Wissenschaftsbetrug durch Datenfälschung, versteckte Einflussnahme oder geschönte Ergebnisse: Die Glaubwürdigkeit der Forschung hat in den vergangenen Jahren gelitten. Der Druck auf Wissenschaftler, so früh wie möglich und möglichst viel in hochrangigen Fachzeitschriften zu veröffentlichen, gefährdet die wissenschaftliche Integrität.
Dieses Problem griff nun eine vom Weltwirtschaftsforum einberufene internationale Wissenschaftlergruppe auf und fordert die Umsetzung von sieben ethischen Grundsätzen, die sie in einem Code of Ethics for Researchers zusammenfassen. Dazu zählen Aufforderungen wie „Nach der Wahrheit suchen“, „Schaden minimieren“, „Vielfalt unterstützen“ oder „Rechenschaft ablegen“. Zielgruppe der Empfehlungen sind Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen des Wissenschaftsbetriebs.
Die sieben Empfehlungen greifen auf Altbekanntes zurück, wie Nature in einem Editorial festhält (2018); 555,5). Dennoch sei die Initiative der Jung-Wissenschaftler begrüßenswert und ambitioniert, so Nature. Er rege mit praxisnahen Beispielen zu offenen und selbstkritischen Gesprächen an.
Wissenschaftler sollen ermutigt werden, nicht nur Nachlässigkeit und Schaden zu vermeiden, sondern auch zu überlegen, inwieweit ihre Forschung wertvolles Wissen für die eine oder andere Disziplin liefert und ob ihre Arbeit praktische Auswirkungen auf die Öffentlichkeit hat. Der Kodex fordert Forscher beispielsweise auf zu überlegen, ob sie tatsächlich die Wahrheit suchen, indem sie „der Forschung folgen, wohin sie führt“, anstatt bloß eine „bereits vorgefasste Meinung zu bestätigen“. Die Verpflichtung der Stakeholder auf den Ethikkodex soll einen „positiven Kulturwandel in der Forschungswelt fördern“, so der Anspruch der Verfasser.
„Ethikkodices bringen eine gewisse Orientierung, aber die Erfahrung zeigt: einen Kulturwandel schaffen sie nicht von alleine“, merkt IMABE-Generalsekretär Enrique Prat an. Um ethische Kompetenzen zu erlangen, würden vor allem persönliche Werthaltungen und Charakterstärke eine entscheidende Rolle spielen. „Und diese sollten bereits in der Ausbildung gefördert werden“, so der Ethiker.
Hinsichtlich der Umsetzung des Code of Ethics for Researchers zeigt sich auch die Bioethikerin Jodi Halpern von der University of California, Berkeley skeptisch (vgl. Bioedge, online, 4.3.2018). „Alle diese Ziele können miteinander in Konflikt geraten“, betont sie anlässlich der Präsentation des Code of Ethics for Researchers am 48. Weltwirtschaftsforum in Davos (Big Think, online, 30.1.2018). „Was uns fehlt, ist eine grundlegende philosophische Bildung.“ Halpern fordert eine anspruchsvolle Ausbildung in ethischer Argumentation, die ebenso rigoros sein müsse wie jene in der Argumentation anderer Wissenschaften. Nur dann sei man ausgerüstet, mit bestimmten ethischen Dilemmata umzugehen, so die Berkeley-Professorin.