Der Traum der Molekularbiologie – die Selbstentstehung des Lebens
Zusammenfassung
Molekularbiologie und präbiotische Chemie haben ein Standard-Modell zur Selbstentstehung des Lebens präsentiert, das jedoch viele Fragen offen lässt. Weder für die präbiotische Herkunft der Bausteine der Nukleinsäuren und Proteine noch für die zelluläre Organisation des genetischen Materials gibt es gesicherte Hinweise. Von der attraktiven RNA-Welt-Hypothese beginnt man wieder Abstand zu nehmen und sich primitiveren Vorläufermodellen zuzuwenden. Auch die Entstehung des genetischen Codes und überhaupt des Informationsgehalts der DNA bereitet große theoretische Schwierigkeiten. Die Analyse einiger Erkenntnisse der molekularen Ursprungsforschung verdeutlicht, dass eine Selbstorganisation des Lebens aus den molekularen Grundbausteinen extrem unwahrscheinlich ist und alternative Erklärungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen.
Schlüsselwörter: Molekulare Evolution, RNA-Welt, Selbstorganisation, Ursuppe, Bruno Vollmert, Wilder Smith
Abstract
Molecular biology and prebiotic chemistry have presented a standard model to self-development of life that, however, leaves many open questions. There are no assured hints neither for the prebiotic derivation of building blocks of nucleic acids and proteins nor for the cellular organization of the genetic material. Distance is taken from the attractive RNA world hypothesis to turn to more primitive forerunner models. Additionally, the development of the genetic code and being the information content of DNA in general cause great theoretical difficulty. The analysis of some findings of the research field of the molecular origin of life shows clearly that a self-organization of life from the molecular basic building blocks is extremely improbable and alternative explanation possibilities need to be considered.
Keywords: molecular evolution, RNA-world, self organization, primary soup, Bruno Vollmert, Wilder Smith
1 Einleitung
War das Leben auf Erden unvermeidbar? Mit dieser Spekulation haben Harold Morowitz und Eric Smith die wissenschaftliche Öffentlichkeit überrascht und Aufsehen erregt.1 Ihrer Meinung nach erschien das Leben auf der Erde mit Notwendigkeit durch die bei geologischen Prozessen frei werdenden Energien. Es sei seiner Umgebung entsprungen, wie ein Blitz während eines Gewitters durch elektrische Entladungen frei wird. Aber nicht nur auf unserer Erde müsste das Leben infolge vulkanischer Eruptionen entstehen, sondern auf jedem ähnlich gestalteten Planeten auch. Im letzten hoffen beide Forscher, dadurch die ersten Schritte hin zum Ursprung des Lebens allein mit den Gesetzmäßigkeiten der Physik und der Chemie erklären zu können. Andere Wissenschaftler wie David Berlinski sind weniger euphorisch, was die Leichtigkeit einer abiotischen Lebensentstehung betrifft.2 Einer spontanen Lebensentstehung seien viele Hindernisse entgegen gestanden, etwa die Herkunft der geeigneten Grundbausteine und deren rechte Zusammenlagerung zur Bildung primitiver Lebensformen. Die hypothetischen Vorläufer des Lebens wären darüber hinaus ständig durch einfallende Meteoriten und harte UV-Strahlung bedroht gewesen. Zwar unterscheiden sich die hier diskutierten Vorstellungen zur Lebensentstehung beträchtlich hinsichtlich ihrer Plausibilität, dennoch zweifelt heute die Mehrzahl der Wissenschaftler nicht mehr daran, dass das Leben von selbst entstehen kann. Man nimmt an, dass Prokaryonten vor etwa 4 bis 3,5 Milliarden Jahren3 auftraten und die ersten Lebensformen darstellten.
In der Diskussion geht es nicht darum, ob, sondern wie der Prozess der Lebensentstehung genau vonstatten ging. Alle Hypothesen bewegen sich im rein theoretischen Bereich, unabhängig davon, ob sie durch experimentelle Nachahmungen von Urzuständen durch Computersimulationen gestützt sind.
Ungeachtet der großen Spekulationen über das erste Auftreten von Lebewesen, gibt es auf der Erde Leben in Hülle und Fülle. Und wie die große Artenvielfalt unter den Lebewesen entstanden sein könnte, meint man seit Darwin sicher zu wissen: Sie entstanden durch spontane zufällig auftretende Veränderungen in ihrem Erbgut (Mutationen) und natürliche Auslese (Selektion) der Tüchtigsten aus einfachen Urformen. Über die Jahrmillionen hinweg bildeten sich dann immer höhere Organisationsformen des Lebens.4 Lässt sich nun das von Darwin postulierte Entwicklungsschema – das zweifellos im Bereich der Mikroevolution5 seine Gültigkeit hat – auch auf den Ursprung des Lebens überhaupt anwenden? Manche Wissenschaftler wie – Mariano Artigas – sind der Auffassung, dass sich das Leben bis hin zum Menschen durch einen gigantischen kosmischen Werdeprozess von selbst entwickelt hat.6 Auch der Nobelpreisträger François Jacob ist dieser Meinung und vermittelt eine globale Vision einer möglichen Lebensentstehung: „Man nimmt an, dass das Leben aus einer „Ursuppe“, dem Ergebnis einer chemischen Evolution, hervorgegangen ist. Irgendein molekulares Gebilde muss die Fähigkeit entwickelt haben, Bestandteile dieser organischen Lösung zu nutzen, um sich zu reproduzieren. Das konnte jedoch kaum eine getreue Reproduktion sein, und so konnten alle möglichen Variationen entstehen. An ihnen konnte die natürliche Auslese ansetzen. (…) Die Anpassung ist ein Ergebnis der Konkurrenz zwischen Individuen entweder innerhalb der Art oder zwischen den Arten. Sie sorgt automatisch dafür, dass die genetischen Gelegenheiten ergriffen werden und dass der Zufall auf Wege gelenkt wird, die mit dem Leben in einer bestimmten Umwelt vereinbar sind. Nach Ansicht vieler Biologen hat ein Anpassungsprozess, der über Millionen von Jahren und Millionen von Generationen hinweg unablässig wirksam war, jeden Organismus, jede Zelle und jedes Molekül bis in letzte Detail verfeinert.“7
Dieser hypothetische globale Entwicklungsvorgang soll streng kontinuierlich verlaufen sein. Dabei werden fließende Übergange von der unbelebten zur belebten Materie, vom Einzeller zum Vielzeller angenommen, und schließlich soll auch der Geist des Menschen aus den materiellen Komponenten des Lebendigen hervorgetreten sein.8 Gemäß Bernd-Olaf Küppers herrscht unter Naturwissenschaftlern ein breiter Konsens darüber, dass allein die Gesetze der Physik und Chemie ausreichend seien, damit Leben notwendigerweise entstehen muss.9
1943 wurde die DNA als zentrales Molekül der Vererbung erkannt. Der Physiker und Nobelpreisträger Erwin Schrödinger10 vermutete in diesem „aperiodischen Kristall“ das Wesen des Lebendigen und zweifelte nicht an der prinzipiellen Möglichkeit, allein aus der materiellen Struktur der Nukleinsäuren, aus den Gesetzmäßigkeiten der Physik und Chemie die Lebensvorgänge naturwissenschaftlich erklären zu können. Er tat dies noch bevor die Struktur der DNA von Watson und Crick11 1953 präzise ermittelt und erste Vermutungen zu Mechanismen der Replikation, Transkription und Translation formuliert wurden. Im Gegensatz zur gewaltigen Formenvielfalt, die im Pflanzen- und Tierreich herrscht, erstaunt die Uniformität, mit der sich in allen Lebensformen, von Bakterien angefangen bis hin zum Menschen, ihre molekularen Lebensvorgänge vollziehen. DNA ist stets Träger der Erbinformation und Garant der genetischen Kontinuität. Weiter bedienen sich alle Lebewesen der Eiweiße und Kohlenhydrate, um den Organismus aufzubauen und zu erhalten oder aber um die vielfältigen Stoffwechselwege zu steuern. Somit ließe sich die Frage nach dem Ursprung der Lebewesen dahingehend vereinfachen, ob die Makromoleküle wie DNA und Proteine, die die grundlegenden Lebensfunktionen tragen, von selbst entstehen konnten.12
Die folgende Darstellung einiger Ergebnisse der molekularen Evolutionsforschung soll die Möglichkeiten und Grenzen der Naturwissenschaft aufzeigen, den Lebensanfang auch nur annähernd plausibel zu erklären.
