung ist. Auch nach dem Umzug ins Pflegeheim hört die Familie des Bewohners nicht auf, seine Familie zu sein. Deshalb ist im Pflegeheim die Integration der Familie des Bewohners – sofern diese vorhanden – ein wesentlicher Faktor für dessen Betreuung. Die Pflegenden wünschen sich, dass das Beziehungsdreieck Bewohner – Angehörige – Pflegeperson möglichst reibungslos und einvernehmlich funktioniert.

Wenn ein Bewohner ins Pflegeheim zieht, ist es wichtig, neben der Vertrauensbasis zum neuen Bewohner auch eine zu dessen Angehörigen aufzubauen. Dadurch können Konflikte schon von Anfang an präventiv entschärft oder sogar verhindert werden. Gespräche mit den Angehörigen ergeben sich meist von selbst: „indem man gerade im Zimmer ist, gerade pflegt. Man stellt sich vor, Erstgespräch und dann geht es dann schon weiter“. (E 1050-1051) Häufig wenden sich die Angehörigen mit ihren Fragen auch von selbst an die Pflegepersonen: „‚Wie war denn der Papa heute? Wie war denn die Mama heute? Was hat sie gegessen? Hat sie es gegessen? Ja, super, fein!’ (…) Und so kommt man dann ins Gespräch. Es ist nicht so, dass ich schreie: ‚Grüß Gott! Ich bin die Pflegehelferin. Kommen Sie einmal her bitte, wir haben Ihnen was zu sagen.’ Sondern das passiert meistens im Zimmer.“ (E 1056-1060)

Einfühlsame Gespräche mit den Angehörigen nach dem Heimeinzug des Bewohners können für diese sehr heilsam sein: „Vielleicht braucht die Angehörige auch ein bisschen Unterstützung, eine seelische, dass sie vielleicht auch ein bisschen mit jemanden reden kann, der in der Situation ist. Dass man auf das ein bisschen eingeht.“ (E 1024-1026) Die Angehörigen haben das Bedürfnis, dass jemand auf sie eingeht, ihnen zuhört. Viele haben ein schlechtes Gewissen, weil sie den Vater oder die Mutter ins Pflegeheim geben. Werden diese Aspekte angesprochen, können Konflikte verhindert werden: „Das ‚Wind aus den Segeln nehmen’ sind oft zwei, drei Sätze. ‚Sie haben das Richtige getan.’ ‚Sie haben den Vater lange genug gepflegt.’ ‚Es war jetzt der richtige Augenblick.’ Oder gleich am Anfang erklären: ‚Die Mutter wird vier Wochen brauchen, bis sie sich eingewöhnt. Und wir umgekehrt brauchen ca. vier Wochen, bis wir Ihre Mutter richtig kennen lernen.’ Ich denke, dass das oft sehr viel auch an Angst nimmt.“ (A 498-502)

Die häufige, selbstverständliche Kommunikation verbessert die Beziehung zwischen Angehörigen und Pflegenden: „Und je mehr man das Gespräch sucht, umso öfter kommen die Angehörigen natürlich auch. Und umso leichter wird das.“ (A 515-517) Darüber hinaus wird dadurch auch Krisensituationen vorgebeugt: „(…) gewissen Sachen kannst du von vornherein schon aus dem Weg gehen, indem du wirklich mit den Angehörigen (…) kommunizierst (…) Dass du schon einmal ein bisschen was weißt von ihnen.“ (E 1134-1136) Dabei werden Gespräche nicht nur vonseiten der Pflegenden gesucht: „Und die Angehörigen kommen zu uns und sagen: ‚Mir ist aufgefallen, meine Mama so und so’ Und dann redet man darüber.“ (C 502-504)

