In den Niederlanden ist die Zahl der Tötungen auf Verlangen im Jahr 2018 erstmals seit 2006 zurückgegangen. Laut offizieller Daten der staatlichen Regionalen Toetsingscommissies Euthanasie wurden 6.126 Menschen auf eigenen Wunsch getötet. Das sind 17 Personen pro Tag. Im Vorjahr waren es 6.585. Die sinkende Zahl von Fällen der Tötung auf Verlangen hat im Parlament (Tweede Kamer) nicht etwa Erleichterung, sondern Besorgnis ausgelöst, berichtet das Ärzteblatt (online, 21.5.2019). Hausärzte würden zunehmend Anfragen von Patienten mit Todeswunsch zurückweisen, so die Sorge.
Holländische Medien vermuten, dass Ärzte zögerlicher in der Umsetzung von Tötungswünschen seien, zumal erstmals ein Arzt strafrechtlich nach Euthanasie, wie sie in den Niederlanden genannt wird, verfolgt wird. Außerdem wächst die interne Kritik an der liberalen Auslegung der Sterbehilfe-Gesetze bei Demenzkranken (vgl. IMABE 02/2018). Der Vorsitzende der staatlichen Überprüfungskommissionen für Sterbehilfe, Jacob Kohnstamm, sieht jedoch keine Gefahr für einen Gesinnungswandel bei niederländischen Ärzten. Im ersten Quartal 2019 lag die Zahl der Fälle bereits um 9 Prozent über dem Vergleichswert von 2018, betont Kohnstamm (vgl. Trouw, online, 12.4.2019). Seiner Ansicht nach lasse kein Arzt einen Patienten „unerträglich leiden“, die Sterbehilfe werde „ordnungsgemäß durchgeführt“.
Die überwiegende Zahl der 6.126 Fälle von aktiver Sterbehilfe, hatte Krebs (4.013), gefolgt von Parkinson, Multipler Sklerose oder ALS (382), Herz-Kreislauf-Erkrankungen (231), Lungenkrankheiten (189) oder einer Kombination davon. 67 Patienten, die im vergangenen Jahr um Tötung baten, waren psychisch krank, 144 Menschen mit einer beginnenden Demenz haben im Vorjahr den Antrag auf Tötung gestellt. Die vulnerabelste Gruppe (3.946 Fälle) ist zwischen 70 und 80 Jahre alt oder älter.
Eine vor zwei Jahren im New England Journal of Medicine publizierte Studie (2017; 377: 492-494 DOI: 10.1056/NEJMc1705630), die sich mit den Erfahrungen mit Sterbehilfe in den Niederlanden befasste, hatte ergeben, dass es im Jahr 2015 431 Todesfälle von Sterbehilfe ohne ausdrücklichen Wunsch des Patienten gab und dass 23 Prozent dieser Todesfälle nicht gemeldet wurden. Ob eine mögliche Nicht-Meldung der Sterbehilfe-Fälle für den Rückgang 2018 verantwortlich sein kann, wurde bislang nicht untersucht.