Wenn Ärzte ihren Patienten einfühlsam begegnen, kann das den Therapieverlauf positiv beeinflussen. Wann aber werden Ärzte, Therapeuten und Pflegende von Patienten als empathisch erfahren? Eine Meta-Analyse der Patientenbewertungen von 64 Studien aus 15 Ländern zeigt: Zeit, Geschlecht und Herkunft spielen eine Rolle für den „Empathie-Faktor“.
Das Gespräch zwischen Arzt und Patient ist ein wichtiger Empathie-Faktor. Je länger es dauert, umso mehr fühlen sich Patienten verstanden. Ärzte, die sich zehn Minuten oder länger Zeit nahmen, wurden mit 15 Prozent mehr Punkten bewertet. Das medizinische Hilfspersonal (Arzthelferin, MTA etc.) hatte mit 45,29 Punkten den besten Draht zu den Patienten, Medizinstudierende wurden mit 41,35 Punkten als emphatischer erlebt als ausgebildete Ärzte (39,98 Punkte), so die Ergebnisse der im BMC Medical Education publizierten Studie (2017; 17: 136). Generell wurden Frauen besser beurteilt als Männer, auch gibt es regionale Unterschiede: Am besten schnitten Mediziner in den USA, Australien und Großbritannien ab.
Die Empathiefähigkeit des Arztes ist mittlerweile zu einem eigenen Forschungsgegenstand geworden, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 25.8.2017). Die sog. CARE-MEASURE (Consultation and Relational Empathy) ist ein Instrument, mit dem die Patienten die Empathiefähigkeit ihres Arztes beurteilen können. Der 10-Punkte-Fragebogen gibt u. a. Auskunft, ob die Patienten ihre „Geschichte“ ohne unterbrochen zu werden vortragen konnten, ob der Arzt wirklich zugehört, sie als ganze Person wahrgenommen und ihre Bedenken verstanden hat und ob ein Behandlungsplan gemeinsam entworfen wurde.
Studienleiter Jeremy Howick von der Universität Oxford und seine Mitarbeiter können auf Studien verweisen, in denen die Patienten weniger Schmerzen und Angst angaben, wenn sie ihren Arzt als besonders einfühlsam empfunden hatten. Vorangegangene Forschung hatte bereits versucht zu erklären, wie Vertrauen Gesundheitsergebnisse beeinflussen kann, etwa durch mehr Offenheit der Patienten, durch einen möglichen Placebo-Effekt oder aufgrund einer zuverlässigeren Befolgung ärztlicher Anweisungen (vgl. Bioethik online, 3.4.2017). In einigen Fällen scheint Ärzten jedoch Einfühlungsvermögen zu fehlen oder im Laufe ihrer beruflichen Praxis abzunehmen, stellen die Wissenschaftler fest. Als möglichen Ursachefaktor nennen die Autoren die Belastung durch bürokratisches Arbeiten.
Bioethik aktuell
Studie: Zeit für Patientengespräche stärkt Vertrauen und Behandlungserfolg
Einfühlsame Arzt-Patient-Begegnung wirkt sich auf Gesundheit aus
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