Dunkle Wolken über COX-2-Blockern

Imago Hominis (2005); 12(1): 51-56
Friedrich Kummer

Zusammenfassung

Rofecoxib (Vioxx) wurde von MSD (bzw. Merck & Co) im Oktober 2004 vom Markt genommen, verbunden mit einem veritablen Aktiengewitter in der Wallstreet. In großen Studien zur Magenverträglichkeit (VIGOR) und zur Prävention von rezidivierenden Colon-Polypen (APPROVe) waren unter Vioxx vermehrt Herzinfarkte (Risiko-Erhöhung auf nahezu das 5fache) aufgetreten. Dieses Ereignis wirft ein Licht auf die gegenwärtige Problematik bei der Entwicklung neuer Therapieprinzipien. Sind Sicherheitsstandards vom Hersteller und/oder von den Zulassungsbehörden auch immer eingehalten/eingefordert worden? Handelt es sich beim „Vioxx-Desaster“ um ein gruppenspezifisches Phänomen, von dem alle „Coxibe“ betroffen sind? Immerhin handelt es sich um schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkstoffe, auf welche die Patienten – unter gewissen Einschränkungen – nicht gezwungenermaßen verzichten müssten, wenn entsprechend gut organisierte Überwachungssysteme zur Begleitung der weltweiten Anwendung existieren.

Schlüsselwörter: Rofecoxibe, Cox-2-Blocker, kardiovaskuläres Risiko, Pharmakologische Forschung, Ethik

Abstract

Rofexocib (Vioxx) was withdrawn from the market by its producer Merck & Co in October 2004, causing a spectacular decline in stock values. A marked increase in the risk of cardiovascular events (close to 5 times higher than in the non-Vioxx populations) had been encountered, when large multicenter studies were properly analyzed (VIGOR for gastrointestinal side effects, and APPROVe for the preventive potential of colonic polyps). The drug producers as a whole face several problems now-a-days for coming out with new drugs. Strategies are warranted which should ensure higher safety standards. In the case of Merck, some doubts have arisen whether reliable safety measures have been applied sufficiently, and about the style of dealing with problems, both on the side of the producer and the FDA. The question is open, whether the “Vioxx disaster” is part of an inherent danger for the whole group of the coxibes. After all, these potent drugs were highly welcomed by the patients and – under certain restrictions and proper surveillance by official safety committees – could maintain their place on the market.

Keywords: Rofecoxibe, COX-2-blockers, Cardiovascular Risk, Pharmacological Research, Ethics in Pharmacology


 

Im Oktober 2004 trat die Firma Merck, Sharp & Dohme (MSD) an die Öffentlichkeit, als sie die freiwillige Rücknahme von Rofecoxib (Vioxx) vollzog. Man bezog sich auf jene im Jahr 2000 begonnene und auf 3 Jahre ausgelegte Studie („APPROVe“), welche den präventiven Effekt des Präparates gegenüber rezidivierenden Colon-Polypen nachweisen sollte. Nach 18 Monaten Laufzeit seien keine verdächtigen unerwünschten Nebenwirkungen aufgetreten. Nach dieser Zeit habe sich aber ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle eingestellt. Die Firma weist darauf hin, dass in einer anderen Studie mit diesem Präparat, Vigor, welche im Jahr 2000 vorgestellt worden war, die gastrointestinalen Nebenwirkungen von Vioxx geringer waren als bei Naproxen, räumte aber ein, dass auch hier kardiovasculäre Ereignisse häufiger aufgetreten seien als in der Kontrollgruppe. Die Firma rühmt sich, korrekt zu handeln, wenn sie das Präparat trotz seines großen Erfolges nun vom Markt nehme und hoffe, dass ein zweites Präparat der Firma dieser Art, Etoricoxib (Arcoxia), noch weitere Zulassungen bekommen werde, nachdem es bereits in 47 Ländern registriert sei. MSD äußert die Meinung, dass die Sicherheit von Arzneimitteln am besten durch prospektive, randomisierte, kontrollierte klinische Studien auch nach der Zulassung gewährleistet werden könne, wofür Vigor und APPROVe ein schönes Beispiel seien.

Wie kommt es zu diesen Nebenwirkungen?

