Kinder, die nach künstlicher Befruchtung entstanden sind, haben ein höheres Krebsrisiko als Kinder, die auf natürliche Weise gezeugt wurden. Das ist das Ergebnis einer in JAMA Network Open (2020; 3 (10): e2022927. doi: 10.1001 /jamanetworkopen.2020.22927) veröffentlichten Studie. Die Untersuchungen zeigen, dass Kinder nach IVF im Vergleich zu natürlich gezeugten Kindern ein um etwa ein Drittel höheres Risiko für Geburtsfehler haben. Das Risiko, Krebs im Kindesalter zu bekommen, ist in dieser Gruppe noch einmal doppelt so hoch, sagt Studienleiterin Barbara Luke von der Michigan State University gegenüber MedPage Today (online 29.10.2020).
Die Studie umfasst Geburtsdaten aus den Jahren 2004 bis 2016 von mehr als einer Million natürlich gezeugter Kinder und von rund 53.000 Kindern, die nach In-vitro-Fertilisation entstanden sind. Die Forscher analysierten die Daten aus dem Geburtsfehlerregister in Kombination mit dem Krebsregister und den klinischen Ergebnissen der Society for Assisted Reproductive Technology. Es wurden ausschließlich Kinder untersucht, die genetisch von ihren Eltern abstammten – also keine Eizellspenderinnen-Kindern – und nicht tiefgefroren und aufgetaut wurden. Man wollte den Bedingungen der natürlichen Empfängnis so nahe wie möglich kommen. Außerdem wurden Babys ausgeschlossen, die vor der 22. Schwangerschaftswoche geboren wurden oder bei der Geburt weniger als 300 Gramm wogen. Das Risiko für einen Geburtsfehler und eine Krebserkrankung im Kindesalter war für die IVF-Kinder signifikant höher. Für Luke ist es eine noch „ungelöste Frage“ in der Reproduktionsmedizin, wie hoch der Anteil der Eltern ist an „unerwünschten Ergebnissen“ – etwa, weil sie bei einer IVF-Behandlung schon älter sind – und welchen Anteil die IVF-Behandlung als solche an Gesundheitsrisiken hat. Hier seien weitere Forschungen nötig, so die Forscherin.
Dass das Lagern in Nährlösungen und Tiefkühlern ein späteres Gesundheitsrisiko für IVF-Kinder darstellen kann, wird immer häufiger thematisiert. Bereits frühere Studien haben nahegelegt, dass das IVF-Verfahren epigenetische Veränderungen auslösen kann (vgl. Bioethik aktuell, 8.10.2018; S. Kummer, Leben aus dem Labor, Imago Himinis 24(1)/2017; Bioethik aktuell, 10.10. 2016 u.a.). Eine dänische Studie von 2019 (JAMA 2019;322(22):2203-2210. doi:10.1001/jama.2019.18037) hat etwa gezeigt, dass innerhalb einer Beobachtungszeit von 11,3 Jahren 2,4-mal mehr Kinder, die nach einer embryonaler Tiefkühlphase in den Mutterleib übertragen worden waren, an Krebs erkrankten, als Kinder fertiler Mütter in der Kontrollgruppe.
"Leider hat auch dieses Jahr das österreichische Gesundheitsministerium verabsäumt, entsprechende Daten für Kontrolle und Qualitätssicherung zu liefern", sagt Ethikerin Susanne Kummer (IMABE). Allein im Jahr 2019 sind laut österreichischem IVF-Bericht 2019 rund 18,2 Millionen Euro aus öffentlicher Hand an IVF-Institute geflossen. Die sog. Baby-Take-Home-Rate ist gesunken und liegt nun offiziell bei 24,4 Prozent. "Kaum eine Wunschbabyklinik klärt darüber auf, dass 75 bis 80 Prozent aller Frauen trotz mehrere IVF-Versuche ohne Kind nach Hause gehen werden." Keinerlei Daten finden sich etwa zur Rate der Fehlgeburten, Totgeburten, Frühgeburten nach IVF oder zur Kaiserschnittsrate, kritisiert Kummer. Auch erfährt man nichts über den Verlauf der IVF-Versuche mit 41 Eizellspenden, die als besonders risikobehaftet gelten (vgl. Bioethik aktuell, 15.4.2019).