2 Leben aus der Ursuppe?
Die hypothetische Entwicklung des Lebens aus bereits vorhandener anorganischer Materie wurde mit den unterschiedlichsten Versuchsansätzen im Labor simuliert. Wie aussagekräftig sind solche Retortenversuche? Bilden sie eine sichere Grundlage für eine Theorie der chemischen Evolution im Sinne eines molekularen Darwinismus, der auf der Selbstorganisation der Materie beruht? Können die molekularen Bausteine aller Lebewesen, Nukleotide, Aminosäuren und Sacharide unter präbiotischen Bedingungen von selbst entstehen?
Einen ersten Hinweis darauf, dass es prinzipiell möglich ist, im Labor organische Verbindungen herzustellen, erbrachte der Chemiker Friedrich Wöhler bereits 1828. Ihm gelang die Synthese von Harnstoff aus dem anorganischen Salz Ammoniumcyanat. Dadurch wies er nach, dass ein Produkt tierischer Lebensprozesse im Labor aus anorganischen Substanzen hergestellt werden konnte. Vor 1828 dachten Chemiker, dass Harnstoff nur von lebenden Organismen gebildet werden könnte. Wöhlers Arbeiten revolutionierten nicht nur die Chemie, sondern das Denken überhaupt. Je mehr die chemische Natur der Organismen zutage trat, desto wahrscheinlicher wurde auch die Vorstellung, dass sie selber chemischer Herkunft sein könnten.
Schon der antike Naturphilosoph und einer der sieben Weisen, Thales von Milet, war der Auffassung, dass Wasser Stoff und Urgrund aller Dinge sei. Alles bestehe aus Wasser und dieses sei auch selbst belebt. Aus dem Wasser entspringe alles und fließe wieder dorthin zurück.13 Seine Überlegungen gewinnen im Hinblick auf die heutige Erforschung der Lebensentstehung wieder an Aktualität und könnten als Vorahnung der „Ursuppen-Hypothese“ gelten. Auch Darwins Gedanken zum Ursprung des Lebens gingen in diese Richtung. In einem Brief an seinen Freund Joseph Dalton Hooker schrieb er 1871, wie er sich das erste Erscheinen des Lebens auf Erden vorstellte: Es könnte in einem kleinen warmen See entstanden sein, der alle Arten von Ammonium und Phosphorsalzen enthielt und in dem sich unter Einwirkungen von Hitze und Elektrizität Proteinbestandteile chemisch formten, die dann noch komplexen Veränderungen unterworfen waren.14
Unter heutigen Bedingungen würden allerdings solche Stoffe sofort von anderen Lebewesen absorbiert. Das bedeutet, dass das Leben selbst heute die spontane Bildung einfacher organischer Verbindungen verhindern würde. Dieser Umstand beschränkt die heutige molekulare Ursprungsforschung auf die sterilen Laborbedingungen und die Simulation von frühen Lebensbedingungen mit Hilfe des Computers. Noch existiert kein „Standard-Modell“ zur Erklärung der Lebensentstehung. Auf dem Weg dorthin müssten folgende Schritte erklärt werden:
- Herkunft der Grundbausteine der Nukleinsäuren und Proteine
- Herkunft von biologisch aktiven Polymeren und Makromolekülen
- die Herkunft der ersten Zellen
2.1 Millers Experimente
Die so genannten Ursuppenexperimente von Stanley Miller gelten als erste Bestätigung einer präbiotischen Evolutionstheorie und werden als solche in vielen Schulbüchern dargestellt. Grundlage für Millers Versuche waren umfassende Untersuchungen Harold Ureys über die ursprüngliche Zusammensetzung der frühen Erdatmosphäre. Er vermutete aufgrund der Häufigkeit von Wasserstoff im Weltall eine Zusammensetzung der Uratmosphäre aus Methan, Ammoniak, Stickstoff, Wasser und Wasserstoff. Aufgrund des geringen bzw. fehlenden Sauerstoffgehalts bezeichnet man ein solches Gasgemisch als reduzierend.15 Dieser von Urey formulierte Zustand einer reduzierenden Uratmosphäre entspricht den Voraussetzungen, unter denen eine präbiotische Entstehung von Aminosäuren, Stickstoffbasen und Zuckern theoretisch möglich ist. Eindeutige Hinweise darauf, dass es tatsächlich diese günstigen Bedingungen für die Entstehung der ersten Biomoleküle gegeben hat, existieren nicht.16
Miller war 1953 Doktorand in Ureys Labor und ahmte in einer von ihm entworfenen Versuchsapparatur den Zustand der frühen Erde im Labor nach.17 Er ließ für mehrere Tage elektrische Funkenentladungen auf ein entsprechendes Gasgemisch einwirken und beobachtete, dass sich daraufhin ein dunkelgefärbtes heterogenes Produktgemisch von dickflüssiger Konsistenz („Ursuppe“) bildete.18 Unter den Reaktionsprodukten, die sich gebildet hatten, konnte Miller nach entsprechender Aufarbeitung auch einige Aminosäuren nachweisen, die in Lebewesen vorkommen. Der von Miller ausgearbeitete Simulationsversuch ist vielfach wiederholt worden und fast alle in der Natur vorkommenden Aminosäuren konnten auf diese Weise synthetisiert werden. In einzelnen Versuchsansätzen bildeten sich aber von den zwanzig proteinogenen Aminosäuren stets nur höchstens dreizehn, daneben lag ein Überschuss von Substanzen vor, die in der belebten Natur nicht im Zusammenhang mit der Proteinsynthese stehen. Auch ergab die Analyse der Reaktionsprodukte einen Überschuss an mono- und polyfunktionellen Molekülen, welche für die Verkettung der einzelnen Aminosäuren zu Proteinen einen beträchtlichen Störfaktor darstellen.