Bekanntermaßen sind nonsteroidale antiinflammatorische Medikamente (NSAIDs) auf die Hemmung der Cyclooxygenase (COX) ausgerichtet. Von dieser bestehen 2 Varianten, COX-1 und COX-2. Die Hemmung von COX-1 ist für die Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen günstig, wird aber von einer Magenunverträglichkeit begleitet (typisch: Aspirin). Die Hemmung von COX-2 ist magenfreundlicher, dabei ebenso ausgezeichnet antiinflammatorisch und schmerzhemmend wirksam, sodass die COX-2-Hemmer bei rheumatischen Erkrankungen und Schmerzzuständen als willkommene Bereicherung angesehen werden konnten. Bei längerer Einnahme dürfte aber durch die COX-2-Hemmer eine entscheidende Prostaglandin I2-Hemmung resultieren, welche zum Wegfall des Schutzes gegen Plättchenaggregation, Vasokonstriktion und Gefäßproliferation führt. Daraus ist wieder abzuleiten, dass bei entsprechend individuellem kardiovaskulärem Grundrisiko die Gefahr eines Herzinfarktes oder Schlaganfalles steigt.

Die ersten vorwiegend COX-2-selektiven Hemmer (z. B. Meloxicam, 80% COX-2- und 20% COX-1-Hemmung, auf dem Markt seit 1995) hatten bereits die bessere Magenverträglichkeit dieser Präparatklasse aufzeigen können, die erste Einführung der superselektiven COX-2-Hemmer Rofecoxib und Celecoxib (Celebrex, Pfizer) konnten dies weiter bestätigen, dokumentiert in großen Studien wie der genannten Vigor-Studie für Rofecoxib und CLASS für Celecoxib (2000). Bei der Auswertung hat sich auch bei diesen Studien ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall herausgestellt, was aber wegen der fehlenden statistischen Signifikanz ohne Konsequenzen blieb.

Nach Publikation dieser Daten wurden einige Studien aufgelegt, die die präventive Wirkung auf die Rezidivrate bei Colonpolypen belegen sollten: Die Studie APPROVe für Rofecoxib, die Studie APC für Celecoxib. Obwohl bei APPROVe die Rate der Herzinfarkte gegenüber Naproxen bzw. Placebo nach 18 Monaten signifikant angestiegen war (fast auf das 4fache), wurde die Studie nicht unterbrochen. Allerdings wurde nach Meldung an die FDA (2002) eine entsprechende Erwähnung in der Produktbezeichnung verfügt. Auch bei Celecoxib verzeichnete man einen Anstieg, der aber nicht die Signifikanzgrenze erreichte.1

Diese Zusammenhänge werfen kein gutes Licht auf die Usancen bei der Zulassung, da auf diesen kardiovaskulären Risikofaktor viel zu wenig geachtet worden war, wenngleich schon seit 2000 experimentelle Daten in dieser Richtung vorlagen2 und Merck in der Vigor-Studie kein Aspirin zugelassen hatte, wohl aber in der darauffolgenden APPROVe als Begleitmedikation (< 325 mg/Tag)! Als letztere Studie schon gut unterwegs war (18 Monate von 3 Jahren) und die Inzidenz der kardiovaskulären Ereignisse anstieg, wurde die Studie nicht abgebrochen, wobei die Erzeugerfirma im Nachhinein auf die fehlende Evidenz der Kausalität für das Infarktrisiko pochte. Aber: Das Fehlen einer Evidenz ist schließlich noch nicht die Evidenz der Akausalität.

Weitere epidemiologische Studien und die Verantwortung von Merck & Co

Im November 2004 druckt The Lancet eine Metaanalyse aus, basierend auf randomisierten, kontrollierten Studien basierend auf NSAIDs im Vergleich mit Rofecoxib,3 mit gepoolten Daten von 20.000 Patienten über einen Zeitraum von 1999 – 2004. Anlass für diese Metaanalyse waren die Ergebnisse der Vigor-Studie, welche im New England Journal of Medicine (2000) publiziert worden war. Dabei war – wie erhofft – zwar die bessere Magenverträglichkeit von Rofecoxib gegenüber Naproxen dokumentiert worden. Als in der Rofecoxib-Gruppe das Risiko für Herzinfarkt auf fast das 5fache wie bei Naproxen angestiegen war, wurde dies – wenig glaubhaft – von der Firma nicht als Gefahr von Seiten Vioxx, sondern als kardioprotektiver Effekt von Naproxen dargestellt. In der Metaanalyse von Jüni et al. konnte diese Interpretation weitgehend entkräftet werden. Vielmehr monierten die Autoren, dass aufgrund der Datenlage die Vioxx-Studie bereits viel früher hätte gestoppt werden müssen. Sie werfen auch den Zulassungsbehörden (FDA) vor, die kumulative Evidenz des steigenden Risikos nicht erkannt und die kontinuierliche Überwachung vernachlässigt zu haben.

