In den USA sterben täglich rund 130 Menschen an einer Überdosis von Opioiden. Zwei Drittel der jährlich rund 70.000 Drogentoten sind auf rezeptpflichtige Opiatschmerzmittel oder illegale Opiate wie Heroin zurückzuführen, berichtet das US-Center for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta. Droht auch in Europa eine Schmerzmittel-Sucht? Experten geben für Österreich Entwarnung.
Laut Gesundheit Österreich gab es 2004/2005 rund 30.000 Menschen mit risikoreichem Drogenkonsum, berichtet Science-APA (online, 13.4.2019). Ein großer Teil davon entfällt auf Opiatabhängige. Bis 2014 würden die Werte aber relativ konstant um 30.000 schwanken. Laut dem aktuellen österreichischen Drogenbericht ließe sich in den letzten Jahren ein Anstieg auf etwa 36.500 Personen beobachten. Diese Entwicklungen stünden jedoch in keinem Vergleich zu den Trends in den USA.
Einen Grund dafür sieht der Anästhesist Rudolf Likar vom Klinikum Klagenfurt darin, dass in den USA Opioide viel zu schnell verabreicht würden - in vielen Situationen, in denen sie in Europa nicht zum Einsatz kämen. In Notfallambulanzen in Washington erhalten beispielsweise 40 Prozent der Patienten, die Schmerzen angeben, beim Erstkontakt ein starkes Opioid. „Auch Geburtsschmerzen werden in den USA routinemäßig mit Opioiden behandelt. Ein solcher Umgang trägt zu steigenden Abhängigkeitszahlen bei“, so Likar. In Österreich sei die Situation völlig anders: „In Europa halten sich die Ärzte an die wissenschaftlichen Empfehlungen.“ Diese lauten: Erst die Diagnose, dann die Therapie, erklärt Burkhard Gustorff, Schmerzmediziner am Wiener Wilhelminenspital. Die umgekehrte Herangehensweise führe dazu, dass Patienten mit Kopfschmerzen starke Opioide bekämen, obwohl diese in dem Fall nachweislich unwirksam seien, so Gustorff (vgl. Standard, online, 19.4.2019).
Die Opioid-Krise in den USA hat inzwischen auch gerichtliche Folgen: Gegen den Arzneimittelhersteller Purdue Pharma laufen bereits etliche Verfahren. Überraschend stimmte der prominente Hersteller von Opioid-Schmerzmitteln nun einem Vergleich in der Höhe von 270 Millionen Dollar zu (vgl. NZZ, online, 27.3.2019).
Der Pharmakonzern hatte das Langzeitschmerzmittel Oxycontin mit dem Wirkstoff Oxycodon Mitte der 1990er Jahre auf den Markt gebracht. Nach aggressiver Werbung lagen die Pillen im Jahr 2010 bereits mit drei Milliarden Dollar auf Platz fünf der umsatzstärksten Medikamente der USA - trotz Ungereimtheiten wie fehlender klinischer Studien bei der Zulassung. Entscheidend waren dafür, so die Kläger, eine bewusste Täuschung und Profitinteressen des Konzerns. Das opioidhaltige Schmerzmittel brachte dem Pharmakonzern Purdue über 35 Milliarden Euro Gewinn. Es wurde als völlig unbedenklich vermarktet, obwohl Oxycontin sowie weitere in den USA massiv verschriebene Schmerzmittel wie Fentanyl schon nach kurzer Zeit abhängig machen können. Erst 2017 stoppte der Konzern seine Werbung für Oxycontin.
Weiterführender Link: IMABE-Info „Schmerz“.