Der Polymerchemiker Bruno Vollmert19 hat sich kritisch mit den Millerschen Experimenten auseinander gesetzt. Die technische Synthese von Makromolekülen ist heute nur unter streng kontrollierten Laborbedingungen möglich, was eine spontane Entstehung unter „Ursuppenbedingungen“ sehr fraglich erscheinen lässt. Eine lebende Zelle ist in der Lage, nicht nur die für die Synthese der Protein- und DNA-Makromoleküle notwendigen Ausgangsstoffe, die Aminosäuren und die Nukleosid-Triphosphate, herzustellen, sondern auch die Makromoleküle selbst. Möglich wird dies, weil sie hierfür äußerst komplizierte Vorrichtungen und Mechanismen besitzt. Enzyme und andere Proteine erhalten, kopieren und werten die genetische Information aus. „In den Urozeanen der frühen Erde gab es das alles zunächst noch nicht: weder lebende Zellen noch ihre Makromoleküle und folglich auch keine Enzyme, die in der Zelle die Polykondensation, d. h. die Kettenbildung aus den kleinen Aminosäure- bzw. Nukleotid-Molekülen, ermöglichten.“20 Wie wurde damals der erste Wachstumsschritt, die erste Bildung eines langen Kettenmoleküls bewerkstelligt, das auch noch fähig war, sich selbst sequenzgetreu zu reproduzieren und diese Reaktion zu katalysieren? Wie soll die Selbstmontage der vielen Einzelbausteine in einem für diesen Vorgang so ungeeigneten Medium vonstatten gegangen sein? Eine Vielzahl unbeantworteter Fragen. Vor allem zwei Gründe bewogen Vollmert, an einer Selbstentstehung von Makromolekülen aus den präbiotisch gebildeten Monomeren zu zweifeln:
- das Medium enthielt einen großen Überschuss an kettenabbrechenden Molekülen und
- die Kettenmoleküle waren dem Angriff von Wasser bzw. einer wässrigen Ammoniumformiatlösung schutzlos ausgesetzt.“21
Sowohl die Synthese von Aminosäure- als auch von Nukleinsäureketten wird durch den Überschuss an kettenabbrechenden Substanzen in der Ursuppe extrem erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht.22 Hinzu kommt, dass sowohl die Kondensation zweier Aminosäuren zu einem Dipeptid wie auch die Reaktion von Nukleosid und Phosphorsäure bei der DNA- bzw. RNA-Synthese unter Wasserabspaltung verlaufen. Nun ist das irdische Leben ohne Wasser gar nicht vorstellbar. Dies bedeutet, dass die gerade gebildeten Polymere im wässrigen Medium der Ursuppe ständig der Gefahr der Hydrolyse, also der Zersetzung, ausgesetzt waren. Gentechniker, die DNA-Moleküle im Labor herstellen, arbeiten deshalb bei ihren Synthesen in wasserfreien Lösungsmitteln. Vollmert kommt zur nüchternen Schlussfolgerung, „dass in einem sich selbst überlassenen wässrigen Medium nach Art einer Ursuppe langkettige Makromoleküle wie DNA und Proteine nicht spontan (von selbst) entstehen.“23
Die Versuche von Stanley Miller könnten als erster Schritt zur Bildung lebenswichtiger Moleküle gewertet werden. Jedoch führt dieser Schritt offenkundig in eine Sackgasse. Denn in allen Versuchsansätzen entsteht zugleich mit den erwünschten Aminosäuren eine Vielzahl weiterer Stoffe, welche die nächsten erforderlichen Schritte stark behindern oder gar unmöglich machen.24 Ursprungsforscher wie Dose und Shapiro haben diese Schwierigkeiten gesehen und nach alternativen Erklärungsmöglichkeiten gesucht, d.h. nach Grundlagen des Lebens, die einfacher strukturiert sind als DNA oder Proteine.25
2.2 Die RNA-Welt-Hypothese
Alle heutigen Lebewesen verwenden DNA als Speicher für die genetische Information und katalysieren mit Hilfe von Proteinen ihre Stoffwechselreaktionen. DNA enthält alle Informationen, die nötig sind, um Proteine herzustellen. Einige dieser Proteine, die Enzyme, katalysieren Reaktionen, die das Überleben der Zelle garantieren und für deren Verdoppelung sorgen. Weder DNA noch Proteine können für sich alleine operieren. DNA kann sich nicht selbst replizieren, und Proteine können sich nicht selber herstellen. Genau hierin liegt das Henne-Ei-Dilemma: Wenn DNA und Proteine nur gemeinsam funktionieren können, wie ist dann dieses komplexe System entstanden? Millers Experimente konnten keine plausiblen Anhaltspunkte für die Bildung der Ausgangsstoffe beider Makromoleküle geben. Selbst wenn man vereinfachend annehmen würde, dass nur zwei Basen als Ausgangsmaterial für Nukleinsäuren und wenige Aminosäuren als Bausteine für die Proteine notwendig wären, bliebe das Grundproblem erhalten: Was kam zuerst, Proteine oder Nukleinsäuren. Hinweise, dass es primitive Vorläufer eines replikativen und metabolisch aktiven Systems gegeben hat, gibt es bisher nicht. Jedoch gibt es Hinweise darauf, dass möglicherweise ein einziges Vorläufermolekül beide Funktionen in sich vereinen konnte, nämlich Speicherung von genetischer Information und Katalyse oder Autoreplikation.
Erste Überlegungen, dass RNA diese Doppelfunktionen einnehmen könnte, wurden Ende der sechziger Jahre von Woese, Crick und Orgel vorgetragen.26 Sie stellten sich einen autonomen „RNA-Organismus“ vor, in dem RNA die Aufgaben der späteren Proteine übernahm, also sowohl als RNA-Polymerase fungierte als auch als Nuklease. Crick dachte auch daran, dass ursprüngliche Ribosomen vollständig aus RNA aufgebaut gewesen seien.27 Keiner der Autoren hatte jedoch vermutet, dass in heutigen Organismen die RNA-Katalyse noch von Bedeutung sein könnte. Es schien so, dass in späteren Entwicklungsstufen diese Aufgaben vollständig von Proteinen übernommen wurden. Diese Überlegungen blieben lange Zeit im Bereich der Spekulation.
Umso überraschender war die Entdeckung von Thomas Cech und Mitarbeitern, die bei einem thermophilen Geißeltierchen RNA-Moleküle mit katalytischer Aktivität fanden.28 Zu ihrem großen Erstaunen konnte dieses besondere RNA-Molekül nicht nur Information speichern und Instruktionen geben. Es konnte diese auch selber ausführen, wie etwa die eigenen RNA-Stränge auseinanderziehen oder sie durchschneiden. Für die Entdeckung der katalytischen Eigenschaften von RNA erhielten Cech und Altmann 1989 den Nobelpreis für Chemie. Könnten Ribozyme, wie diese agilen RNA-Formen genannt werden, molekulare Fossilien darstellen und einen frühen Schritt hin zum Leben bedeuten? Diese attraktive Hypothese hatte in den folgenden Jahrzehnten viele Wissenschaftler zu Untersuchungen angeregt, die klären sollten, ob eine proteinfreie RNA-Welt29 unter Bedingungen einer primitiven Erde denkbar wäre. Wenn wirklich eine RNA-Welt der komplexeren DNA-Protein-Welt vorausging, so wäre das Problem der Entstehung des Lebens einfacher zu fassen. Dennoch müsste auch hierbei die nicht enzymatische Synthese von Nukleotiden und Zuckern sowie die nicht enzymatische Polymerisierung von Nukleotiden zu zufälligen RNA-Sequenzen geklärt werden.
Millers Ursuppen-Experimente suchten relativ unspezifisch nach organischen Makromolekülen als möglichen Ausgangsstoffen für Proteine und Nukleinsäuren. Spätere Experimente analysierten gezielt mögliche präbiotische Synthesewege einzelner RNA-Bausteine. Einige sollen im folgenden dargestellt werden.