In einer prompten Stellungnahme von Merck & Co wird die statistische Methode von Jüni et al. in Frage gestellt, da sie sich selektiv von den Ergebnissen von Vigor und dem Naproxen-Vergleich habe leiten lassen, zugleich aber andere Vergleichsstudien gegenüber NSAIDs außer Acht gelassen habe. In diesen werde auf die Sonderstellung von Naproxen hingewiesen. Aber auch aus den anderen Vergleichsstudien sei kein signifikant erhöhter Unterschied an Myocard-Infarkten gegenüber Rofecoxib herauszulesen. Im Übrigen seien alle Hinweise auf das Herzinfarktrisiko immer prompt gemeldet und in den Jahren seit 2000 laufend publiziert worden. Erst als anlässlich der APPROVe-Studie bereits in der Hälfte der geplanten Laufzeit das Infarktrisiko signifikant angestiegen sei, habe Merck zusammen mit der FDA mit einem entsprechenden Warnhinweis in der Produktinformation reagiert und habe sich daher keine Unkorrektheiten vorzuwerfen.

Diese Selbstdarstellung wird durch ein Editorial im Lancet4 relativiert, zumal die ursprünglichen Daten für die Sicherheit von Vioxx nur auf 5000 Patienten basierten und daher nur als vorläufig gewertet werden konnten. Keineswegs war eine Verstärkung der Verkaufskampagne gerechtfertigt, welche von Merck & Co zu dieser Zeit gestartet wurde. Tatsächlich hat man eher den Eindruck, dass erst massive Vorhalte von außen (also nicht einmal von der FDA) der Firma gegenüber (Ende September 2004) den Ausschlag gaben, Vioxx vom Markt zu nehmen. Schon anlässlich der Vigor-Untersuchung sei das annähernd 5fache Infarktrisiko evident gewesen, welches durch das 3,7fache der APPROVe-Studie letztlich bestätigt worden sei.

Eine sehr homogene kanadische Studie (retrospektiv, Kohorten) wurde bei 14.600 Rofecoxib-, 19.000 Celecoxib-, 54.000 NSAIDs-Patienten und 100.000 Non-NSAIDs-Kontrollpersonen durchgeführt, wobei ein selektiveres Risiko für Herzinsuffizienz nur bei Rofecoxib gefunden wurde (1,8 vs. 1,4 bei Non-NSAIDs).5

Ein Bericht innerhalb der FDA von J. W. Graham, Associate Director of Science, an Paul J. Seligman, Acting Director (beide: Office of Drug Safety der FDA), vom 30. September 2004 stützt sich auf eine Datei von Antirheumatika, welche in der Zeit von 1999 bis 2001 an über 1,3 Millionen Patienten verabreicht wurden, wobei Ibuprofen (990.000), Naproxen (430.000) und Indomethacin (118.000) am stärksten vertreten waren, während die Rofecoxib-Patienten mit 26.700 und Celecoxib-Patienten mit 40.000 eher eine Minderheit darstellten. Dennoch zeichnete sich ab, dass bei Patienten mit einer Rofecoxib-Dosis von über 25 mg das Risiko eines akuten Herzinfarktes etwa 3 Mal so hoch war wie bei Naproxen oder Ibuprofen, und fast 4 Mal so hoch wie bei Celecoxib. Dieser Bericht wurde nach heftigen internen Kontroversen innerhalb der FDA von J. W. Graham et al. doch veröffentlicht.6 Einige Monate später war er Gegenstand eines Statements von Sandra Kweder, Deputy Director im Center of Drug Evaluation and Research (CDER) der FDA vor dem Finanzausschuss des US-Senates (18. November 2004). Es wirkt befremdlich, dass noch am selben Tag der Chef von Sandra Kweder, Dr. Steven Galson (Acting Director of CDER) in einer Aussendung betonte, dass der ganze Graham-Bericht „does not reflect the views of the agency“.

