Am 9. Oktober ist der Welttag für Hospiz und Palliative Care. Ein zentraler Punkt in der palliativen Versorgung ist es, das Sterben und Wünsche für das Lebensende proaktiv gegenüber den Betroffenen anzusprechen. Gerade hier herrscht unter Ärzten und Pflegenden jedoch eine große Unsicherheit. Studien zeigen, dass bis zu 50 % der professionellen Begleiter vermeiden, etwaige Äußerungen zu einem Todeswunsch mit den Patienten zu besprechen. Insbesondere junge Ärzte fühlen sich überfordert in der Betreuung von Sterbenden. Darauf weist eine kürzlich British Medical Journal of Supportive & Palliative Care (2021 Sep;11(3):233-241) veröffentlichte Studie hin.
Von Absolventen der Medizinischen Fakultät erwarte man, dass sie sterbende Patienten mit Kompetenz, klinischem Urteilsvermögen und Mitgefühl betreuen. Umfragen in Großbritannien würden jedoch immer wieder zeigen, dass junge Ärzte überfordert und zunehmend verunsichert sind, wenn es um das Symptommanagement, Unterstützung der Angehörigen sowie die psycho-spirituelle Unterstützung für sterbende Patienten geht. Als Gründe nannten sie den mangelnden Kontakt mit sterbenden Patienten sowie fehlende Lehrpläne im Medizinstudium. Die Autoren fordern daher eine umfassende Vorbereitung der angehenden Ärzte auf ihre Rolle im Umgang mit sterbenden Patienten.
Der wahrhaftige und kompetente Umgang mit Palliativpatienten ist ein zentrales Thema des diesjährigen IMABE-Symposiums Palliative Care leben: Leiden. Lindern. Lernen - Herausforderungen an Medizin und Pflege, das am 26. November 2021 in Wien als Hybridveranstaltung stattfindet. Namhafte Experten aus dem In- und Ausland befassen sich mit der Frage, wie Ärzte und Pflegende auf Bedürfnisse und Wünsche von Patienten umfassend eingehen und ihre eigene Kompetenz im Umgang mit Sterbenden stärken können (Anmeldefrist: 16.11.2021).
Die Integration von Palliative Care in das jeweilige Gesundheitssystem befindet sich in den meisten europäischen Ländern erst in der Anfangsphase. Europaweit am besten stehen die Niederlande, Großbritannien, Deutschland und die Schweiz da, Österreich liegt mit sieben weiteren Ländern im Mittelfeld. 39 der 54 Länder (76 %) weisen eine nur niedrige bis so gut wie keine Integration von Palliative Care in der Gesundheitsversorgung vor. Das geht aus einer aktuelle im British Medical Journal of Supportive & Palliative Care veröffentlicht Studie (Online 13. September 2021. doi: 10.1136/bmjspcare-2021-003181) hervor.
Palliative Care wird immer noch stark mit Tumorerkrankungen assoziiert. Doch auch Patienten mit anderen Erkrankungen sowie spezielle Altersgruppen wie Kinder oder Hochaltrige in der Langzeitpflege profitieren von ganzheitlichen Palliative Care-Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität und Schmerzlinderung. Erstmals haben die Autoren versucht, verschiedene Aspekte kombiniert, um die Gesamtkapazitäten der Länder zu beschreiben und zu vergleichen, wie sie auf Ebene des Gesundheitssystems Palliative Care integrieren und zur Verfügung stellen.
Anhand von sechs Indikatoren erstellte das interdisziplinäre Forscherteam um den spanischen Palliativmediziner Miguel Antonio Sánchez-Cárdenas (Universität Navarra, Pamplona) einen Score, in wie weit Palliative Care in das jeweilige Gesundheitssystem integriert ist. Dabei erfasst wurden Daten zur Palliativversorgung in den Bereichen Pädiatrie, Onkologie, Kardiologie, in der hausärztlichen Versorgung sowie in Langzeitpflegeeinrichtungen. Ebenfalls berücksichtig wurde das Ausmaß der ehrenamtlichen Beteiligung an der Palliativversorgung.
Die gute Nachricht für Österreich: In der Zusammenarbeit von Palliative Care und dem Bereich der Langzeitpflege schneidet die Alpenrepublik im internationalen Vergleich gut ab. Auch der hohe Anteil von Ehrenamtlichen im Bereich Palliativ und für sie zugeschnittene Schulungsangebote stechen positiv hervor.
Im anderen Bereich gibt es jedoch großen Nachholbedarf: Palliative Care ist in Österreich laut Studie weder im Bereich der hausärztlichen Erstversorgung noch Kardiologie integriert. Hier liegen Spanien und Großbritannien klar voran.