Wissen und Wirklichkeit klaffen in der Medizin offenbar auseinander: Zentral für den Therapieerfolg sind eine intensive Arzt-Patient-Beziehung und gute Kommunikation. Doch im Klinikalltag und angesichts des ökonomischen Drucks, der auf vielen Medizinern lastet, bleibt häufig zu wenig Zeit für das Gespräch mit dem Patienten. Dies kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) im Vorfeld des 123. Internistenkongresses in Mannheim (Pressemitteilung, März 2017). Nur wo es genügend Raum für Gespräche gebe, könne der Patient überhaupt Vertrauen zur Medizin und zum behandelnden Arzt gewinnen.
Auch Ärzte müssen in der „sprechenden Medizin“ dazulernen: Studien zufolge unterbrechen sie ihre Patienten bereits nach 15 Sekunden und stellen vornehmlich geschlossene Fragen, auf die der Patient nur mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann. Für offene Fragen, wie jene nach dem Befinden, nehme man sich zu wenig Zeit. Bei betreuungsintensiven Fachdisziplinen wie etwa der Diabetologie oder der Rheumatologie leide auch der Behandlungserfolg unter der fehlenden Gesprächszeit. Die Internisten fordern daher, dass der Austausch mit dem Patienten im Vergütungssystem besser abgebildet wird.
Information, Empathie und Eingehen auf die Bedürfnisse des Patienten zählen zu den zentralen Faktoren, um das Vertrauen des Kranken zu gewinnen, ihn in seiner Eigenverantwortung zu stärken und für die Therapie zu motivieren. Psychologen der Universität Basel und Harvard Medical School untersuchten kürzlich 47 Studien aus Europa, Asien, Nordamerika und Australien, die sich mit dem Zusammenhang von Vertrauen und der Verbesserung des Gesundheitsstands bei Personen in ärztlicher Behandlung beschäftigten. Das Ergebnis der in Plos One veröffentlichten Meta-Anaylse (2017; 12(2): e0170988, doi:10.1371/journal.pone.0170988): Wo Patienten ihren Ärzten, Therapeuten und dem Pflegepersonal vertrauen, führt dies signifikant zu einer Verbesserung der subjektiv wahrgenommenen Beschwerden, der Zufriedenheit und der Lebensqualität. Die empirischen Daten geben laut Autoren einen klaren Hinweis, wie wichtig vertrauensvollen Beziehungen in klinischer Umgebung sind. Sie fordern, dass der Aufbau und die Sicherung von Vertrauen zu einem integralen Bestandteil der klinischen Ausbildung und Praxis gemacht werden.