Künstliche Befruchtungsmaßnahmen wirken sich negativ auf die Lebensfähigkeit von Embryonen aus. Das zeigt eine in Human Reproduction publizierte Studie (2017; 32(11): 2348-2357). Laut der von der belgischen Arbeitsgruppe um den Humangenetiker Joris Robert Vermeesch der Universität Leuven an Rindern durchgeführten Untersuchung weisen Embryonen nach künstlichen Befruchtungsmaßnahmen im Vergleich zu natürlich gezeugten signifikant höhere Instabilitäten im Genom auf. Dies gilt auch als eine der Ursachen von Fehlgeburten. Je nach Art der reproduktionsmedizinischen Maßnahme traten die chromosomalen Anomalien bei rund 70 bis 85 Prozent der in-vitro gezeugten Embryonen auf. Bei den in-vivo gezeugten Embryonen lag sie bei nur knapp 20 Prozent.
Mindestens die Hälfte der menschlichen Embryonen nach Spontanaborten weisen genetische Abnormalitäten auf. Es ist immer noch unklar, inwiefern abweichende Chromosomenzahlen infolge einer In-Vitro-Fertilisation zu der erhöhten Abortrate und Einfluss auf die immer noch geringe Erfolgsrate von Laborzeugungen haben. So liegt laut Report des Deutschen IVF-Jahrbuches 2015 die Anzahl der Geburten pro Anzahl der durchgeführten Behandlungen, die sog. Baby-Take-Home-Rate, bei lediglich bei 20 Prozent, berichtet das Deutsches Ärzteblatt (online, 13.10.2017).
Seit 2015 ist es in Österreich gesetzlich erlaubt, die Prämplanationsdiagnostik (PID) anzuwenden, wenn nach drei oder mehr Anwendungen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung keine Schwangerschaft herbeigeführt werden konnte oder zumindest drei ärztlich nachgewiesene Schwangerschaften mit einer Fehl- oder Totgeburt des Kindes spontan endeten. Die aktuelle Studie wirft laut IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer ein neuerlich kritisches Licht auf diese Praktik: „Schon bisher hat jeder wissenschaftliche Nachweis fehlt, wonach der Gencheck und die Selektion von Embryonen tatsächlich die Chance auf eine Schwangerschaft nach drei Fehlgeburten erhöht. Nun erhärtet sich die These, dass die Methode der künstlichen Befruchtung als solche mehr Kinder mit chromosomalen Anomalie verursacht und damit selbst für mehr Fehlgeburten verantwortlich ist.“ Dennoch lege der Gesetzgeber in Österreich Frauen die IVF und PID quasi als Mittel bester Wahl nahe, um ein Kind zu bekommen, kritisiert Ethikerin Kummer. „Der schon bei Einführung der PID geäußerte Verdacht liegt nahe, dass hier ökonomische Interessen und nicht das Patientenwohl im Vordergrund stehen.“ (vgl. Bioethik aktuell, 15.2.2016).
Erst kürzlich hatte aktion leben darauf hingewiesen, dass der bis 30.9.2017 gesetzlich vorgeschriebene IVF-Bericht in Österreich weiterhin ausständig ist (vgl. Presseaussendung, online, 2.11.2017). Damit fehlen wichtige Zahlen zur Qualitätskontrolle, kritisiert aktion leben und fordert die zuständigen Ministerien auf, die Daten endlich zu veröffentlichen.