Die Alterung der Gesellschaft wird am häufigsten als der Kostentreiber im Gesundheitswesen angesehen. Der Anteil älterer Menschen, die noch dazu eine immer höhere Lebenserwartung haben, steigt. Beides zusammen sei ein treibender Kostenfaktor, so die Befürchtung in der Gesundheitspolitik. Doch ist das tatsächlich so? Je nachdem, von welchen Prämissen man ausgeht, sagt nun eine Gruppe von europäischen und japanischen Gesundheitsökonomen und Public-Health-Forschern. Die gute Nachricht der Autoren: Die Tatsache, dass die Bevölkerung altert, stellt an sich noch keinen Treibsatz für ein starkes Wachstum der Gesundheitsausgaben dar, noch werde dies in den kommenden Jahrzehnten der Fall sein (vgl. Forum Gesundheitspolitik, online, 29.10.2019).
Das Forscherteam hat im Auftrag der WHO die Szenarien der alternden Gesellschaft in Kombination mit zu erwartenden Gesundheitsausgaben für den Zeitraum 2020 bis 2060 für die EU, Japan und Indonesien genauer untersucht. Die Ergebnisse wurden in der Reihe The Economics of Healthy and Active Ageing series des WHO Centre for Health Development Ende Oktober 2019 publiziert. Laut Berechnung der Autoren wird sich der Anteil der Gesundheitsausgaben in der EU und Japan gemessen am BIP bis 2060 um nur 1,3 bzw. 1,8 Prozent erhöhen - unter der Annahme, dass sich die Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben junger und älterer Personen nicht verändern und damit auch das Verhältnis der Ausgaben beider Personengruppen.
Weiters untersuchten die Wissenschaftler anhand von vier Szenarien, wie sich die Gesundheitsausgaben verändern, wenn die Gesundheitsversorgung älterer Menschen kostspieliger wird als heute. Selbst im Extremfall, wo alle vier Szenarien gleichzeitig eintreten, würde der Zuwachs des Anteils der Gesundheitsausgaben für ältere Personen am BIP von 2020 bis 2060 in der EU nur 2,2 Prozentpunkte oder 0,06 Prozentpunkte pro Jahr betragen. Nicht berücksichtigt ist in diesem Modell die sinkende Geburtenrate, was auch zu sinkenden Beitragszahlungen für das Gesundheitssystem führen wird.
Kostentreiber im Gesundheitssystem sind laut Autoren teurere Behandlungen, oft extrem hohen Preise für neue Arzneimittel, neue Medizinprodukte, technische Neuerungen sowie ineffiziente Strukturen. Die Wissenschaftler mahnen politische Entscheidungsträger daher, dort Maßnahmen zu setzen, wo tatsächlich Kosten entstehen und eingespart werden könnten.