Nicht genug damit, lag doch der FDA bereits 2001 ein Bericht vor,7 wonach unter Rofecoxib signifikant mehr kardiovaskuläre Ereignisse zu erwarten waren. Auch Celecoxib war in diesem Zusammenhang genannt worden, allerdings außerhalb der statistischen Signifikanz. Eigenartigerweise wurden diese Daten (basierend auf 1,4 Millionen Patienten) von Merck hartnäckig ignoriert, und nicht nur die APPROVe-Studie über die vollen 3 Jahre weitergeführt, sondern auch Vioxx aggressiv weiter zum Verkauf in den Drug Stores (over the counter) beworben, und zwar mit einem gigantischen Werbebudget von 100 Millionen US-Dollar. Damit wurden andere Medikamente vom Markt gedrängt (Blockbuster-Effekt) und ein Umsatz von 1 Milliarde US-Dollar erzielt.8 Absolut unverständlich und keinen Euphemismen zugänglich ist die Tatsache, dass noch im Mai 2004 von Merck & Co eine gigantische weltweite Studie aufgelegt wurde, wobei alle 50jährigen Männer jahrelang mit Vioxx vs. Placebo zur Prävention des Prostata-Karzinoms behandelt werden sollten (ViP-Studie, eingereicht von MSD bei der zuständigen Ethikkommission unter 201-02 vom 18.5.2004).

Wie soll es weitergehen?

Der Zeitgeist diktiert Fortschritt um jeden Preis, auch in der Pharmaindustrie. Die Konstruktion von „Designer-Drugs“ ist längst alltäglich, aber die rechte Balance zwischen der Effizienz eines neuen Wirkprinzips und dem ungeheuren Aufwand seiner Entwicklung scheint noch nicht gefunden zu sein. Dazu kommt der „Zauberlehrlingseffekt“, dass mit steigender Selektivität gewisse komplexe Steuerungsmechanismen „entnetzt“ werden, wie im Falle der superselektiven „Coxibe“ die Unterdrückung der kreislaufreinigenden Prostaglandine (PGI2) zum Zwecke einer besseren Magenverträglichkeit von NSAIDs bzw. Schmerzmitteln.

Die Kosten für die Neuentwicklung eines Medikamentes sind seit 1995 von 1,1 Milliarden auf 1,7 Milliarden US-Dollar gestiegen, wobei seinerzeit 1 von 8, heute nur 1 von 13 Produkten tatsächlich auf den Markt gebracht werden kann. Unter optimalen Umständen (Neuheit, gute Wirksamkeit, massive Marketingstrategien) konnten sich Medikamente nach Art der COX-2-Blocker noch nach 2 – 3 Jahren amortisieren, aber nur, weil sie sensationelle Verkaufszahlen erzielt hatten.

Der nächste große Aufwand (nach der Zulassung) besteht in den Marketingstrategien, die wesentlich von der Einbindung der Ärzte (Rezeptpflicht, eingeschränkte Indikation) getragen werden müssen. Neue Medikamente „over the counter“ wie in den USA – ein Schreckbild!

Dann folgt noch ein „big effort“, dem sich weder Erzeuger, noch Zulassungsbehörde, noch Behandler entziehen können: Die Begleitung der ersten 3 – 5 Jahre durch peinlichst erhobene Daten über medikamentspezifische Nebenwirkungen und andere „adverse events“, auch wenn diese zunächst weit weg von jeglichem Zusammenhang erscheinen. Das Paradoxe am Rande: durch APPROVe und andere Studien zur Prävention von Colonpolypen sind die Risken der Coxibe für Herzinfarkte erst bekannt geworden. Hat die erzwungene jahrelange Kontinuität der Einnahme von Vioxx den Ausschlag dazu gegeben?

Eine wichtige Frage muss rasch beantwortet werden: Handelt es sich bei Rofecoxibe und seinem Herzinfarktrisiko um ein Einzelphänomen, oder ist hier die gesamte Klasse der Coxibe mit im Boot? Nach der derzeitigen Datenlage (die allerdings mehr von der Konkurrenz gespeist wird) scheint das Risiko dieser Nebenwirkung nur in viel geringerem Ausmaß auf die anderen Präparate zuzutreffen, was möglicherweise an einer dem Vioxx spezifischen Molekularstruktur liegt (als zur Gruppe der Sulfone gehörig hat es pro-oxidative Eigenschaften, damit auch hinsichtlich der LDL-Oxidation).