2.3 Präbiotische Bildung von Zuckern
Bereits 1861 gelang dem russischen Chemiker Alexander Butlerow die Synthese von Zuckern ausgehend von Formaldehyd.30 Später wurde dieser Syntheseweg weiter untersucht, und man stellte fest, dass es sich um einen autokatalytischen Reaktionszyklus handelte, der durch geringe Verunreinigungen des Formaldehyds ausgelöst wurde und als erstes Reaktionsprodukt Glykolaldehyd hervorbrachte. Wäre es möglich, die Butlerow-Reaktion auf die Synthese von Ribose zu lenken, könnte sie ein idealer Weg zur Zuckerkomponente der Nukleotide sein. Jedoch wurden bisher auf diesem Reaktionsweg nur Zuckergemische hergestellt, und Ribosen waren stets nur in verschwindend geringen Mengen nachzuweisen.31 Wenig später konnte aber gezeigt werden, dass Blei-Kationen die Synthese von Aldopentosen katalysieren32, was zu Spekulationen führte, dass Ribosen doch unter präbiotischen Bedingungen entstehen könnten.
2.4 Präbiotische Bildung von Purinen und Pyrimidinen
Die chemische Synthese der Purinbase Adenin gibt bis heute viele Rätsel auf. Ausgangsbasis einer möglichen präbiotischen Adeninsynthese ist Cyanwasserstoff (HCN) oder Blausäure. Schon Anfang der sechziger Jahre konnten John Oro und Mitarbeiter geringe Mengen von Adenin aus Ammoniumcyanid gewinnen.33 Dabei findet zunächst eine Polymerisation von HCN zu einem HCN-Tetramer statt, das in anschließenden Reaktionsschritten zur Bildung von Adenin führen kann. Jedoch finden diese Reaktionen stets unter optimalen Laborbedingungen statt, also in Gegenwart hoher Konzentrationen von Ausgangsstoffen wie HCN und Ammonium, die kaum unter präbiotischen Bedingungen in einem hypothetischen Urmeer vorhanden gewesen sein können. Dies veranlasste Wissenschaftler nach anderen möglichen Herkunftswegen für Adenin zu suchen. Miyakawa ging davon aus, dass Purine in der frühen Erdatmosphäre unabhängig von Cyanwasserstoff gebildet wurden.34
Noch kühner spekulieren Christopher Chyba und Carl Sagan, dass Purine gar an anderen Orten unseres Sonnensystems entstanden und durch Meteoriten auf die Erde gebracht wurden.35 Kritisch steht Robert Shapiro, einer der führenden Ursprungsforscher, diesen Überlegungen gegenüber. Gerade weil Adenin eine wichtige Funktion bei der Replikation aller bekannten Lebewesen hat, liegt es nahe, dass Adenin ein Bestandteil des Replikationssytems am Ursprung des Lebens war. Doch die chemischen Eigenschaften von Adenin sprechen gegen eine derartige Rolle:
1) Adenin kann nur in Gegenwart hoher HCN-Konzentration gebildet werden, die nicht auf der frühen Erde vorausgesetzt werden kann.
2) Die gebildeten Mengen sind vermutlich so gering, dass sie durch Hydrolyse schnell wieder in die Ausgangsstoffe zerfallen würden.
3) Die mögliche Interaktion mit Uracil über nur zwei Wasserstoffbrückenbindungen wären zu schwach, um unter den chaotischen präbiotischen Bedingungen als spezifisches Erkennungsschemata wirken zu können.
Es sind dies drei gewichtige Gründe, welche Shapiro die attraktive Möglichkeit verwerfen lassen, dass Adenin eine Komponente des ersten replikativen Systems gewesen sein könnte.36 Ebenso skeptisch ist er hinsichtlich einer möglichen präbiotischen Synthese von Pyrimidinen.37 Sie seien weder in Meteoriten zu finden, noch bei Experimenten mit elektrischen Entladungen (nach Art Millers) aufgetreten. Die chemische Synthese bereitet so große Schwierigkeiten, dass Shapiro auch Cytosin als möglichen Bestandteil eines frühen Replikatormoleküls für sehr unwahrscheinlich hält.38
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass derzeit keine überzeugenden Modelle für Synthesewege von Nukleotiden unter plausiblen präbiotischen Bedingungen zur Verfügung stehen. Einige wenige Reaktionsschritte können wohl nachgeahmt werden, jedoch immer unter Verwendung reiner Ausgangssubstanzen und nicht selten mit sehr geringen Produktausbeuten. Auch führt jede präbiotische Synthese von Nukleotiden unweigerlich zu einem Razemat, d. h. zu einem Produktgemisch, in dem auch das biologisch inaktive D-Enantiomer auftreten muss. Überlegungen zu einer außerirdischen Herkunft der Grundbausteine der Nukleinsäuren werden zwar diskutiert, können aber nichts zur Lösung des eigentlichen Problems beitragen.
2.5 Verkettung von Nukleotiden zu RNA-Molekülen
Es gehört zur RNA-Welt-Hypothese, dass sich kurze RNA-Moleküle spontan bilden und auch die eigene Vervielfältigung eigenständig bewerkstelligt haben könnten. Ungeachtet der bereits erwähnten Schwierigkeiten bei der Bildung der RNA-Bestandteile, sollen die theoretisch möglichen weiteren Schritte zur Bildung funktionstüchtiger Ribozyme diskutiert werden.
Eine Vernetzung von aktivierten Nukleotiden zu längerkettigen Molekülen erfolgt in der Regel nicht spontan, sondern nur wenn externe Aktivierungsfaktoren der Reaktion zugeführt werden. Aufgrund der sehr niedrigen Reaktionsgeschwindigkeit von Nukleosidphosphaten in wässriger Lösung bei moderaten Temperaturen und pH-Werten, kann diese Reaktion nicht einfach im Labor simuliert werden.39 Lediglich Polymere von wenigen Nukleotiden konnten auf diese Weise synthetisiert werden. Das größte Problem stellt die freie Energiequelle dar, die die Polymerisierung von Nukleotiden antreiben könnte. Dieses Problem könnte mit Tonmineralien gelöst werden. James P. Ferris und Mitarbeitern gelang es mit silikatbeschichtetem Ton langkettige und vernetzte RNA-Moleküle herzustellen.40 Nach Angaben der Autoren wirkt Ton dabei nicht nur als Katalysator für die Bildung der RNA-Stränge, er dient auch als Matrize, diktiert also auf irgendeine Weise die Sequenz der Nukleotideinheiten. Ferris kann noch nicht erklären, wie Ton diese Aufgabe bewerkstelligen kann, forscht aber mit seinem Team intensiv an der Klärung dieser Frage.
