Die Diagnose Down-Syndrom ist für viele werdende Eltern ein Schock. Zugleich ist die Aufklärung und Beratung Schwangerer unzureichend. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Neeltje Crombag von der Universität Leuven in Kooperation u.a. mit der Harvard University untersuchte, wie pränatale Screnningtests und Aufklärung von Betroffenen beurteilt werden. Untersucht wurden 212 Eltern von Kindern mit Down-Syndrom (DS), die zwischen 2010 und 2016 geboren wurden.
Das Ergebnis: Frauen, bei denen im Zuge eines vorgeburtlichen Screenings der Verdacht auf Down-Syndrom festgestellt wurde und die sich dennoch für das Kind entschieden haben, fühlten sich schlecht betreut. Betroffene Eltern wünschen sich schon während der Schwangerschaft Auskunft und Informationen über ihr Leben mit einem Kind mit DS, um sich auf die Zukunft einstellen zu können. Diese Angebote werden aber häufig erst nach der Geburt gemacht, so die Autoren. Zum Zeitpunkt der Diagnose seien für die Frauen nicht nur Informationen wichtig. Entscheidend sei auch die menschliche Atmosphäre, in der Empathie eine wichtige Rolle spielt. Begriffe wie „Respekt, Wärme und Unterstützung“ wurden für positiv bewertete Gespräche verwendet, während Begriffe wie „gehetzt, negativ, kalt und fern“ negativ bewertete Gespräche kennzeichneten (vgl. EurekAlert, online, 19.2.2020). 54 Prozent, denen ein Ersttrimesterscreening angeboten wurde, erhielten keinerlei Informationen über DS. 26 Prozent der Frauen beurteilten die bei einer möglichen oder endgültigen Diagnose erhaltenen Informationen als völlig unzureichend.
Auffallend ist, so die weiteren Ergebnisse der im American Journal of Medical Genetics (2020; 182(2): 374-385) publizierten Studie, dass 76 Prozent der Mütter eines Kindes mit DS bewusst auf vorgeburtliche Tests verzichtet hatten. Mehrere Gründe waren dafür ausschlaggebend: 81 Prozent gaben mindestens Wertegrund an (wie „ein Kind mit DS ist in unserer Familie willkommen“). 34 Prozent der Mütter hatten sich aufgrund der schwachen Qualität verfügbarer Screening-Tests dagegen entschieden. 36 Prozent sahen sich nicht als Teil einer Risikogruppe, was laut Studie auch auf einen Mangel an Informationen zurückzuführen sein könnte. Nur 1 Prozent nannten die Kosten als Grund.
Am 21. März wurde der Welt-Down-Syndrom-Tag begangen. In Großbritannien strebt die 24-jährige Heidi Crowter, die selbst Down-Syndrom hat, eine Klage gegen die Regierung wegen Diskriminierung an. In Großbritannien ist - wie in Österreich - die Spätabtreibung von Kindern mit Behinderung bis zur Geburt möglich. Das komme einer Diskriminierung von Menschen mit Down-Syndrom gleich (vgl. Daily Mail, online, 24.2.2020).
Der Klage will sich u. a. eine ältere Mutter mit einem Kind, das Down-Syndrom hat, anschließen. Cheryl Bilsborrow fühlte sich mehrfach unter Druck gesetzt, einen Test machen zu lassen, um festzustellen, ob ihr Baby an dieser Krankheit leiden würde. Noch drei Tage vor der Geburt ihres Sohnes Hector habe man ihr eine Abtreibung angeboten. Die Plattform Don't Screen Us Out unterstützt das Anliegen. In England, Wales und Schottland ist die Abtreibungsrate von Kinder mit Down-Syndrom in 10 Jahren um 42 Prozent gestiegen. Vier von fünf Frauen entscheiden sich in Großbritannien für eine Abtreibung eines Kindes mit Down-Syndrom.