In Österreich betrugen die Gesundheitsausgaben pro Kopf im Jahr 2017 fast 3.900 EUR, was ca. 1.000 EUR über dem EU-Durchschnitt liegt. Österreich liegt damit mit seinen Ausgaben nach Norwegen und Deutschland an dritter Stelle. Zu hohe Spitalskosten, zu wenig Primärversorgung und noch geringe Maßnahmen zur Prävention trüben daher die positiven Entwicklungen wie erhöhte Durchimpfungsrate bei Kindern und verbessertes Überleben nach Krebs oder Herzinfarkten. Das geht aus den aktuellen Daten des State of Health in the EU - Österreich 2019 hervor. Die EU-Analyse beschreibt allgemeine Gesundheitstrends und vergleicht die Systeme der 28 Mitgliedsstaaten sowie von Norwegen und Island.
Nur 2,2 Prozent der Gesundheitsausgaben in Österreich wurden für Präventionsmaßnahmen ausgegeben (EU: 3,1 Prozent). Dabei stellt eine ungesunde Lebensweise einen wesentlichen Risikofaktor für die österreichische Bevölkerung dar. Insbesondere Tabak- und Alkoholkonsum liegen weiterhin über dem EU-Durchschnitt. In der Alpenrepublik rauchen 24 Prozent aller Erwachsenen täglich, der Wert ist seit 2007 sogar leicht angestiegen und weiterhin über dem EU-Durchschnittswert von 18 Prozent. Maßnahmen der Politik, mit denen vom Rauchen abgehalten werden soll, sind in Österreich weniger ausgeprägt als in vielen anderen EU-Ländern. Explizit nennt der Bericht das Verschleppen des Gesetzes zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie.
Mit einem durchschnittlichen Konsum von 11,8 Litern reinen Alkohols pro Kopf (Menschen über 15 Jahre) ist Österreich fast Spitzenreiter und wird nur von Litauen (12,3 Liter) überholt. Im OECD36-Durchschnitt sind es 8,9 Liter, in Norwegen zum Beispiel nur sechs Liter. In den meisten Staaten ist der Alkoholkonsum rückläufig. Weitere Probleme sind unter anderem mangelnde körperliche Aktivität und ungesunde Ernährung, wie z. B. hoher Zucker- und Salzkonsum und die damit verbundene Zunahme von Fettleibigkeit.
Ischämische Herzerkrankungen bilden weiterhin die Haupttodesursache (42 Prozent), gefolgt von Krebs. In beiden Bereichen konnte die Sterblichkeit gesenkt werden, die diabetesbedingte Sterblichkeit ist hingegen seit dem Jahr 2000 stark angestiegen. Dies spiegelt möglicherweise die Zunahme von Übergewicht und Fettleibigkeit sowie eine relative Schwäche der primären Gesundheitsversorgung in Österreich wider, so der EU-Bericht.
Mit 5,2 Ärzten pro 1.000 Einwohner weist Österreich nach Griechenland die zweithöchste Zahl an Ärzten in der EU auf, und liegt damit erheblich über dem EU-Durchschnitt (3,6 pro 1000). Wie es tatsächlich um die Anzahl der Pflegekräfte steht, lässt sich nicht eruieren. Bis heute liegen nämlich keine exakten Daten über die Anzahl und Verteilung von Krankenpflegern vor, die außerhalb von Krankenhäusern arbeiten, was laut Bericht bis voraussichtlich Anfang 2020 nachgeholt werden soll.
In der Akutversorgung schneidet die Alpenrepublik gut ab, die Anzahl der vermeidbaren Krankenhausaufnahmen ist jedoch nach wie vor hoch. Österreich hatte im Jahr 2017 mit 7,4 Akutbetten pro 1.000 Einwohner 46 Prozent mehr als im EU-Durchschnitt (5,1 pro 1000) und liegt damit nach Deutschland und Bulgarien an 3. Stelle. Die Betten müssen offenbar ausgelastet werden, was dazu führt, dass Österreich unter allen EU-Ländern die dritthöchste Zahl von Krankenhausentlassungen pro Einwohner hat. Überflüssige Krankenhausaufnahmen aufgrund chronischer Erkrankungen könnten laut EU-Bericht durch eine Stärkung der Primärversorgung vermieden werden. Außerdem sollten mehr Eingriffe ambulant durchgeführt werden: Während in der EU 29 Prozent der Mandeloperationen und 41 Prozent der Leistenbruchoperationen ambulant durchgeführt werden, finden beide Eingriffe in Österreich fast ausschließlich in stationärem Setting statt, kritisiert der Bericht.
Die gute Nachricht: Die Durchimpfungsrate bei Kindern im Alter von zwei Jahren für Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten lag 2018 deutlich über dem EU-Durchschnitt. Auch die Durchimpfungsrate für Masern bei Kindern im Alter von zwei Jahren erreichte fast das Ziel der WHO von 95 Prozent, lag aber bei der zweiten Dosis unter 95 Prozent. Die Verfügbarkeit und der Zugang zu Leistungen sind im Allgemeinen sehr gut. Der von den Befragten selbst berichtete ungedeckte Bedarf aufgrund von Wartezeiten tendiert gegen null. Außerdem sind Ärzte relativ gleichmäßig über die Länder verteilt. Mit Sorge stellt der Bericht allerdings fest, dass die Verfügbarkeit von Leistungen in den nächsten 10 bis 15 Jahren durch eine Welle von Pensionierungen unter Ärzten negativ beeinflusst werden könnte. Die aktuelle Altersverteilung zeigt, dass viele Ärzte - insbesondere Ärzte mit Kassenverträgen - bald in Pension gehen werden. Noch liegt die Arzt-Dichte in Österreich aber selbst in Regionen mit niedriger Dichte über dem EU-Durchschnitt.