Manche Angehörige möchten mehr in den Pflegeprozess eingebunden werden. Dabei ist es hilfreich, auf die persönliche Pflegeerfahrung der Angehörigen zurückzugreifen: „Also, es gibt solche und solche. (…) Da muss man sie vielleicht einmal fragen: ‚Wie haben Sie das gemacht?’ Vielleicht erwarten sie sich das ganz einfach, dass sie mit eingebunden werden in der Pflege.“ (D 1188-1191) Zur Aufrechterhaltung einer guten Kommunikation dienen nach einer ersten Pflegevisite – etwa ein Monat nach Eintritt des Bewohners – auch die regelmäßigen, zweimal jährlich stattfindenden Pflegevisiten. (vgl. B 776-779)

Dennoch kommt es immer wieder zu Konflikten mit den Angehörigen. In diesen Fällen sucht das Pflegepersonal das Gespräch mit den Angehörigen, um die Sachlage zu klären, Unstimmigkeiten auszuräumen und Vereinbarungen zu treffen: „Da wird auf jeden Fall mit den Angehörigen gesprochen“. (A 477-478) Wenn jedoch nicht mit der notwendigen Bereitschaft und Offenheit auf beiden Seiten kommuniziert wird, können sich die Beziehungen emotional aufschaukeln und schließlich verhärten: „Man bemüht sich ja von Anfang an mit Angehörigen, aber irgendwann wenn es nicht mehr passt, dann sagt man ‚Grüß Gott und Auf Wiederschaun!’“ (D 1146-1147)

Für den Umgang mit Fehlern ist eine ehrliche und offene Kommunikation entscheidend: „Man schaut wieder im Gespräch, wo der Fehler passiert ist. Man entschuldigt sich auch, wenn wir das in der Gruppe besprechen und herausfinden, dass es bei uns passiert ist. (…) Wir vereinbaren wieder ein Gespräch, reden wir nachher mit den Angehörigen. (…) Weil Fehler passieren überall, das muss man ehrlich zugeben und schauen, was man besser machen kann daraus.“ (B 808-815)

Bei schweren Konflikten können extra Pflegevisiten eingeplant werden: „Wenn so was kommt, dann reagieren wir sofort. Dann vereinbaren wir einen Termin und machen wieder Pflegevisite.“ (B 776-778) Dabei werden die Probleme und die Erwartungen der Angehörigen besprochen und in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten, insbesondere dann, wenn die Erwartungen überzogen und vom Heim nicht erfüllbar sind. (vgl. B 780-782)

In einem weiteren Schritt können Gespräche mit den Angehörigen an die Leitungsebene abgegeben werden: „Und wenn irgendwelche Unstimmigkeiten sind, dass sie nachher direkt auf uns, also Wohnbereichsleitung, auf Pflegedienstleitung und Heimleitung diese Gespräche weiterleiten. Und schon auf dieser Ebene funktioniert es nachher leichter. Auch mit den Angehörigen.“ (B 178-181, vgl. auch B 762-769)

1.3 Ausgleich durch das Team

Eine weitere Kommunikationsebene, die allerdings nicht im Fokus der Erhebung stand und auf die hier nicht detaillierter eingegangen wird, entfaltet sich in der Beziehung der einzelnen Personen innerhalb des Pflegeteams.

Generell berichten die Pflegenden von einer guten Zusammenarbeit im Team: „Team ist extrem wichtig, gerade in dem Bereich. Reden kommen immer die Leute zusammen. Und Teamarbeit, das Schönste, Beste, Wichtigste, was es gibt. Ist so. Und wenn es mir einmal nicht gut geht, hilft die Kollegin und umgekehrt.“ (E 579-581)

Wie sich in einem Workshop herausstellte, gibt es jedoch trotz besten Willens von allen Seiten immer wieder Situationen, in denen Schwierigkeiten, die sich durch die Eigenheiten und verschiedenen Persönlichkeiten des Pflegepersonals ergeben, nicht direkt angesprochen werden und dadurch zu einer Belastung werden können.

Offene Gespräche innerhalb des Pflegeteams sind daher wesentlich: Sie schaffen ein angenehmes Arbeitsklima, dienen zur Besprechung und Aufarbeitung belastender Situationen und helfen zur gemeinsamen Lösungsfindung bei Schwierigkeiten und Problemsituationen.