Die eigenständige Replikation von RNA gehört ebenfalls zu den Postulaten der RNA-Welt-Hypothese. Experimentelle Hinweise darauf, dass RNA in der Lage sei, ohne enzymatische Hilfe einen komplementären Strang zu synthetisieren, setzen jedoch immer das Vorhandensein von bereits bestehenden Polynukleotiden voraus. So konnten Orgel und Mitarbeiter zeigen, dass in Gegenwart langer Oligo C oder Oligo G Matrizenstränge und mit im Überschuss vorhandenen aktivierten Mononukleotiden die entsprechenden komplementären Doppelstränge bilden können.41 Wie schon erwähnt, würde bei jeglicher präbiotischer Synthese von Ribonukleotiden ein Razemat entstehen, also ein Gemisch aus D- und L-Enantiomeren. In allen heutigen Lebewesen finden sich nur die D-Enantiomere als Grundbausteine der Nukleinsäuren. Es wurde sogar gefunden, dass das L-Stereoisomer als wirksamer Inhibitor bei einer Template-gesteuerten Synthese wirkt. Diese Schwierigkeit wurde oft beobachtet und als enantiomere Kreuzinhibition bezeichnet. Sie könnte alle noch so plausiblen Erklärungen für die Herkunft präbiotischer Replikationsmechanismen wieder in Frage stellen.42
2.6 Der Traum der Molekularbiologen
Trotz der zahlreichen Schwierigkeiten, die RNA-Welt-Hypothese theoretisch und experimentell zu fundieren, ließen es sich Gerald Joyce und Leslie Orgel nicht nehmen, ein Szenario zu postulieren, das sie attraktiv den „Traum der Molekularbiologen“ nannten.43 Ihr Traum besteht in einer optimistischen Extrapolation der unterschiedlichen Ergebnisse der präbiotischen Chemie und Experimenten zur gerichteten RNA Evolution. Er konzentriert sich auf folgende Annahmen:
1. Basen und Zucker können durch präbiotische Reaktionen auf der frühen Erde synthetisiert werden und/oder wurden durch Meteoriten, Kometen oder intergalaktischen Staub auf die Erde transportiert.
2. Die präbiotisch gebildeten Basen, Zucker, Phosphate waren in adäquater Menge und genügender Reinheit vorhanden. Daraus bildeten sich Nukleotide, die Grundbausteine der Nukleinsäuren, und häuften sich in einem kleinen See an.
3. Am Seegrund gab es Tonmineralien, die die Bildung langkettiger einzelsträngiger Polynukleotide katalysierten. Einige von ihnen wurden durch Template-gesteuerte Synthese zu Doppelsträngen umgeformt. So entwickelte sich eine ganze Bibliothek doppelsträngiger RNA und konnte sich auf der frühen Erde anhäufen.
4. Unter diesen doppelsträngigen RNA-Molekülen gab es einige wenige, die sich selber replizieren konnten, die Ribozyme. Kopie eines Ribozyms führt zu weiteren Ribozymen und so fort. So konnte eine exponentiell wachsende Population entstehen.
5. An diesem Punkt des Szenarios würde dann die natürliche Selektion den Prozess fortführen.
6. Darwin zufolge ist das Leben von einem ursprünglichen Organismus ausgegangen. Gemäß den noch radikaleren Traumvorstellungen der Molekularbiologen würde die gesamte Biosphäre von wenigen auf der primitiven Erde gebildeten sich selbst replizierenden Polynukleotiden abstammen.
Traum bleibt Traum. Die Autoren dieses utopischen Molekül-Schauspiels geben wohl zu bedenken, dass noch viele ungelöste Probleme zu bewältigen seien, bevor dieser Traum in eine ernstzunehmende und überzeugende Theorie umgewandelt werden könnte. Zudem bleibt noch zu zeigen, wie Ribozyme die Produkte ihrer Eigenaktivität zusammen halten, etwa durch den Einschluss in ein Membransystem, was noch kurz diskutiert werden soll.
2.7 RNA-Evolution am Computer
Einen anderen Zugang zur Erforschung der Herkunft von RNA-Molekülen haben Peter Schuster und Mitarbeiter gewählt.44 Mit Hilfe von Computersimulationen versuchen sie die Entstehung des Lebens zu simulieren und auch molekulare Evolution digital im Zeitraffer darzustellen. Den EDV-gestützten Evolutionsexperimenten liegt die optimistische Annahme zugrunde, dass die vier Basen, Ribosen und auch Phosphat, das Ausgangsmaterial zur Bildung von RNA, unter präbiotischen Bedingungen zur Verfügung gestanden haben45. Alle bereits erwähnten Schwierigkeiten und Hindernisse für die Selbstentstehung der Ausgangsstoffe von Nukleinsäuren brauchen dann in diesen Versuchsansätzen nicht betrachtet werden.
Schuster hat den Weg der Computersimulationen gewählt, weil er um die großen Hindernisse einer konventionellen, d. h. auf Laborexperimenten beruhenden Evolutionsforschung weiß. Phänomene wie Adaptation benötigen zwischen 103 und 106 Generationen. Solche Zeitspannen sind für Experimente im herkömmlichen Sinne zu groß. Auch die Kombination von möglichen Genotypen wird unüberschaubar groß. Schließlich erschwert die so komplexe Beziehung von Genotyp und Phänotyp realistische Modellbildungen. Bei einer in vitro-Evolution von RNA-Molekülen sind alle diese Hindernisse nicht vorhanden. Einzig notwendige Voraussetzung für eine Computer-gesteuerte molekulare Evolution sind Moleküle, die zur Reproduktion in der Lage sind (sie verhalten sich dann wie asexuell replizierende Individuen). Hieran können dann Selektion und Adaptation unter sich ändernden Umweltbedingungen angreifen. Die Generationszeiten von selbst replizierenden Molekülen sind extrem kurz. Phänomene wie Anpassung werden beobachtbar. Bei RNA fallen zudem Genotyp und Phänotyp in ein und demselben Molekül zusammen. Beide Eigenschaften, Sequenz und räumliche Struktur sind untrennbar miteinander verbunden. So bietet dieser Ansatz ein einfaches Modellsystem, um Adaptationsvorgänge im Labor zu untersuchen. Tatsächlich liegt Schusters Hauptaugenmerk auf der Optimierung von funktionellen RNA-Molekülen. In einem typischen Anpassungsexperiment wird der Selektionsdruck von außen vorgegeben, meist in Form „minimaler freier Energie bei der RNA-Faltung“ – somit hat der Evolutionsprozess jeweils gezielt eine vorgegebene Richtung. Auf diese Weise ist es den Forschern um Schuster möglich, Moleküle mit optimalen Eigenschaften entstehen zu lassen, die später synthetisch hergestellt werden können.
Diese „Spielzeug-Welt“, wie sie Schuster selbst nennt, bietet ein einfaches und zugleich effizientes Modellsystem für die Simulation von molekularen Adaptationsereignissen. Dieses Modell ist sicherlich geeignet, um mikroevolutive Prozesse zu verstehen.
Jedoch gibt Schuster auch zu bedenken, dass seine RNA-Welt nichts zum Verständnis der größeren Evolutionssprünge beiträgt. Dabei denkt er auf molekularer Ebene an die Entstehung von Replikation überhaupt, von Translation oder auch den Ursprung des genetischen Codes, an das komplexe Zusammenspiel von Genregulation. Auf makroskopischer Ebene wären dies der Übergang von Prokaryonten zu Eukaryonten, vom Einzeller zum Vielzeller oder gar die Entwicklung der Organismenvielfalt bis hin zum Menschen.46
Schusters Modell zur Anpassung bereits vorhandener RNA-Moleküle an präzise definierte Aufgaben und Strukturen enthält aber keine Hinweise, wie etwa in freier Natur oder aber in der Ursuppe eine mögliche Adaptation von selbst den richtigen Weg finden könnte, d. h. wie dort die Selektion der richtigen Moleküle vonstatten gehen könnte. So bleibt Schusters RNA-Baukastenspiel ein interessantes Modellsystem für die theoretische Entwicklung von Optimierungsstrategien.
