Seit 20 Jahren fordert die US-Regierung Unternehmen, Universitäten und andere Institutionen, die klinische Studien durchführen, auf, ihre Ergebnisse in einer staatlichen Datenbank zu veröffentlichen, damit Ärzte und Patienten sehen können, ob neue Behandlungen sicher und wirksam sind.
Eine kürzlich in Lancet publizierte Studie zeigt, dass trotz der gesetzlichen Vorgaben das Vorhaben nur schleppend vorankommt (2020; 395[10221]: 361-369). Forscher der Universität Oxford analysierten in einer Stichprobe die Daten von 4.209 klinischen Studien, die zwischen März 2018 und September 2019 in dem US-amerikanischen Studienregister ClinicalTrials.gov erfasst wurden. Nach US-Recht müssen dort innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Studie auch Ergebnisse hinterlegt werden. Tatsächlich war dies aber nur bei rund 40 Prozent der Studien der Fall. Von mehr als einem Drittel der untersuchten Studien (1.523) fehlen die Daten immer noch.
Trotz aller Besorgnis über Transparenz und Report von Studienergebnissen halten sich Wissenschaftler und Institutionen offenbar nicht an die bereits geltenden Regeln. Bisher wurden keine Sanktionen bei Verstößen durchgeführt. Zwar können in den USA Strafen von bis zu 12.000 US-Dollar Tagesbußgeld verhängt werden, doch ist dies bisher nie passiert.
„Patienten und Ärzte können keine fundierten Entscheidungen darüber treffen, welche Behandlungen am besten funktionieren, wenn die Studienergebnisse routinemäßig zurückgehalten werden“, kritisiert Studienleiter Ben Goldacre vom Centre for Evidence-Based Medicine der Universität Oxford. Klinische Studien seien keine abstrakten Forschungsprojekte: Es handle sich um umfangreiche, teure und praktische Bewertungen, die sich in Form von Behandlungsrichtlinien und Evidenzüberprüfungen direkt auf die Patientenversorgung auswirken, so die Studienautoren.
ClinicalTrials.gov ist die weltweit größte Datenbank für klinische Studien. Derzeit sind über 318.000 Studien aus 209 Ländern registriert. Sie wird von der Food and Drug Administration (FDA) und den National Institutes of Health (NIH) betrieben. Ärzte, Forscher und potenzielle Studienteilnehmer verlassen sich auf die Datenbank, um sich im Vergleich von Studienergebnissen über die Wirksamkeit von Behandlungen ein Urteil zu bilden. Das Webportal verzeichnet monatlich 215 Millionen Seitenaufrufe.
Nicht nur in den USA, auch in Deutschland würden viele Forschungsinstitutionen die Ergebnisse ihrer Studien nicht oder zu spät in entsprechenden Registern zugänglich machen, kritisiert die Cochrane Deutschland Stiftung (vgl. Deutsches Ärzteblatt, online, 28.1.2020). „Für die evidenzbasierte Gesundheitsversorgung und speziell für die Arbeit von Cochrane ist dies ein existenzielles Problem. Denn nur bekannte Evidenz ist gute Evidenz“, hieß es aus der Stiftung.