2. Herausforderungen für die Kommunikation im Pflegealltag

Im Alltag zeigt sich, dass trotz der besten Grundvoraussetzungen und der prinzipiellen Bereitschaft von allen Seiten Kommunikation dennoch in eine Schieflage geraten kann. Die Arbeitslast, der Zeitdruck, die alltäglichen Herausforderungen der pflegerischen Tätigkeit, dazu noch kleinere Meinungsverschiedenheiten oder größere Konflikte können dazu führen, dass Kommunikation ungewollt in eine Einbahnstraße führt oder gar scheitert.

2.1 Der Faktor Zeit

Die Zeit stellt für die Pflegepersonen eine besondere Herausforderung dar: Prinzipiell besteht im Rahmen der Pflegetätigkeit ein großer Zeitdruck, der das Gefühl vermittelt, keine Zeit für Gespräche zu haben: „Also ich habe nicht das Gefühl, ich habe Zeit. Das sage ich ganz offen. Ich habe das Gefühl nicht.“ (D 526-527) Gespräche brauchen aber Zeit. Nicht immer kann man dafür Leerlaufzeiten nützen und auf Knopfdruck wichtige Gespräche provozieren. Dafür besteht vonseiten des Pflegepersonals große Sensibilität: „Ich weiß nicht, ob ich jetzt jemanden so ad hoc, der mich fragt: ‚Erzählen Sie mir etwas von Ihrem Leben!’ wirklich was erzählen will. Aber es entstehen im Laufe des Zusammenlebens – denn in einem Pflegeheim lebt man ja zusammen – kommen diese Erzählungen von selbst oft.“ (A 305-308)

Meist ergeben sich solche Gespräche – auch über schwerwiegende Themen – von selbst, ohne dass man sie geplant oder vorgesehen hat, immer wieder vielleicht auch dann, wenn man gerade wenig Zeit dafür hat. „Solche Gespräche sind sehr häufig und passieren laufend. Das sind so Gespräche, die können bei der Körperpflege passieren. Gerade in solchen Momenten, wo man so viel körperliche Nähe zu einander hat.“ (A 639-641)

Der Zeitdruck macht sich aus Sicht der Pflegenden vor allem dann bemerkbar, wenn sie jemandem Zeit widmen wollen, die von offizieller Seite nicht „vorgesehen“ ist. Denn bei der Berechnung des Pflegebedarfs und des Pflegeschlüssels werden Gespräche als spezifische pflegerische Leistung viel zu wenig berücksichtigt, wenn man sie etwa mit dem berechneten Pflegeaufwand für die Körperpflege vergleicht. Die vorgeschriebenen pflegerischen Pflichten decken sich oftmals nicht mit den Bedürfnissen der Bewohner.

Den Bewohnern Zeit für Gespräche zu widmen, betrachten die Pflegenden als durchwegs notwendig und gut. Auch wenn die Zeit knapp ist, wird zugunsten eines Gespräches die Zeit bei anderen Tätigkeiten eingespart, da man die Erfahrung gemacht hat, dass eine so investierte Zeit sich auch auf viele andere Ebenen der Pflege auswirkt: „Oftmals ist es vielleicht wirklich gescheiter, wenn du jetzt mit ihm ein Gespräch führst und nachher dafür die Körperpflege, nachher machen wir halt das Gesicht und vielleicht den Intimbereich, und den Rest / Dass vielleicht das Gespräch für ihn wirklich wichtiger ist als die Körperpflege.“ (F 407-410)

Diese Einstellung ist so tief verwurzelt, dass, um diesem Anspruch gerecht zu werden, auch Überstunden zum Wohl des Bewohners in Kauf genommen werden: „Und ich denke mir oft, lieber bleibe ich eine halbe Stunde länger. Gerade wie es am Abend oft ist, wenn du die Leute ins Bett tust, sie wollen reden, (…). Ich schreib die Zeit nicht, es ist im Endeffekt nachher das, wo ich mir denke, ich hab ihm etwas Gutes getan.“ (F 558-562) Ein solches Verhalten mag vielleicht von besonderem persönlichen Engagement zeugen, kann die betreffende Pflegeperson jedoch in Bezug auf Burnout gefährden.

