89 Prozent der mit dem Coronavirus infizierten Österreicher (5.888 Personen, Stand: 26.3., 8.00 Uhr) haben einen sehr milden Krankheitsverlauf und sind in häuslicher Pflege. 11 Prozent (rund 630 Patienten) müssen in einem Krankenhaus behandelt werden, davon 90 Fälle (1,6 Prozent) auf einer Intensivstation. Das gab Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Mittwochnachmittag bekannt, nachdem die Zahlen nach oben korrigiert werden mussten (vgl. Krone, online, 25.3.2020). 34 Menschen, die mit dem SARS-CoV-2-Erreger infiziert waren und (auch an Vorerkrankungen litten), sind mittlerweile verstorben. Neun Personen sind wieder genesen. Laut Gesundheitsministerium gibt es österreichweit 61.738 Spitalsbetten, davon 2.547 Intensivbetten, von denen allerdings nur rund 500 Betten frei sind. Im Schnitt sind in Österreich 82 Prozent der Intensivbetten ausgelastet (vgl. ORF, online, 25.3.2020).
Die Wiener Gesundheitsökonomen Maria Hofmarcher und Christopher Singhuber (Health System Intelligence) rechnen damit, dass künftig 40 Prozent der Intensivbetten für Covid-19-Patienten zur Verfügung stehen. Das würde bedeuten, dass die Grundauslastung auf den Intensivstationen schnell merklich sinken müsste. Tatsächlich arbeiten die Spitäler österreichweit bereits daran, Intensivbetten möglichst frei zu bekommen (vgl. Science APA, online, 25.3.2020).
Sollte eine Notstandssituation mit einer großen Anzahl schwerstkranker Patienten eintreten, würden Rationierungsentscheide nötig. Laut der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) ist das mögliche Szenario vergleichbar mit der Katastrophenmedizin, wobei in der Covid-19-Pandemie lebenserhaltende Ressourcen der Gesundheitsversorgung womöglich wesentlich länger gebunden sein werden als in der Versorgung von Notfällen.
Im Fall der Überlastung absolut knapper Ressourcen sei ein Triage-Systeme erforderlich. Der Begriff Triage kommt aus dem Französischen „trier“ und bedeutet „sortieren“. Er beschreibt den Prozess, bei Notfallpatienten die Dringlichkeit der Behandlung einzuschätzen. Das in normalen Verhältnissen geltende Prinzip des „first come, first serve“ reiche dann nicht mehr aus. In einem Statement der ARGE Ethik ÖGARI vom 17.03.2020 zur Allokation intensivmedizinischer Ressourcen aus Anlass der Covid-19-Pandemie) erläutern die Autoren die Parameter eines Triage-Systems, das sowohl die Aufnahme auf eine Intensivstation (ICU) als auch die Beendigung einer Intensivtherapie anhand erweiterter Kriterien beurteilt.
Die Vorsitzende des Europäischen Ethikrats, Christiane Woopen, geht davon aus, dass alle Corona-Patienten medizinisch gleich behandelt werden. Es gebe im Gesundheitssystem den Grundsatz eines gleichen Zugangs zu Versorgung für alle, sagte die Medizinethikerin in einem Interview mit dem Spiegel (online, 19.3.2020).
Wenn die Zahl der Infizierten zu stark steigt, stellen sich angesichts knapper Ressourcen allerdings konkrete medizinische, aber auch ethische Entscheidungsfragen: Was tun, wenn plötzlich zum Beispiel drei beatmungspflichtige Patienten eingeliefert werden und es nur noch ein Gerät gibt? Die Ethik hat im Laufe der Zeit konkrete Entscheidungshilfen zur Allokation medizinischer Ressourcen erarbeitet. Die meisten ärztlichen und pflegerischen Entscheidungsträger haben Fragen der sog. Triagierung, die in dieser Situation notwendig werden könnten, so noch nie erlebt.
Sollte es einen Mangel an intensivmedizinischen Geräten geben, müssten die Ärzte vor Ort zuerst entscheiden, wer überhaupt gerettet werden könne, erläuterte Woopen. Aus dieser Gruppe würden diejenigen ausgewählt, die ein Beatmungsgerät besonders dringend bräuchten. „Es geht darum, sehr klug zu schauen, wie ist die Prognose der einzelnen Menschen und sie dann ihrer Prognose gemäß auch angemessen zu versorgen“, erläutert Woopen gegenüber dem Deutschlandfunk (online, 20.3.2020). Wenn ein Arzt in die Situation komme, sich dafür entscheiden zu müssen, wem ein Beatmungsgerät zugeteilt werde, würden erst mal medizinische Kriterien in Betracht gezogen. Die Verhältnismäßigkeit und die Aussicht auf Erfolg der Behandlung spielen hier eine Rolle. In äußert zugespitzten Situationen müssten zudem weitere Kriterien bedacht werden. Laut Woopen müssten dann diejenigen bevorzugt werden, die für die Aufrechterhaltung des täglichen Lebens zuständig seien, beispielsweise Pflegepersonal oder Ärzte.
Woopen geht davon aus, dass sich die Teams in den Krankenhäusern inzwischen darüber verständigten, wie sie vorgehen würden, wenn es zu einer Mangelsituation kommen sollte. Es sei wichtig, dass das Behandlungsteam einvernehmlich handelt. Jedes Krankenhaus sollte laut Woppen auch eine psychologische und seelsorgerliche Begleitung auch für das Personal haben, denn solche Entscheidungen kosteten Kraft (vgl. Deutsche Ärzteblatt, online, 20.3.2020).