In der Schweiz wächst der Druck auf Altersheime und Krankenhäuser, ihre Tore auch für sogenannte Suizidhelfer zu öffnen. Im Jahr 2014 führte der Verein Exit Beihilfe zum Suizid bei 60 älteren Menschen in Altersheimen durch. Die meisten Einrichtungen wehren sich jedoch, sog. „Sterbehilfeorganisationen“ ins Haus zu lassen. Im Kanton Bern ist keine Institution verpflichtet, Selbstmord-Helfer zuzulassen, ebenso wenig in den Kantonen Basel-Stadt und Wallis. Eduard Haeni, Direktor des Berner Burgerspittels, begrüßt dies: „Wenn eine Person in einer Alterseinrichtung aus dem Leben scheiden will, dann ist das zwar ein persönlicher Entscheid. Er berührt aber auch viele andere Menschen.“ Neben den Familienangehörigen seien auch Mitbewohner und Mitarbeiter davon betroffen. Wenn sie den Suizid eines Heimbewohners miterleben müssten, sei das für alle eine große Belastung, bestätigt Christian Streit, Geschäftsführer des Verbands Senesuisse, in dem 350 Alterseinrichtungen zusammengeschlossen sind (vgl. Berner Zeitung, online, 25.4.2016). Im Kanton Tessin hat sich das Parlament klar ausgesprochen: Es gebe kein Recht auf Suizidhilfe in Gesundheitseinrichtungen, entschied die Mehrheit der Abgeordneten (Medinside, online, 24.3.2016).
Im Jahr 2015 haben rund 1.300 Menschen in der Schweiz mithilfe von Dignitas, Exit und Eternal Spirit Suizid begangen. Dies geht aus den aktuellen Zahlen der drei Schweizer „Sterbehilfe“-Vereine hervor. Die Gründe für den erneuten Anstieg der Suizidbegleitungen von rund 30 Prozent bei Exit führt der Verein neben stetigen Mitgliederzuwachs auf die deutliche Alterung der Gesellschaft zurück. Das Durchschnittsalter der Suizidalen lag bei 77,4 Jahren.
Laut Exit gebe es aufgrund der Nachfrage schon Engpässe bei den angemieteten Sterbestudios sowie in der Ausbildung von neuen Freitodbegleitern. Auch der umstrittene Verein Eternal Spirit, der vor einem Jahr zwei betagten Schotten, die Angst vor dem Alleinsein hatten, einen tödlichen Gift-Cocktail verschafften (vgl. Bioethik aktuell, 16.2.2015), klagt über Raumnot. Anrainer hatten per Gericht erwirkt, dass der Verein seine Sterbewohnung nicht weiter betreiben darf - die seelische Belastung sei nicht zumutbar (vgl. NZZ, online, 11.2.2016), er solle sich einen Standort im Industriequartier suchen. Bis dahin wird der Verein seinen Kunden die tödlichen Medikamente in Wohnmobilen verabreichen. Die Kosten für eine Freitod-Begleitung sind auch bei Eternal Spirit nicht unerheblich: Ausländer bezahlen 10.000 Schweizer Franken, Einheimische 3.000 CHF.
Aufschlussreich ist der Geldfluss der Sterbehilfe-Vereine, wobei jede der Organisationen betont, rein kostendeckend und ohne Gewinne zu arbeiten. Die Vereine können ihre Preise selbst bestimmen. Am billigsten bietet Exit seine Dienste an: Unterstützung beim Suizid kostet 900 bis 3.500 CHF, abhängig davon, wie lange jemand Mitglied der Organisation war. Ab drei Jahren Mitgliedschaft gibt es den Suizid gratis. Exit zählt inzwischen 100.000 zahlende Mitglieder (Jahresbeitrag: 45 CHF), das Durchschnittsalter beträgt 67 Jahre, alle müssen einen Schweizer Pass haben. 995 Menschen nahmen sich im Jahr 2015 mit Exit das Leben.
Bei Dignitas, waren es 222 Menschen, wobei der „Suizid-Tourismus“ eine große Rolle spielt: Rund Dreiviertel der Sterbewilligen kam aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Der Verein hat rund 7.100 Mitglieder, verrechnet werden eine Einschreibgebühr von 200 CHF sowie ein jährlicher Mitgliedsbeitrag von 80 CHF. Für eine „Freitodbegleitung“ verlangt der Verein 7.000 CHF, 10.500 CHF sind es, wenn auch die Bestattungsfragen geregelt werden sollen.
In den Niederlanden, wo Töten auf Verlangen erlaubt ist, sind im Jahr 2015 täglich 15 Menschen durch Euthanasie gestorben. Das zeigen die aktuellen Daten der Regionale Toetsingscommissies Euthanasie. Von 2006 bis 2015 ist die Zahl der Fälle um knapp 300 Prozent auf 5.516 Menschen/Jahr nach oben geschnellt. „Zehnmal mehr Menschen sterben in den Niederlanden durch Euthanasie als dort im Straßenverkehr“, sagt Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz anlässlich der Weltkonferenz von Euthanasie-Befürwortern in Amsterdam (vgl. TT, online, 12.5.2016). Auch in Belgien habe sich die Zahl im selben Zeitraum von 429 auf 2.021 verfünffacht: Brysch hält die Beneluxstaaten für ein warnendes Beispiel. „Offenkundig ist Töten ansteckend“.