Laut einem Bericht in Science (doi:10.1126/science.abd1905 (Jun. 5, 2020) werden bei mindestens fünf Covid-19-Impfstoffen Zelllinien verwendet, die aus Zellen von Feten nach einer Abtreibung gewonnen wurden. Die römische Kongregation für die Glaubenslehre hat aufgrund zahlreicher Anfragen dazu Stellung genommen. Wo keine „ethisch einwandfreien“ Impfstoffe zur Verfügung stünden, sei es „moralisch akzeptabel“, auch jene einzusetzen, bei deren Entwicklung und Produktion Zelllinien von humanen Feten zum Einsatz kamen, betont die Glaubenskongregation in ihrer Note vom 21.12.2020. Sich impfen zu lassen, bedeute daher „keine formelle Beteiligung an Abtreibung“.
Angesichts der Corona-Pandemie „können alle Impfstoffe genutzt werden, die als medizinisch sicher und wirksam anerkannt sind“. Zugleich stellt die Kongregation klar, dass ihr Ja zum Einsatz solcher Impfstoffe unter den gegebenen Umständen „keine auch nur indirekte Legitimierung von Abtreibung“ darstellt – und auch keine moralische Billigung der Verwendung von Zelllinien abgetriebener Feten. Über diese Feststellung hinaus weisen die Richtlinien auf die Pflicht hin, für ethisch saubere Alternativen einzutreten und diese zu verwenden, wann immer dies möglich ist, so der Vatikan.
„Die Haltung der Kirche hat sich in Corona-Zeiten nicht geändert", betont IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer. Die katholische Kirche baue auf früheren Aussagen zu dieser seit Jahrzehnten bekannten Thematik auf. Aufgrund zahlreicher Anfragen erläutert IMABE in einer aktuellen Stellungnahme die ethische Einschätzung aus katholischer Sicht (Covid-19-Impfstoffe: Ethische Stellungnahme zu Fragen der Herstellung, 12.1.2021).
Seit den 1990ern ist bekannt, dass in der Entwicklung von Impfstoffen mitunter auch menschliche Zelllinien verwendet werden, die aus Feten stammen, die abgetrieben wurden (abortion-derived cell lines) – etwa bei Impfstoffen gegen Masern-Mumps-Röteln, Tollwut und Windpocken ("Feuchtblattern") sowie Hepatitis A. Die Tötung des Ungeborenen ist nach katholischer Auffassung ein schweres Übel. Dennoch wird jemand, der sich mit einem Impfstoff impfen lässt, der durch die Gewinnung von fetalem Gewebe ermöglicht wurde, nicht per se zu einem Befürworter, Förderer oder Unterstützer von Abtreibung. Hier gilt das Konzept der "differenzierten Verantwortlichkeiten". So trägt ein Forscher, der in einem Unternehmen mit Zelllinien unerlaubten Ursprungs arbeitet und über deren Verwendung keine Entscheidungsvollmacht hat, nicht dieselbe Verantwortung wie jene, die über die Ausrichtung der Produktion entscheiden oder Behörden, die für die Bevölkerung nur Impfstoffe in großen Mengen einkaufen.
Konkret werden bis heute vor allem drei Zelllinien in der Impfstoff-Entwicklung verwendet, die auf drei Abtreibungen in den Jahren 1961, 1966 und 1973 zurückgehen. Bei den Zelllinien WI-38, MRC5 und HEK-293 handelt es sich um Zelllinien, die aus dem fetalem Gewebe nach der Abtreibung isoliert und dann im Labor weitergezüchtet wurden. Es befindet sich kein fetales Gewebe in den Impfstoffen, noch müssen immer neue Feten aus Abtreibungen verwendet werden, um Impfstoffe produzieren zu können. Diese im vorigen Jahrhundert durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche, die zur Entwicklung der genannten Zelllinien führten, fanden unabhängig von der Forschung statt.
Die Instruktion der Glaubenskongregation Dignitas Personae aus dem Jahr 2008 stellte fest, dass angesichts schwerwiegender Bedürfnisse wie "die Gefahr für die Gesundheit der Kinder es den Eltern erlauben könnte, einen Impfstoff zu verwenden, der unter Verwendung von Zelllinien unmoralischen Ursprungs entwickelt wurde, wobei jeder die Pflicht hat, seine Ablehnung kundzutun und zu verlangen, dass sein Gesundheitssystem andere Arten von Impfstoffen zur Verfügung stellt". Diese Erklärung bezog sich auf eine damals aktuelle Diskussion zur Röteln-Impfung.
Die Note der Glaubenskongregation appelliert dringend an Forscher und Pharmaunternehmen, „ethisch akzeptable Impfstoffe zu entwickeln, die keine Gewissensprobleme aufwerfen können“. Es gilt weiterhin, dass es keinerlei Anreize dafür geben dürfe, um weitere Zelllinien aus abgetriebenen Feten herzustellen und damit indirekt Abtreibungen zu fördern.
Das US-amerikanische Charlotte Lozier Institute hat eine Übersicht von in der Entwicklung fortgeschrittenen COVID-19-Impfstoffen erstellt, wobei für die verschiedenen Projektphasen ausgewiesen wird, ob humane fetale Zelllinien verwendet wurden. Die Liste berücksichtigt diejenigen Impfstoffe, die am weitesten fortgeschritten sind (Stand 4.1.2021) und wird laufend aktualisiert.
Weiterführende Informationen: Covid-19-Impfstoffe: Ethische Stellungnahme zu Fragen der Herstellung, IMABE, 12.1.2021