Mit der aktuellen Ausgabe von Imago Hominis liegt Band 2 der erweiterten Vorträge des interdisziplinären Symposiums „Dem Sterbenden begegnen. Herausforderungen an Medizin und Pflege“ vor. Das interdisziplinäre Symposium fand im November 2017 in Wien statt. Band 1 der Vorträge ist bereits im April 2018 erschienen.
Die ärztliche Kunst bestehe darin, den Patienten einerseits niemals ohne Hoffnung alleine zu lassen, ohne aber andererseits durch sinnlosen Aktivismus und Täuschung falsche Hoffnungen zu wecken, um so den Patienten über den Tod gleichsam „hinwegzuschwindeln“, betont der Internist Johannes Bonelli (IMABE, Wien). Der Mediziner analysiert in seinem Beitrag fünf medizinethische Fragestellungen, die für die Betreuung von Menschen am Lebensende relevant sind und legt differenziert dar, worin der ethische Unterschied zwischen einem legitimen Sterbenlassen und der Herbeiführung des Todes (aktiv oder durch schuldhafte Unterlassung) besteht.
In der modernen Medizin wird das Sterben als Endpunkt von akuten oder chronisch verlaufenden Krankheitsprozessen pathologisiert. Doch der Tod ist keine Krankheit, sondern ein natürlicher Teil des Lebens. Die Onkologen Günther Gastl und Walpurga Weyrer (Medizinische Universität Innsbruck) zeigen gemeinsam mit der ärztlichen Leiterin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft Elisabeth Medicus in ihrem Beitrag auf, dass das Sterben kein schablonenhaftes Management verträgt. Die Personalisierung des Sterbenlassens müsse wieder Teil der Kunst der Medizin werden, so ihr Plädoyer.
Der deutsche Soziologe Reimer Gronemeyer (Universität Gießen) lobt die Hospizbewegung, die eine neue Kultur des Umgangs mit dem Lebensende geschaffen hat, in der ein würdiges Sterben möglich geworden ist. Kritisch sieht er hingegen den zunehmenden Konkurrenzdruck zwischen Ehrenamt und dem Anspruch, das Sterben zu professionalisieren. Wenn aus dem ehrenamtlichen Engagement Schritt für Schritt eine ökonomisierte Dienstleistung werde, bestehe laut Gronemeyer die Gefahr, das Sterben allmählich nur noch als ein perfekt qualitätskontrolliertes und evaluierbares Projekt abzuwickeln.
Hilde Kössler (Vorsitzende der AG Palliativpflege der Österreichischen Palliativgesellschaft) zeigt auf, dass in der Praxis der Sterbeort für Schwerstkranke nicht so relevant ist, wie die Sicherheit einer kontinuierlichen, lindernden medizinischen Versorgung, durch die es möglich wird, Geborgenheit in sozialen Beziehungen zu erleben. Die Sozialwissenschaftlerin Irena Schreyer (Hochschule Ravensburg-Weingarten) beschreibt, welchen Belastungen Angehörige ausgesetzt sind, wenn sie selbst zu Pflegenden von Sterbenden werden, und wie man ihren Bedürfnissen bestmöglich entgegenkommen kann.
Die Imago-Hominis-Ausgabe 3/2018 ist hier abrufbar.
Bioethik aktuell
IMAGO HOMINIS: TAGUNGSBAND „DEM STERBENDEN BEGEGNEN“, Band 2
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