2.8 Die Bildung primitiver Zellen
Von den anfangs erwähnten notwendigen Schritten zur Klärung der Lebensentstehung bleibt noch die Frage nach der Herkunft der ersten Zellen zu behandeln.
Viele Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Vorfahren aller Lebewesen eine Art einzellige Wesen waren, ein Behälter, in dem die Proteine und Nukleinsäuren, Kofaktoren und anderes verpackt und von einer relativ undurchlässigen Hülle umgeben waren. Auch bei diesem nächsten notwendigen Schritt der präbiotischen Evolution gibt es derzeit nur Spekulationen über mögliche Mechanismen zur Bildung der ersten Zellen. Zentraler Bestandteil der Zellmembranen sind Phospholipide, die sich spontan in Doppelschichten zu ringförmigen Strukturen zusammenlagern können. Während es keine Hinweise auf Synthesemöglichkeiten unter präbiotischen Bedingungen gibt, existieren dennoch Modellsysteme, wie Lipid-Doppelschichten zuerst in der Ursuppe entstehen konnten47 und wie man sich eine primitive Zellteilung vorstellen kann.
Die Entdeckung von Archaebakterien hatte Hoffnungen geweckt, dass diese Mikrorganismen gute Modellsysteme sein können, wie die ersten Vorläufer der Zellen entstanden sein könnten. Allerdings zeigte sich bald, dass gerade Archaebakterien hochkomplexe Stoffwechselsysteme beherbergen, die alles andere als „primitiv“ sind und somit kaum als mögliche Urform eines primitiven einzelligen Lebewesens herangezogen werden können.
Zusammenfassung
Der von Joyce und Orgel formulierte Traum eines „Standard-Modells“ zur Lebensentstehung bleibt bisher im Bereich der Spekulation. Weder für die präbiotische Herkunft der Bausteine von Nukleinsäuren und Proteine gibt es sichere experimentelle Daten, noch für eine Urform eines sich selbst replizierenden genetischen Systems, weiter ist die Frage der Organisation des genetischen Materials auf zellulärer Ebene unbeantwortet. Auch die Frage ob Henne oder Ei, d. h. ob Proteine oder Nukleinsäuren als erste Vorläufer des Lebens fungierten, ist noch offen. Schusters RNA-Spielzeugwelt zur in vitro Evolution von Biomolekülen hilft zur Klärung dieser Frage nicht weiter. Die attraktive Hypothese der RNA-Welt als ursprüngliches Modell zur Lebensentstehung steckt voller fragwürdiger Annahmen, so dass sich selbst deren Hauptvertreter heute bescheiden auf einfachere Vorläufer von RNA zurückziehen.48
3 Entstehung von genetischer Information
Bisher wurde das Augenmerk auf die mögliche Entstehung der Grundbausteine der genetischen Information gelegt, d. h. darauf, ob sich RNA- und DNA Moleküle aus einer unorganisierten chemischen Mixtur wie der Ursuppe der hypothetischen frühen Erde theoretisch hätten bilden können. Eine nüchterne Betrachtung der Ergebnisse lässt große Zweifel an einer zufälligen Selbstentstehung dieser hochkomplexen organischen Strukturen aufkommen. Selbst wenn es möglich wäre, die Synthese von RNA oder DNA Molekülen mit Hilfe von bereits vorhandenen Matrizen zu erklären, könnte hieraus noch nicht auf die Bildung des allerersten Template-Moleküls geschlossen werden.49
Obwohl wir derzeit nicht nachvollziehen können, wie das erste DNA-Molekül entstehen konnte, existieren die Lebewesen aber, und alle steuern auf der Basis von DNA ihre Lebensvorgänge. Wir wollen jetzt einmal annehmen, dass das erste DNA-Molekül von selbst entstehen und sich vervielfältigen konnte. Wäre es dann möglich zu rekonstruieren, woher die im Molekül gespeicherte Information kommt? Könnte auch der genetische Code von selbst entstehen und von den aleatorischen Faktoren, die die Ausgangsstoffe zusammenführen, in das entstehende Makromolekül integriert werden? Wie wir gesehen hatten, nahm Ferris an, dass Tonmineralien irgendwie die Reihenfolge der Basensequenz koordinieren. Eine mechanistische Erklärung dafür kann er derzeit aber nicht liefern (vgl. 2 e).
Bei der chemischen DNA-Synthese im Labor wird die Sequenzfolge dem Versuchsansatz vorgegeben, etwa zur Herstellung von kurzen einzelsträngigen DNA-Stücken für die klinische Diagnostik. Soll ein langkettiges DNA-Molekül unter präbiotischen Bedingungen von selbst entstehen, so muss die Reihenfolge der Nukleotide irgendwie gesteuert werden, wenn die Information gemäß dem heute bekannten genetischen Code etwa für die Herstellung eines Strukturproteins enthalten sein soll.
Wilder Smith, ein englischer Chemiker hatte sich schon Ende der siebziger Jahre eingehend mit dieser Frage auseinander gesetzt.50 Seine wichtigsten Gedanken und Schlussfolgerungen sollen kurz dargestellt werden.51 Nukleinsäuren wie auch Proteine in ihrer heute bekannten Form weisen eine strukturelle Ordnung auf, die rein chemisch-physikalischer Art sei, Smith nennt sie Ordnung erster Art. Diese bedinge die Form und die Architektur eines Moleküls, wie sie allen chemischen Verbindungen eigen ist. Nun kann sich die chemische Struktur eines Eiweißmoleküls derart gestalten, dass sie z. B. pharmakologische Wirksamkeit aufweist, etwa wie Insulin den Blutzuckerspiegel senken kann. Diese Eigenschaft stelle eine zusätzliche Art von Ordnung dar und trete bei bestimmten Eiweißen und Nukleinsäuren auf. Sie stelle eine höhere Art der Ordnung dar, die Ordnung zweiter Art, die auf der chemischen Ordnung basiert. Diese zweite Ordnung sei eine konzeptmäßige, kodierte Ordnung, während die erste Ordnung nicht codemäßig bedingt sei. Die zweite Ordnungsart beherbergt demnach ein „Projekt“, einen „Bauplan“ oder „Code“. Mit seiner Hilfe entstehe daraus Funktionalität wie bei Eiweißen oder ein Informationsarchiv wie im Fall der Nukleinsäuren.
Bei Retortenversuchen nach Art Millers, bei denen Proteinoide per Zufall aus Peptiden entstehen, tragen diese gewöhnlich eine molekulare Architektur gemäß der rein chemischen Ordnung, aber keine hormonale oder andere physiologische Wirksamkeit, die auf eine höhere Ordnung schließen ließe. Werden dagegen Eiweiße oder Nukleinsäuren durch eine gelenkte, programmierte chemische Synthese hergestellt, können sie Eigenschaften und Aktivitäten hervorbringen, die der höheren Ordnung entsprechen. Dies macht sich beispielsweise die molekulare Pharmakologie beim so genannten Drugdesign zunutze: Man kann die rein chemische Architektur eines Moleküls (Ordnung erster Art) so bestimmen, dass sie z. B. in die Form eines Rezeptors hineinpasst, und so eine physiologische Reaktion auszulösen vermag (Ordnung zweiter Art).
