Frauen fühlen sich durch die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva negativ in ihrer Psyche beeinflusst. Das geht aus einer aktuellen, in Fertility and Sterility publizierten schwedischen Studie (2017: 107(5): 1238-1245, doi:10.1016/j.fertnstert.2017.02.120) hervor.
Weltweit verwenden schätzungsweise 100 Millionen Frauen die Antibabypille. Die Auswirkungen der Hormonpräparate auf die Lebensqualität der Frauen seien allerdings kaum untersucht, kritisiert Angelica Lindén Hirschberg, Gynäkologin am Karolinska Institut in Stockholm. Für die aktuelle Studie führten sie und ihr Team eine randomisierte kontrollierte Studie durch, an der sich 340 gesunde Frauen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren beteiligten. Die Frauen nahmen über drei Monate täglich eine Antibabypille, wobei sie nicht wussten, ob sie tatsächlich die Kombinationen aus 150 µg Levonorgestrel und 30 µg Ethinylestradiol - also eine Pille der 2. Generation - oder nur ein Placebo bekamen. Gleichzeitig wählten die Teilnehmerinnen andere, nicht hormonelle Verhütungsmöglichkeiten. Die Forscher griffen zum genannten Mittel, weil diese Pillen in Schweden als erstes empfohlen werden - wegen des im Vergleich zu neueren Pillen geringeren Thromboserisikos.
Die Auswirkungen auf das Gefühlsleben wurden anschließend mit dem Fragebogen BDI (Beck Depression Inventory) und mit dem Fragebogen PGWB (Psychological General Well-Being Index) ermittelt. Während sich im Zusammenhang mit Depression keine Auffälligkeiten zeigten, verschlechterte sich das allgemeine Wohlbefinden signifikant. Signifikant viele Probandinnen, die die Pille bekamen, bewerteten ihre Lebensqualität nach Ende der Studie als deutlich schlechter im Vergleich zu vor dem Experiment. Auch die individuelle Stimmung, Angst, depressive Verstimmung, Selbstwert, Traurigkeit, Selbstkontrolle und Energie-Level wurden negativ beeinflusst. Bei einzelnen Frauen waren die Veränderungen „von klinischer Bedeutsamkeit“, so die Autoren. Um weitere Auswirkungen besser belegen zu können, müsste jedoch ein längerer Zeitraum untersucht werden, betonten die Forscher.
Erst 2016 hatte ein Team aus Gynäkologen und Psychiatern aus Dänemark in einer Langzeitstudie gezeigt, dass Frauen, die die Pille einnehmen, ein bis zu 34 Prozent höheres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken. Bei Teenagern lag das erhöhte Risiko sogar bei 80 Prozent (vgl. Bioethik aktuell, 10.10.2016).
Frauen werden zunehmend misstrauischer gegenüber der Pille. Unter #mypillstory schildern Frauen in den Sozialen Medien inzwischen ihre persönlichen - meist negativen - Erfahrungen mit der Pille. In Deutschland wurde eine Selbsthilfegruppe von durch die Pille geschädigte Frauen gegründet (vgl. Bioethik aktuell, 11.1.2016) mit dem Ziel, dass Antibabypillen mit erhöhtem Risikopotenzial - etwa für Thrombosen - vom Markt genommen werden. Außerdem sollte verharmlosende Werbung für Antibabypillen als Lifestyle-Produkt eingestellt werden und Gynäkologen besser über die Nebenwirkungen der Pille und anderer hormoneller Verhütungsmethoden aufklären, so die Plattform. Ebenfalls kritisch setzte sich die Autorin Sabine Kray kürzlich in Die Zeit (online, 5.4.2017) mit den unerwünschten Nebenwirkungen der Antibabypille auseinander, die den Frauen offenbar seit Jahrzehnten wie selbstverständlich zugemutet würden.