Die hohen Entwicklungskosten und der erbarmungslose Druck der Konkurrenz einerseits und die Interessen der Aktionäre andrerseits bewirken, dass die Pharmakonzerne ihre Forschung kaum mehr alleine finanzieren können. Es bieten sich ihnen zwei Wege an, einerseits das Merging mit anderen Firmen, andrerseits die Auslagerung von Lizenzen auf Neuentwicklungen an biotechnologische Firmen. Dabei kann es natürlich geschehen, dass durch ein unbarmherziges Preisdiktat minderwertige Produkte den Vorzug vor teuren, aber hochwertigen, erhalten. Merck & Co ist bisher seinen eigenen Weg gegangen, indem es wohl Experten externer Forschergruppen heranzog, die Entwicklung aber in eigenen Labors vorantrieb und auf ein Merging verzichtet hat. Nach dem Vioxx-Desaster steht Merck heute als einsam fliegender Adler ziemlich isoliert da, nachdem es mit der Kapazität und dem unbestreitbaren Erfolg seiner Forscher hoch gepokert hatte.

Der Börsenkrach

Bei der Ankündigung der Rückholung von Vioxx am 30. September 2004 verzeichneten die Aktien von Merck eine Reduktion des Marktpreises um 25% (Wall Street). Die Kosten für die Rücknahme werden sich schätzungsweise auf weitere 14 Millionen Dollar belaufen.

Schlussfolgerung

Kein Zweifel, die großen, in der Forschung hochpotenten Pharmakonzerne sind unter Druck: kann einer allein alles wagen oder sollte er mehr an wissenschaftlicher Zulieferung von außen gestatten, oder aber für bestimmte Projekte mit einem anderen Konzern zusammen gehen, ohne gleich zu „mergen“? Haben Pfizer und Co. Glück gehabt, dass ihr Celecoxib (Celebrex) mit einem blauen Auge davongekommen ist, als die APC-Studie im Dezember 2004 unter ähnlichem Börsendonner abgebrochen werden musste?

Fazit: Sowohl die FDA als auch ihre europäische Schwester EMEA werden alle COX-2-Hemmer, die derzeit auf dem Markt sind oder auf diesen drängen, genauestens unter die Lupe nehmen müssen. Vorläufig bleibt es bei der dringenden Empfehlung, die Medikamente so zu verwenden, wie sie ursprünglich vom Erzeuger gedacht waren: die Dosis niedrig zu halten, größere Pausen (in der Größenordnung von Monaten) einzulegen, bei Verdacht oder Befund einer koronaren Herzkrankheit überhaupt darauf zu verzichten und auf bewährte, weniger selektive COX-Hemmer auszuweichen – gelegentliches Magendrücken ist prognostisch günstiger als ein Herzinfarkt!

Andere, bislang unsichere Indikationen der COX-2-Hemmer, wie die Prävention von rezidivierenden Colonpolypen, von Morbus Alzheimer und gar von Prostatakarzinom sollten derzeit kein Thema sein. Die dazu notwendigen hohen Dosierungen und die jahrelange bzw. unbegrenzte Dauer der Behandlung sind unrealistisch. Die damit verbundene Risikosteigerung für kardiovaskuläre Erkrankungen desavouiert die Effizienz dieser Medikamentenklasse in der ursprünglichen klaren Indikation als hervorragende und gut magenverträgliche Schmerz- und Rheumamittel, für deren Entwicklung Millionen von dankbaren Patienten Zeugnis ablegen.

Referenzen

  1. Fitzgerald G. A., Coxibs and Cardiovascular Disease, N Engl J Med (2004); 351: 1709-1711
  2. Shinmura K. et al., Cyclooxygenase-2 mediates the cardioprotective effects of the late phase of ischemic preconditioning in conscious rabbits, Proc Natl Acad Sci (2000); 97: 10197-10202
  3. Jüni P. et al., Risk of cardiovascular events and rofecoxib: cumulative meta-analysis, Lancet (2004); 364: 4999
  4. The Lancet, Vioxx: an unequal partnership between safety and efficacy, Lancet (2004); 364: 1287-1288
  5. Mamdani M. et al., Cyclo-oxygenase-2 inhibitors versus non-selective non-steroidal anti-inflammatory drugs and congestive heart failure outcomes in elderly patients: a population-based cohort study, Lancet (2004); 363: 1751-1756
  6. Int. Conference on Pharmaepidemiology, Bordeaux, August 2004
  7. Mukherjee D. et al., Risk of Cardiovascular Events Associated With Selective COX-2 Inhibitors, JAMA (2001); 286: 954-959
  8. Topol E. J., Failing the Public Health – Rofecoxib, Merck, and the FDA, N Engl J Med (2004); 351: 1707-1709

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Prim. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Kummer, IMABE-Institut
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