Als sehr gute Erfahrung erwies sich die Einführung eines Extradienstes, in dessen Rahmen sich solche Gespräche noch leichter ergeben und der Zeitdruck des Pflegealltags wegfällt: „Für diese Bezugspflege hat jeder Pflegehelfer im Monat extra Dienst acht Stunden. Also jeder von der Gruppe, vier Pflegehelfer, eine Schwester. Extradienst nicht jetzt im Rahmen des normalen Pflegedienst, sondern acht Stunden zusätzlich, wo er nur Bezugspflege hat. Und an diesem Tag werden diese Bewohner ‚verwöhnt’ sagen wir.“ (B 359-363)

2.2 Pflegedokumentation: Überbordende Bürokratie vs. Qualitätssicherung

Jeder Bewohner hat das Recht, seiner Würde als Person entsprechend gepflegt zu werden. Diese ethische Dimension erlaubt es, die Pflegedokumentation auch als Dienst am Bewohner zu erkennen. Die Erhebung sollte zeigen, ob dies im Pflegealltag auch so gesehen wird.

In den Gesprächen spiegelt sich die allgemeine Wahrnehmung der Pflegedokumentation wider: Sie ist ein ebenso wichtiges wie umstrittenes Thema.

Zum einen empfindet das Personal die Dokumentation und aufwendige Pflegeplanung als Zeitfresser. Diese Zeit fehlt dann für die Bewohner als Leidtragende: „wir müssen viel zu viel dokumentieren. Und die Zeit fehlt dem Bewohner.“ (F 578-579) Durch die Dominanz der Dokumentation können die Pfleger in einen Zwiespalt geraten: „Mensch, muss ich jetzt das schreiben? Ich wäre jetzt lieber beim Bewohner.“ (C 786-787) Wichtiges soll dokumentiert werden, denken die Pflegepersonen, aber die Pflegeplanung sollte nicht so aufwendig sein. (vgl. C 780-781)

Die Pflegedokumentation kann auch zur wirklichen Belastung werden: „Sicher, es ist schon so, dass man sich sicher oft denkt, und ich bin mir ziemlich sicher, jeder denkt: ‚Muss ich schon wieder das und das eintragen.’“ (E 606-608)

Einige Pflegende nehmen es auch als ein Zeichen mangelnden Vertrauens wahr, wenn sie alles dokumentieren müssen: „Dass es so Dinge gibt, dass Pflegepersonal dokumentieren muss, dass man einem Menschen Essen gegeben hat. Das tut manchen Pflegepersonen weh. Dass das Pflegepersonal so wenig Vertrauen hat, dass man sogar solche Dinge dokumentieren muss. Ja, rein rechtlich, wenn ich das nicht dokumentiere, hat dieser Bewohner den ganzen Tag kein Essen bekommen. Da habe ich ihn hungern lassen. Und dass unser Berufstand so extrem wenig Vertrauen genießt.“ (A 971-976)

Andererseits wird die Dokumentation durchaus auch als positiver Impuls für die Verbesserung des Bezugs zum Bewohner wahrgenommen: „wenn Mitarbeiter bei der Pflege (...) so viele Beobachtungen machen können, die dann auch dokumentiert werden (…), dann habe ich einen anderen Bezug und ein anderes Verhältnis zu ihm.“ (A 445-450) Nicht zuletzt stellt die Dokumentation auch eine Absicherung für die Pflegenden dar: „Und im Endeffekt, wenn dann wirklich irgendwas ist, naja, dann ist man doch froh, dass man es halt doch eingetragen hat.“ (E 608-610, vgl. auch F 643-645) Besonders im Umgang mit den Angehörigen spielt die Dokumentation eine große Rolle, wobei dieser Nachweis „nicht immer, aber in den meisten Fällen“ (E 889-890) hilft. (vgl. E 895-901)

