Stellungnahme: Gegen eine Aushöhlung des Fortpflanzungsmedizingesetzes
12. Juni 2014
Jedes Kind hat Recht auf Vater und Mutter, appelliert IMABE an den VfGH. Das Kindeswohl steht vor dem Kinderwunsch.
Laut Urteil des Verfassungsgerichtshofs (10.12.2013, G 16/2013 und G 44/2013) sei es verfassungswidrig und diskriminierend, wenn lesbische Frauen in Lebensgemeinschaft von der Erfüllung eines Kinderwunsches ausgeschlossen werden. Mit diesem Urteil wird das derzeit in Österreich geltende FMedG im Kern mit weitreichenden Folgen ausgehebelt.
IMABE hält dazu kritisch fest:
Gibt es ein Recht auf Kind für lesbische Paare?
1. Bislang war die Inanspruchnahme der künstlichen Befruchtung laut FMedG Paaren verschiedenen Geschlechts vorbehalten, unter der Voraussetzung, dass das Paar medizinisch zeugungsunfähig war. Das VfGH-Urteil geht weit über diese Intention hinaus. Homosexuelle Frauen/Männer sind nicht krank, sie sind prinzipiell zeugungsfähig. Daher ist ein Vergleich mit Personen, die zeugungsunfähig sind, von vornherein verfehlt. Auch heterosexuelle, gesunde Paare hatten nach § 2 Abs. 2 des FMedG kein Recht auf künstliche Fortpflanzung. Von einer Diskriminierung Homosexueller in der geltenden Rechtslage kann daher keine Rede sein.
2. Mit dem jüngsten Urteil löst der VfGH die Zeugung von Menschen durch künstliche Befruchtung als solche komplett aus dem Kontext medizinisch indizierter Behandlung heraus: Hier geht es nicht mehr um die Fortpflanzung im Kontext von Medizin, sondern um die Medizin als Gehilfe individueller Wunscherfüllung (Life-Style-Medizin).
3. Der VfGH beeilte sich zwar zu betonen, dass damit nicht automatisch ein Recht auf ein Kind für homosexuelle Paare oder alleinstehende Frauen entstünde. Dennoch ist klar: Sobald das erste homosexuelle Männerpaar auf den Gleichheitsgrundsatz pocht und via Eizellenspende und Leihmutter auch zu einem Kind kommen will, oder eine alleinstehende Frau für ihr Glück ein Kind braucht und dies per Klage durchsetzen will, lässt sich mit einer Gesetzesänderung zur Kindererzeugung kein Verbot für diese Fälle mehr schlüssig argumentieren.
Kinder haben ein Recht auf Vater und Mutter – nicht umgekehrt
1. Auf Grund der Tatsache, dass Kinder schicksalhaft einen Elternteil verlieren oder vaterlos bleiben, wird häufig in der Kontroverse als Argument vorgebracht, dass die Vaterlosigkeit bei lesbischen Paaren nicht schlimmer als die „natürliche“ gewertet werden kann. Dabei scheinen die Proponenten dieses Vorschlags komplett zu übersehen, dass ein schicksalhaftes Ereignis ethisch anders zu bewerten ist, als wenn handelnde Personen für ein Kind von vorne herein Vaterlosigkeit planen und intendieren.
2. Dass jedes Kind optimalerweise Vater und Mutter braucht, wird von kaum jemand ernsthaft angezweifelt. Hier muss das Kindeswohl vor dem Kinderwunsch Vorrang haben. Das prinzipielle Recht des Kindes auf Vater und Mutter, darf nicht willkürlich missachtet werden (vgl. Art 7 und 8 der UN-Kinderrechtskonvention).
FAZIT
Eine Änderung des FMedG im Sinne einer Ausweitung der Techniken, Indikationen oder Personenkonstellation wäre ein Rückschritt in der Frage des Schutzes der Menschenwürde und des Kindeswohls.