Bioethik aktuell

Studie: Pille in der Pubertät kann Depressionsrisiko über Jahre steigern

Sensible Phase der Gehirnentwicklung kann durch Hormone gestört werden

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Frauen, die bereits in ihrer Pubertät regelmäßig mit der Pille verhütet haben, können als Erwachsene deutlich leichter an Depressionen erkranken. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im Journal of Child Psychology and Psychiatry (DOI: 10.1111/jcpp.13115) publiziert wurde. Sie zeigt, dass das Depressionsrisiko für diese Frauen um ein Mehrfaches höher ist als bei Frauen, die erst im Erwachsenenalter zur Pille griffen.

Die Auswirkungen der Anti-Baby-Pille auf die Lebensqualität der Frau sind zunehmend Gegenstand der Forschung. Erst 2017 hatte eine schwedische Studie gezeigt, dass Frauen durch die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva negativ in ihrer Psyche beeinflusst werden (vgl. Bioethik aktuell, 8.5.2017). Auf Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur muss inzwischen im Beipacktext auch auf ein mögliches erhöhtes Suizidrisiko bei hormonellen Verhütungsmitteln wie Pille und Hormonspirale hingewiesen werden. Hintergrund dafür sind die Ergebnisse einer großen dänischen Studie aus dem Jahr 2017 (vgl. American Journal of Psychatrie, https://doi.org/10.1176/appi.ajp.2017.17060616).

Die aktuelle kanadische Studie ging nun der Frage nach, ob und warum weibliche Jugendliche, die die Pille nehmen, anfälliger für Depressionen sind. Dafür untersuchte das Team um die Psychologin Christine Andel von der British Columbia University die Daten des Sexual- und Verhütungsverhaltens von 1.236 amerikanischen Frauen, wobei mögliche Co-Faktoren für Depressionen ausgeschlossen wurden. Das Ergebnis: Mädchen, die schon im Jugendalter mit der Pille verhüteten, hatten ein 1,7- bis 3-fach höheres Risiko einer Depression verglichen mit jenen, die erst im Erwachsenenalter damit begannen oder ganz auf eine hormonelle Verhütung verzichteten. Auffallend war, dass die Einnahme der Anti-Baby-Pille während der Pubertät offenbar einen anhaltenden Effekt auf das Depressionsrisiko von Frauen hatte. „Sie können sogar noch viele Jahre, nachdem sie die Medikamente abgesetzt haben, an Depressionen erkranken“, sagt Andel.

Die Forscherin und ihre Kollegen sehen einen Zusammenhang zu Ergebnissen vorangegangener Studien. Die Pubertät ist eine wichtige Zeit für die Entwicklung des Gehirns. Frühere Tierstudien hätten gezeigt, dass die Manipulation von Sexualhormonen, insbesondere in dieser wichtigen Phasen der Gehirnentwicklung, das spätere Verhalten irreversibel beeinflussen kann.

Ohne die Verwendung von Verhütungsmitteln prinzipiell in Frage zu stellen, hoffen die Wissenschaftlerinnen, dass ihre Arbeit „mehr Forschung zu diesem Thema fördert“ sowie einen Dialog über die „informierte Entscheidung über die Verschreibung von hormonellen Kontrazeptiva für Jugendliche“ in Gang setzt. Das Forscherteam arbeitet derzeit an einer prospektiven Studie, in der untersucht wird, wie hormonelle Veränderungen während der Pubertät Emotionen, soziale Beziehungen und die psychische Gesundheit von Teenagerinnen beeinflussen können.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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