3. Ethische Dimensionen der kommunikativen Kompetenz

Ethische Kompetenz ist die Fähigkeit des Menschen, die moralischen Dimensionen des eigenen Handelns rasch zu erkennen, und die Bereitschaft, die Grundsätze nach eigenem Wissen und Gewissen umzusetzen.6 Die Pflegesituation ist in dieser Hinsicht eine ganz besondere: Sie kann dadurch charakterisiert werden, dass in der Beziehung zwischen Pflegendem und Pflegebedürftigem eine Asymmetrie besteht. Der Gepflegte ist von der Pflegeperson abhängig. Diese Asymmetrie müssen die Pflegenden durch Vertrauen, Respekt der Autonomie des Bewohners infolge der Achtung seiner Würde und durch ein besonderes ethisches Verhalten überbrücken. Dies ist die spezifische ethische Herausforderung des Pflegeberufes.7

3.1 Grundsätze moralischen Handelns

In der Erhebung zeigte sich, dass Pflegende über kein bzw. wenig theoretisches Wissen über Ethik verfügen, doch findet sich eine ethische Sensibilität, die nicht durch Normen von außen entsteht, sondern in einer gewissen Innerlichkeit ihre Grundlage hat. „Normalerweise sollte das jeder Mensch schon verinnerlicht haben. (…) Entweder du bist so oder du bist es nicht. Oder?“ (F 2294-2296)

Das Gewissen als ethische Instanz des Handelns wird von den Pflegenden anerkannt, eine Gewissensreflexion wird als ganz wichtig erachtet. „Ich muss das mit meinen Gewissen natürlich vereinbaren können.“ (E 1922-1923) Sich moralisch zu verhalten ist nichts anderes, als auf das eigene Gewissen zu hören und sich danach zu richten. (vgl. E 1908-1927, E 2014) In einer Gruppendiskussion stieß die von einer Teilnehmerin genannte Goldene Regel – „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch niemanden anderen zu“ (E 1880) –, auf Zustimmung.

Es zeigt sich zugleich die verbreitete Auffassung, das Gewissen sei nicht nur urteilende, sondern auch gesetzgebende Instanz: Das Gewissen lege quasi fest, was gut und schlecht sei. Die Notwendigkeit einer Suche nach objektiven Normen, die einzuhalten sind und die Verbindlichkeit der Moralgrundsätze begründen, wird dabei wenig reflektiert. Ethik wird von den Mitarbeitern vielfach rein subjektiv ohne Rückbezug auf objektive Kriterien definiert. Dass hier offenbar ein Widerspruch besteht, wird wahrgenommen, zugleich aber als quasi notwendig inhärent beschrieben. „Was auch für mich richtig ist, ist oft für einen anderen nicht richtig. (…) Das ist für jeden anders, das ist individuell. Für den anderen ist zum Beispiel, jetzt das nicht ethisch vertretbar, wenn einer nackt auf der Straße spaziert. Der andere, der nackt spaziert, für den ist das normal. Das ist schwer zu beschreiben. Für den Mensch ist das normal, für den anderen ist das andere normal. Es ist individuell. (…) Ich kann es nicht beschreiben.“ (E 1931-1943) Die prinzipielle Problematik, dass nicht jedweder (objektive) ethische Grundsatz einfachhin verschwindet, nur weil die subjektiven Zugangsweisen verschieden sind, konnte in der entsprechenden Gruppendiskussion nicht aufgelöst werden, sondern wurde eher verstärkt durch die Aussage, Moral sei „auch von Kultur zu Kultur abhängig“. (vgl. E 1929)

Moralisch richtiges Handeln ist den Pflegenden in ihrer Tätigkeit sehr wichtig. In der tagtäglichen Ausübung ihres Berufes folgen sie ihren Erfahrungen und ihrer Intuition, stellen sich jedoch immer wieder die Frage, ob das eigene Handeln das Richtige und das Gesollte ist. Diese ethische Reflexion lässt sich der Sollens- oder Prinzipienethik innerhalb der klassischen medizinethischen Koordinaten von Autonomie und Menschenwürde, Fürsorge, Schadensvermeidung und Gerechtigkeit einordnen.8