Sehr anschaulich erläutert Smith, wie unwahrscheinlich die spontane Entstehung von DNA-Molekülen ist, die einen Informationsgehalt höherer Ordnung tragen. Die Moleküle der Druckfarbe, die den Inhalt eines Buches vermitteln, besitzen ihre eigene, chemische Architektur (erste Ordnung) und machen die geschriebenen Sätze lesbar und wahrnehmbar (zweite Ordnung). Die Schrift basiert zwar auf der Architektur der Druckerschwärze, stammt aber nicht von ihr, stellt also keine Grundlage für den spezifischen Inhalt des Buches dar. Die chemische Konstitution der Druckfarbe hat also mit dem Inhalt des Textes nichts zu tun. Ähnlich veranschaulicht Smith die Wirkungsweise von Mutationen. Würde man Wasser auf einen mit Tinte geschriebenen Text gießen, würde dieser Text modifiziert oder teilweise verwischt. Niemals aber entstehe hierdurch eine grundlegend neue Information im Text.
So haben die chemischen Eigenschaften der Kohlenstoffatome, die das Grundgerüst des DNA-Moleküls bilden, mit dem kodierten Inhalt der Nukleinsäuren direkt nichts zu tun, obwohl beide voneinander abhängig sind (ebenso wenig wie die Druckerschwärze mit dem Textinhalt). Es ist wichtig, beide Ordnungsebenen gut auseinander zu halten, obwohl eine Ebene durch die andere bedingt wird: Die erste Ordnung (DNA-Molekül als chemische Substanz) enthält keine Projekte oder Baupläne, während die zweite Ordnung verschlüsselte kodierte Projekte, Bauanweisungen und Informationen enthält. Die chemischen Bestandteile der Nukleinsäuren und Proteine besitzen aus sich heraus nicht die Information, die ausreichen würde, eine Amöbe oder gar einen Menschen daraus entstehen zu lassen. Die wichtige Schlussfolgerung, die Smith aus seinen Überlegungen zieht, ist, dass „der lebende Organismus ein Hybrid zwischen zwei Quellen von Information ist“.
Zusammenfassung
Die Ausführungen Smiths verdeutlichen, dass eine spontane Biogenese aus toter Materie prinzipiell und theoretisch nicht nachvollziehbar ist. Es fehlt die Informationsquelle für die Ordnung zweiter Art. Das Konzept, der Plan oder der Code muss von außen an die „rohe Materie“ herangetragen werden, er kann nicht aus der chemischen Ordnung selbständig hervorgehen. Die Tintenmoleküle alleine liefern eben nicht den mit einer Feder geschriebenen Text, der einen ganz bestimmten Inhalt besitzt.
Auch der Naturtheologe William Paley (1743 – 1805) wies bereits darauf hin, dass das Konzept einer Taschenuhr nicht aus den einzelnen Stiften, Zahnrädern und Schräubchen stammen kann, sondern von einem Uhrmacher konzipiert sein muss. Ordnung erster Art ist wie eine tabula rasa, ein unbeschriebenes Blatt, auf dem die Ordnung zweiter Art entstehen kann. Den Vorstellungen des Neodarwinismus zufolge entwarf das leere Blatt die Vielfalt des Lebendigen. Der grundlegende Irrtum in der neodarwinschen Denkweise liegt gerade im Problem der Konzeptentstehung. Nur ein ordnender Geist kann unter Kenntnis der herrschenden Naturgesetze und deren sachgemäße Anwendung biochemische Maschinen konzipieren. Die rohe Materie besitzt diese Fähigkeit nicht.52
4 Ausblick
Bereits seit der Antike haben sich die Menschen gefragt, ob Leben von selbst entstehen könne und die unterschiedlichsten positiven Antworten gegeben. Man hielt eine spontane Lebensentstehung für durchaus denkbar. Louis Pasteur hatte 1862 durch seine Gärversuche zeigen können, dass Lebewesen nur aus Lebewesen entstehen konnten. Er wusste um die Gegenwart von Mikroorganismen in der Natur und machte Experimente, um die Frage zu klären, woher Krankheitserreger kämen. Wurden sie spontan in den Substanzen erzeugt oder kamen sie aus der Umwelt in diese Stoffe? Pasteur fand heraus, dass in allen Fällen Letzteres zutraf. So widerlegte er die damals heftig diskutierten Spekulationen zur Urzeugung, der generatio spontanea, und erklärte omne vivum ex vivo. Diese Ergebnisse wurden 1864 offiziell von der französischen Akademie der Wissenschaften anerkannt und sind bis heute nicht widerlegt worden.
Wohl aufgrund der großen Autorität Pasteurs wurden seine Schlussfolgerungen erst in den letzten Jahrzehnten wieder in Zweifel gezogen. Carsten Bresch hält eine spontane Entstehung erster lebender Strukturen doch für möglich, da einerseits die physikalisch-chemischen Bedingungen sicher grundverschieden von denen in Pasteurs Versuchen waren und andererseits Milliarden Jahre statt Tagen oder Wochen zur Verfügung standen.53 Auch Buchtitel wie „Stufen zum Leben“54, „Materie, Leben, Geist“55 oder „Kosmos, Erde, Mensch“56 suggerieren, dass der kritische Übergang von der anorganischen Materie zur belebten Materie doch fließend sei, als notwendige Folge der auf die Atome und Moleküle einwirkenden Naturgesetze. Bei der Mehrzahl der wissenschaftlichen Arbeiten zur Lebensentstehung gehen die Autoren davon aus, dass das Problem des Ursprungs des Lebens dann gelöst sei, wenn die Frage nach der Herkunft der Grundbausteine beantwortet werden kann.57 Man stellt sich vor, dass Leben dann auftreten kann, wenn physikalisch-chemisch die Herkunft der Grundkomponenten erklärbar ist und diese sich zufällig zu komplexeren Strukturen zusammenfinden können. Es wird nicht explizit danach gefragt, wann denn „Leben“ im eigentlichen Sinne beginnt und was denn das Lebendige überhaupt ausmacht. Gewiss würde eine derartige grundlegende Fragestellung den Rahmen dieser spezifischen Versuchsansätze sprengen.
Schon Erwin Schrödinger erkannte, dass es offensichtlich einen Qualitätsunterschied zwischen physikalischer (toter) und biologischer (lebendiger) Materie gibt. Es sind der Stoffaustausch mit der Umwelt und die ständige Bewegung, welche lebende von toter Materie unterscheiden. Leben zeichne sich durch einen Zustand höchster Ordnung aus, den Schrödinger durch die ständige Zufuhr von „negativer Entropie“ durch die Nahrung erklärte. Als Naturwissenschaftler stand ihm aber eine außerphysikalische Erklärung des Lebendigen fern.58 Er ging seinerzeit davon aus, dass im Organismus neue Gesetze zu erwarten seien.
