Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat abermals in einem Streit um Beihilfe zum Suizid entschieden, dass ein Staat nicht zu Selbstmord-Beihilfe verpflichtet ist (Pressemitteilung zum Urteil Haas vs. Schweiz, online 20. 01. 2011). Die Straßburger Richter wiesen dabei die Klage eines Schweizers ab, der wegen einer psychischen Erkrankung seinem Leben ein Ende setzen wollte. Der 57-jährige Mann, der seit rund 20 Jahren an einer schweren psychischen Krankheit leidet, wollte seinem Leben, das er als nicht mehr würdig empfand, ein Ende setzen. Die Ärzte hätten sich jedoch geweigert, ihm das dafür notwendige rezeptpflichtige Mittel Pentobarbital zu verschreiben. Auch die Behörden und schließlich das Schweizer Bundesgericht wiesen seine Klage zurück. Daraufhin legte er Beschwerde beim EGMR ein und berief sich dabei auf Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, wonach ihm seines Erachtens das Recht zustünde, über seinen eigenen Tod zu entscheiden. Der Staat oder ein Dritter habe deshalb die Pflicht, ihn beim Selbstmord zu unterstützen, so dass dieser sicher gelinge und schmerzfrei sei.
Der EGMR entschied, dass ein Mensch frei über die Art und den Zeitpunkt seines Todes selbst entscheiden könne. Allerdings gebe es keine „positive Verpflichtung“ eines Staates, eine tödliche Medikamentendosis zur Verfügung zu stellen. In ihrem Urteil betonten die Straßburger Richter, dass die Gefahren eines Systems, in dem die Beihilfe zum Suizid erleichtert würde, nicht unterschätzt werden dürften. Das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Leben bedeute für die Staaten auch die Pflicht, Regelungen dafür zu treffen, dass die Entscheidung, das Leben zu beenden, wirklich dem freien Willen des Betroffenen entspreche.