3.2 Ethische Haltungen

Die tugendethische Perspektive,9 bei der sich der Betrachtungswinkel über die eigentliche Handlung hinaus der handelnden Person zuwendet, ist, wie die Erhebung gezeigt hat, bei den Pflegenden weniger entwickelt. Der Begriff der Tugend als solcher wurde in den Einzelinterviews und Gruppendiskussionen nicht verwendet, doch wurde von Einstellungen und Haltungen gesprochen, die sich implizit auf Tugenden bzw. positive Charaktereigenschaften beziehen. Diese Beobachtung spiegelt auch die Geschichte der Pflegeethik wider, bei der bisher die tugendethische Perspektive ganz allgemein wenig beachtet wurde, wie E. Prat in seiner Hinführung zur Pflegeethik als Tugendethik aufgezeigt hat.10

Im Rahmen der Erhebung wurden mehrere Haltungen als vorteilhaft und hilfreich für die Pflege-Bewohner-Beziehung und die Kommunikation in ihren verschiedenen Facetten erwähnt. Sie wurden allerdings begrifflich nicht mit der Ethik verknüpft, also kaum unmittelbar mit ethischer Kompetenz in Verbindung gebracht.

Als eine wichtige Haltung wurde Empathie (im Sinne von Einfühlungsvermögen) und Organisationstalent benannt. Gerade die Empathie hat für die soziale Kompetenz im Bereich der Kommunikation eine unbestrittene Rolle. „Die Voraussetzung für diesen Beruf wäre für mich eine gewisse Empathie. Starke Persönlichkeiten, die sich selbst auch zurücknehmen können. Ich finde, dass man da einiges an persönlicher Stärke braucht, um sich zurückzuziehen. Persönlichkeiten, die beobachten können. Und Menschen, die sich selber gut organisieren können. Weil es oft so ist, wie Sie vorhin gemeint haben, man müsste an mehreren Stellen gleichzeitig sein. Und wenn man sich selbst nicht organisieren kann, kann man das dann in der Arbeit auch nicht.“ (A 829-935)

Weitere Haltungen, die aus Sicht der Pflegepersonen eine gute Pflege und gelungene Kommunikation erleichtern, sind Beobachtungsgabe und Wertschätzung (vgl. A 829-835, E 1230-1246), Hilfsbereitschaft, Reife, Lernbereitschaft, Offenheit (vgl. B 973-979), Stärke (vgl. A 831-832, siehe oben bei Empathie) und psychische Belastbarkeit. (vgl. F 1798, F 1792)

Besondere Bedeutung wird den Tugenden der sozialen und kommunikativen Kompetenz zugeschrieben, auch hier meist ohne unmittelbare Einbettung in einen weiteren ethischen Horizont: der Kontakt zu Menschen, die Gesprächsbereitschaft, Freundlichkeit, Höflichkeit und Zuvorkommenheit. „Kontakt zum Menschen. Dass du darauf eingehen kannst, auf ihn zugehen kannst und reden kannst.“ (D 791-792; vgl. E 1246-1275, E 1250)

Betont wurde außerdem die Achtung des Schamgefühls im respektvollen Umgang mit der Intimsphäre der Bewohner. (vgl. E 223-251) Das Thema wurde in den Gesprächen öfters angeschnitten. Die Pflegepersonen haben verschiedene standardisierte Verhaltensregeln, um die Intimsphäre zu wahren: die Tür zu schließen, darauf zu achten, dass der Bewohner bedeckt ist, dass der Bewohner vorher gefragt wird u. a. m. (vgl. B 709-717)

Gerade bei diesem Beispiel zeigen sich im Besonderen die unterschiedlichen Blickwinkel der Prinzipienethik und der Tugendethik: Die Handlung einer Pflegeperson, die um der Vorschrift willen die Tür schließt und den Bewohner bedeckt, unterscheidet sich vielleicht nach außen hin kaum von jener einer Pflegeperson, die aus Wohlwollen und Rücksichtnahme dieselben Handlungen setzt. Doch ist die Handlung der letzteren vielmehr ein Akt der Tugend, der sie selbst als Person tugendhafter macht, als die Handlung der ersten.