Trotz intensiver Bemühungen von Seiten der Naturwissenschaften ist es bis heute nicht gelungen, das Wesen des Lebendigen einzig und allein aus den materiellen Gegebenheiten zu erklären. Ist die Biologie mit ihrem methodischen Materialismus denn überhaupt dazu in der Lage? Adrian Walker hat die Frage gestellt, ob die Form (im Sinne eines Lebensprinzips) einen Platz in der Biologie haben könnte und sollte.59 Er ist der Meinung, dass die Biologie nicht so tun könne, als ob „die Form entweder inexistent oder, falls sie existiert, auf jeden Fall bedeutungslos oder uninteressant für die wissenschaftliche Erklärung der lebendigen Natur ist“.60 Die Form sei ja nicht nachträglich in die lebendige Natur hineinprojiziert worden, sondern wäre durch den konkreten Lebensvollzug der Pflanzen und Tiere evident. Wohl kaum ein Biologe würde die lebendige Einheit eines Organismus auf die bloße Summe seiner organischen und anorganischen Komponenten zurückführen. Walker plädiert für eine „Rehabilitation der Form“, „die Frage nach der Form bzw. nach der Natur des Lebens sollte in der Wissenschaft nicht mehr tabuisiert werden“.61
Sicherlich wird die Biologie die Form als Lebens- und Gestaltungsprinzip der Organismen nicht direkt experimentell studieren können. Es handelt sich ja um ein immaterielles Seinsprinzip, das erst dem philosophischen Erkennen zugänglich ist. Walker hat Recht, wenn er den Biologen die „Ganzheit des Lebendigen“ wieder vor Augen hält. Hier gäbe es durchaus Ansätze für naturwissenschaftliche Zugänge. Etwa die Ernährung als physiologischer Vorgang, bei dem ein Organismus die Grundbausteine aus der Nahrung herauslöst, um damit die eigene Gestalt und die Funktionen des gesamten Organismus aufrecht zu erhalten.62 Weiter das Miteinander so vieler regulativer Prozesse, wie sie beispielsweise im Nerven- und Immunsystem ablaufen, kann nicht allein mit den Regeln der Kybernetik erklärt werden. Ebenso wird man das geistige Leben des Menschen trotz der neuen Ansätze der Gehirnforschung nicht nur mechanisch auf neuronale Prozesse zurückführen können.63 Es bedarf jeweils einer integrierenden und koordinierenden Kraft, der man sich in eben diesen Bereichen auch durch die Naturwissenschaft nähern könnte.
Mithilfe interdisziplinärer Anstrengungen könnte eine Definition von Leben gelingen, die den Ansprüchen der Biologie und auch der Philosophie genügt. Während sich die Biologie auf die Lebensäußerungen wie beispielsweise Stoffwechsel, Wachstum und Eigenbewegung konzentrieren muss, möchte die Philosophie grundsätzlich verstehen, was als Prinzip oder Motor allen Lebenserscheinungen zugrunde liegt. Hat sich die Begrifflichkeit der modernen Naturwissenschaft so weit von der klassischen Terminologie entfernt, dass es keine „Brücke“ mehr gibt? Ist der Begriff der Seele für einen Biologen so inhaltsleer geworden, dass er ihn nicht mit greifbaren Beobachtungen in Verbindung bringen könnte?
Die Suche nach Erklärungen für das erste Auftreten von Leben muss auch die Frage nach der Herkunft des einheitstiftenden Prinzips beinhalten. Lebewesen sind schon auf der Ebene der einzelnen Zelle komplexe Einheiten, die eine Vielzahl unterschiedlicher Strukturen und Funktionen integrieren, deren Resultat mehr als die Summe der Einzelbausteine ist. Diese lebendige Grundeinheit muss sich irgendwie formieren und besitzt Eigenschaften, die über die materiellen Komponenten hinausgehen. Ist dieses „Mehr“, die Qualität des Lebendigen, nur eine akzidentelle Zutat (Spaemann), die spontan bei der Zusammenlagerung der einzelnen Bauelemente auftritt oder handelt es sich um ein nicht-materielles Prinzip, dessen Herkunft die Naturwissenschaft mit ihrem Methodenspektrum nicht erklären kann?
Viele evolutionsbiologische Forschungsansätze haben nicht das Ziel, eine nicht natürliche Ursache grundsätzlich auszuschließen, d. h. sie möchten nicht den christlichen Schöpfungsglauben leugnen.64 Dies kann aber geschehen, wenn gerade in letzter Konsequenz direkt oder indirekt das Formprinzip als Erklärung für das Leben geleugnet wird. So mag es letztendlich eine intellektuelle Grundentscheidung sein, ob man die Herkunft des Lebens auf Entwicklung aus einer einzigen Urform zurückführt oder als von Gott durch Schöpfung anerkennt, wobei letzteres nicht im Widerspruch zu einer Weiterentwicklung im Sinne von Mikroevolution stehen muss.
Referenzen
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- Ebd., S. 29
- Ebd., S. 30
- „Jeder Polymerchemiker weiß, dass sich in solchen Mischungen, in denen die monofunktionellen Stoffe überwiegen, Makromoleküle wie DNA oder Proteine nicht bilden können.“ Ebd., S. 37
- Ebd., S. 39
- „Die Synthese von Makromolekülen aber ist über viele Jahrzehnte hin in vielen Forschungslaboratorien der Chemischen Großindustrie und der Universitäten experimentell und theoretisch sorgfältig untersucht worden und wird zur Produktion von Polymerwerkstoffen und synthetischen Fasern im größten Maßstab eingesetzt, so dass man mit Sicherheit beurteilen kann, unter welchen Bedingungen Synthesen von Makromolekülen nach Art der DNA und der Proteine von selbst, d. h. ohne menschliches Eingreifen, möglich sind und unter welchen nicht“, ebd. S. 13.
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- Er fügt hier sogar ein Zitat aus Jacques Monods bekanntem Buch „Zufall und Notwendigkeit“ an, in dem die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Lebens auf unserer Erde praktisch als Null angesehen wird und somit dem großen Los in einer Lotterie gleicht, vgl. ebd., S. 4400
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- „Ein Organismus erscheint deshalb so rätselhaft, weil er sich dem raschen Verfall in einen unbewegten „Gleichgewichtszustand“ entzieht, und dieses Rätsel hat der Menschheit so viel zu schaffen gemacht, dass sie seit den frühesten Zeiten des philosophischen Denkens und teilweise auch heute noch behauptet, im Organismus sei eine unkörperliche, übernatürliche Kraft (vis viva, Entelechie) wirksam“, ebd., S. 101
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- Ebd., S. 61
- Ebd., S. 62
- Edith Stein sah im Formprinzip der Lebewesen auch diese Kraft zur Stoffgestaltung, die gerade bei der Nahrungsaufnahme besonders hervortritt, bei der dem Körper fremde Stoffe in die eigene Körpergestalt umgeformt werden. Vgl. Endliches und ewiges Sein, Herder, Freiburg (1962), 2. Auflage, S. 233
- Hier sei nur auf das „Manifest“ namhafter Neurobiologen hingewiesen, in dem u. a. die These vertreten wird, das der menschliche Geist und das Bewusstsein rein natürliche Vorgänge seien, die sich im Laufe der Evolution der Nervensysteme allmählich herausgebildet haben. Vgl. „Das Manifest. Elf führende Neurowissenschaftler über die Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung.“ Gehirn und Geist, (2004), Nr. 6
- So könnte man die Worte Kardinal Schönborns verstehen: „Eine Evolution im Sinne einer gemeinsamen Abstammung könnte der Wahrheit entsprechen, nicht aber eine Evolution im neodarwinistischen Sinne, als ungeleiteter Prozess von Zufalls-Veränderungen und natürlicher Auslese“, mit denen er seinen Gastkommentar in der New York Times am 07. 07. 2005 begann, der dann eine internationale Debatte um das Thema Evolution und Schöpfung auslöste. Die neun Katechesen, die Schönborn im darauffolgenden Herbst begann, können alle auf der Homepage des Stephansdoms eingesehen werden unter: www.st.stephan.at.
Dr. Bergund Fuchs, M. A.
Dozentin für Bioethik an der Gustav-Siewert-Akademie Weilheim-Bierbronnen
Stadtwaldgürtel 39, D-50935 Köln
bm.fuchs(at)web.de