Stellungnahme zur Entscheidung des Ministerrates der EU, embryonale Stammzellenforschung finanziell zu fördern
IMABE bedauert den in letzter Minute gegen die Stimmen von Österreich, Polen, der Slowakei, Malta und Litauen durchgesetzten Kompromiss, demzufolge embryonale Stammzellenforschung von der EU finanziell gefördert werden soll. Damit wird Österreich de facto gezwungen, an Forschungsprojekten mitzuwirken, die in unserem Land aus ethischen Gründen verboten sind. Hier wird das Selbstbestimmungsrecht eines ganzen Landes in einer wichtigen Gewissensfrage, die den Lebensschutz betrifft, krass missachtet.
Wenn sich die Bürger eines Staates nicht darauf einigen können, die Forschung an embryonalen Stammzellen zu verbieten, sollten zumindest die staatlichen Organe dafür sorgen, dass solche Projekte nur von jenen Bürgern (finanziell) getragen werden, die sie befürworten. Zugleich müssen sie aber verhindern, dass jene Bürger, die in der Tradition des Abendlandes stehend gut fundierte moralische Gründe haben, diese Projekte abzulehnen, zur Kassa gebeten werden. Ähnlich müsste es die EU machen, weil auch sie verpflichtet ist, die Menschenrechte zu schützen. Dies nicht zu tun, wäre ein Missbrauch staatlicher Macht, ein Missbrauch, den sich die EU angesichts des immer größer werdenden Verdrusses der Bürger ihrer Mitgliederstaaten nicht leisten sollte.
Mit dem in Brüssel durchgesetzten Kompromiss wird die seit Jahrzehnten in der Biopolitik praktizierte Salami-Taktik fortgesetzt: Die Kommission soll eine Erklärung abgeben, dass sie Forschungsklonen finanziell nicht unterstützen wird und statt dessen wird im Text des 7. Forschungsrahmenprogramms (2007 – 2013) diese Forschung nicht ausgeschlossen. Damit steht schon fest, dass in den Verhandlungen über das 8. Forschungsrahmenprogramm (ab 2014) ein Ausschluss dieser strittigen Forschungsprojekte kein Thema mehr sein wird.
Wirtschaftsministerin Elisabeth Gehrer ist zu danken, dass sie nicht wie andere ihrer Kollegen dem allgemeinen Druck der Mehrheit der Staaten nachgegeben und damit bis zuletzt die richtigen moralischen Signale gesetzt hat. Nun ist zu hoffen, dass es auch in Österreich den Politikern gelingt, sich dem wachsenden Druck zu widersetzen, sich in dieser Frage an den moralischen Minimalismus der meisten europäischen Länder anzupassen.
Wien, am 25. Juli 2006