4. Schlussfolgerung: Hin zur Exzellenz in der Pflege

Die Pflegenden sind inmitten der Herausforderungen des Pflegealltags um das Wohlergehen der Bewohner bemüht. Moralisch richtiges Handeln ist ihnen wichtig, es fehlt ihnen jedoch das Wissen um die Geltung objektiver Normen, durch die sie ihr Handeln allgemeingültig bewerten könnten. Sie folgen in ihrer Arbeit häufig intuitiv den medizinethischen Prinzipien Autonomie und Menschenwürde, Fürsorge, Schadensvermeidung und Gerechtigkeit, orientieren sich aber nicht bewusst danach. Den Pflegenden sind menschliche Haltungen wichtig, die die soziale und kommunikative Kompetenz im Umgang mit Bewohnern und Angehörigen verbessern, sie verorten diese jedoch nicht im Bereich der Ethik im Allgemeinen oder der Tugendethik im Besonderen. Schwierigkeiten im Pflegealltag entstehen vor allem durch mangelhafte Kommunikation auf den verschiedenen Beziehungsebenen, durch fehlende Zeit für eingehende persönliche Gespräche und durch überbordende Bürokratie.

Die Ergebnisse der Erhebung zeigten, dass die Ethik der Kommunikation im Pflegeheim zahlreiche Felder des pflegerischen Handelns umfasst. Im Besonderen trägt die Tugendethik dazu bei, dass die Pflegepersonen im Pflegealltag in der Lage sind, ihr Tun nicht nur nach allgemeinen Regeln und Normen, sondern entsprechend der konkreten Situation eines Bewohners und seiner Bedürfnisse sowie auch mit Blick auf die Entfaltung der eigenen Person zu bewerten.11 Sie sollte daher ein fixer Bestandteil der Pflegeausbildung und der Weiterbildung sein. Durch das bewusste Fördern tugendethischer Haltungen im Alltag können Pflegende in der geriatrischen Langzeitpflege dem Bewohner wirkliche Begleiter, Coaches und Helfer werden.12 Es geht darum, bereits vorhandene Stärken in diesem Bereich durch gezielte Fortbildung und Interventionen auszubauen, um die Exzellenz der Pflegearbeit zu steigern.

Für gute Kommunikation gibt es kein „fertiges Rezept“, das Anlernen von (äußerlichen) Techniken alleine genügt nicht, es braucht ein klares Erkennen der Situation sowie Handlungskompetenzen, die über ein bloßes Abspulen von Regeln hinausgehen. Im Kontext des Pflegeberufs ist es bedeutsam, dass Gespräche und Kommunikation sich nicht auf rein technisch-erklärbare Fakten reduzieren, sondern den Menschen in seiner Gesamtheit (mit seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, mit Verstand, Seele, Willen und Gefühlen) in den Blick nehmen. Die Pflegenden sollen in empathischer, wohlwollender und fördernder Weise auf Bewohner und Angehörige eingehen können. Neben pflegerischem Wissen ist dafür eine hohe soziale Kompetenz gefordert. Insbesondere für die Vermittlung von Sinn, Geborgenheit und Sicherheit im Rahmen des Schmerzmanagements ist kommunikatives Know-how notwendig. Die Frage gelingender Kommunikation ist stets auch mit der Frage verbunden, wie persönliche Fähigkeiten in diesem Zusammenhang erfolgreich eingesetzt und entwickelt werden können.

