Patienten sind in den Notaufnahmen von Krankenhäusern häufig in einer gesundheitlich bedrohlichen und beängstigenden Situation. Sie benötigen Ansprechpartner, die ihnen Fragen beantworten, Ängste nehmen und Unsicherheiten abbauen - und das über die medizinische Versorgung hinaus. Wissenschaftler der Hochschule Fresenius, der Hochschule für Philosophie und des Klinikums Bogenhausen in München untersuchten nun, ob und in welcher Form bei Patienten und Angehörigen spirituelle und religiöse Bedürfnisse ausgeprägt sind, auf die man eingehen sollte. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte aller Patienten haben in der Notaufnahme ein Bedürfnis nach spiritueller Fürsorge (vgl. Pressemitteilung, online, 28.2.2019).
In ihrer Studie befragten die Autoren insgesamt 382 Patienten und 99 Angehörige über deren Bedürfnis nach Spiritual Care. „Spiritual Care“ meine damit zunächst die gemeinsame Sorge der Gesundheitsberufe um die spirituellen Nöte, Krisen und Wünsche kranker Menschen, unabhängig von deren Religion und kultureller Herkunft. Die Forscher erhoben dabei anhand eines demografischen Fragebogens und dem sogenannten Spiritual Needs Questionnaire SpNQ-20 Daten über Dimensionen religiöser und existenzieller Bedürfnisse, des Bedürfnisses nach innerem Frieden und des Bedürfnisses, etwas aktiv zu geben oder zu verschenken.
Die Wissenschaftler konnten in der Gruppe der Patienten ein grundsätzliches Interesse an spiritueller Unterstützung feststellen: So gaben 53 Prozent der Befragten mindestens ein mittleres Bedürfnis nach innerem Frieden an und 61 Prozent hatten einen mittleren bis großen Wunsch, aktiv etwas zu geben oder zu verschenken. Ältere Menschen haben demnach ein größeres Bedürfnis nach Spiritualität als jüngere. In der Gruppe der Angehörigen hat auch der Bildungsabschluss einen signifikanten Einfluss auf die spirituelle Bedürfnisausprägung. Frauen äußern bei den meisten Skalen signifikant höhere spirituelle Bedürfnisse als Männer.
„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Patienten in einer akuten Notfallsituation ein Bedürfnis nach Ganzheitlichkeit haben. Auch wenn die medizinische Akutsituation im Vordergrund steht, wünschen viele Patienten, dass auch ihre psychosozialen Belastungen und spirituellen Bedürfnisse gesehen werden“, fasst die Psychologin Kristin Härtl von der Hochschule Fresenius die Ergebnisse zusammen. Spiritual Care stelle dabei nicht nur eine positive Ressource für kranke Menschen dar, sondern habe auch Auswirkungen auf die Krankenhausmitarbeiter und die gesamte Unternehmenskultur. In einer Folgeuntersuchung sollen nun auch die „Spiritual Needs“ von Krankenhausmitarbeitern beleuchtet werden.
Weiterführende Links: IMABE 03/2018: Vatikan-Konferenz: Ärzte sollen auch spirituelle Nöte erkennen; Büssing A., Surzykiewicz J., Spirituelle Bedürfnisse chronisch Kranker, Imago Hominis (2014); 21(1): 17-23.