In einer Umgebung, die es ermöglicht und fördert, kontinuierlich an Exzellenz zu arbeiten, können laufend Haltungen verbessert, vorhandene Fähigkeiten aktualisiert und neue Fertigkeiten erworben werden. Die Entfaltung einer Vision für die Pflege und die Bereitstellung der notwendigen Bildungsinstrumente stärken pflegerische Kompetenz, Zufriedenheit, Selbstbewusstsein und Sicherheit im Handeln auf der Seite der Pflegenden sowie Geborgenheit, Wohlbefinden, Vertrauen und Sicherheit auf der Seite der Bewohner und ihrer Angehörigen.

Referenzen

  1. vgl. Elzer M., Sciborski C., Kommunikative Kompetenzen in der Pflege. Theorie und Praxis der verbalen und nonverbalen Interaktion, Verlag Hans Huber, Bern (2007); Matolycz E., Kommunikation in der Pflege, Springer-Verlag, Wien (2009)
  2. Der qualitative Forschungsansatz ist geprägt von Offenheit, Forschung als Kommunikation, Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand, Reflexivität von Gegenstand und Analyse, Explikation sowie Flexibilität. In diesem Sinne kamen das qualitative episodische Interview sowie die Gruppendiskussion als Forschungsinstrumente zum Einsatz (Flick U., Psychologie des technisierten Alltags, Reinbek, 1995). Sie wurden anhand von halb-standardisierten Gesprächsleitfäden geführt, die eine Richtschnur für den Forscher, aber keinen rigiden Fragenkatalog darstellen (Lamnek S., Qualitative Sozialforschung, 5. Auflage, Beltz Verlag, Weinheim/ Basel (2010), S. 304-315).
  3. Nach Qualifikationsniveaus aufgeteilt, nahmen an den drei Diskussionen insgesamt sechs diplomierte Krankenschwestern, acht Pflegehelferinnen und ein Pflegehelfer – manche mit Zusatzausbildungen wie Fachsozialbetreuung (Animation) und Aromatherapie – und drei Fachsozialbetreuerinnen teil. Im gesamten Forschungsprojekt wird nur von Aussagen von Frauen gesprochen, um auch die Anonymität des einzigen teilnehmenden Mannes zu gewährleisten.
  4. Lamnek S., siehe Ref. 2, S. 30. Interview- oder Gruppendiskussionspassagen werden folgendermaßen zitiert: A 655-660. Der Buchstabe steht für ein Interview bzw. eine Gruppendiskussion, die Ziffern geben die Beginn- und End-Zeilennummer der zitierten Passage des jeweiligen Transkripts an. Die in den Zitaten vorkommenden Namen sind anonymisiert.
  5. Die Datenauswertung wurde sowohl für die episodischen Interviews als auch für die Gruppendiskussionen mittels des Konzepts der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring vorgenommen (Mayring P., Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, 11., aktualisierte und überarbeitete Auflage, Beltz, Weinheim/ Basel, 2010; Mayring P., Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken, 5., überarbeitete und neu ausgestattete Auflage, Beltz, Weinheim/ Basel, 2002). Die so erhaltenen Daten beleuchten konkrete personale Sicht- und Handlungsweisen in der Welt der Pflege, stellen jedoch nicht den Anspruch auf Verallgemeinerung.
  6. vgl. Maio G., Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin. Ein Lehrbuch, Schattauer, Stuttgart (2012), S. 1-21
  7. Elzer M., Sciborski C., siehe Ref. 1, S. 161-163, 221-223; Matolycz E., siehe Ref. 1, S. 168-173
  8. Maio G., siehe Ref. 6, S. 23 ff, 119 ff
  9. ebd., S. 47 ff
  10. vgl. Prat E. H., Exzellenz und Leadership in der Altenpflege. Ein tugendethischer Ansatz, Imago Hominis (2012); 19(2): 115-128
  11. ebd., S. 117
  12. ebd., S. 120

Anschrift der Autorinnen:

Mag. Monika Feuchtner, IMABE
Landstraßer Hauptstraße 4/13, A-1030 Wien
feuchtner(at)imabe.org

FA Dr. Marion Stoll
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien
Abteilung für Innere Medizin
Spezialgebiet Onkologie
Johannes von Gott Platz 1, A-1020 Wien
mstoll(at)imabe.org

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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