Der internationale Markt der Leihmutterschaft ist extrem flexibel und ausbeuterisch. Darauf weist IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer angesichts jüngster Entwicklungen in Asien hin. Der „erschreckende Menschenhandel mit Frauen und Kindern braucht rasch ein internationales Leihmutterschafts-Verbot“, betont die Ethikerin.
In Indien, Thailand und Kambodscha traten kürzlich Gesetze zum Verbot kommerzieller Leihmutterschaft für ausländische Kunden in Kraft. Dadurch sollte der Tourismus westlicher Paare unterbunden werden, die dort über Agenturen Leihmütter engagieren. Rund 80% der nach Leihmutterschaft in Indien geborenen Kinder waren für ausländische Paare bestimmt, viele Bestelleltern kamen aus Europa, Australien und den USA (vgl. Bioethik aktuell, 10.10.2016).
Nach den Verboten zeigt sich, dass die Rent-a Womb-Industrie ihre Geschäfte nicht aufgeben will. Nur wenige Monate, nachdem Leihmutterschaftskliniken für Ausländer in Indien, Thailand, Kambodscha und Sri Lanka geschlossen wurden, eröffneten sie unter Umgehung der Gesetze ihre Filialen. Dazu suchen Agenturen wie Findsurrogatemother in Manila gezielt aus armen, wenig gesetzlich regulierten Ländern nach neuen Miet-Müttern. Oder sie locken philippinische Leihmütter nach Kambodscha, berichtet der Sydney Morning Herald (online, 4.1.2017). Die Behörden ließen Anfang 2017 einen Ring auffliegen, der Philippininnen von Manila nach Phnom Penh fliegen wollte, wo sie als Leihmütter für Auftraggeber aus Australien, Deutschland, China und Nigeria arbeiten sollten, man hatte ihnen dafür 10.000 US-Dollar versprochen. Der ehemalige philippinische Polizeidirektor und jetzige Kommissar für Immigration Jaime Morente spricht von einer neuen „Mafia des Menschenhandels“.
„Der Vorfall zeigt, wie flexibel das Geschäft rund um Leihmutterschaft ist. Solange Agenturen am Handel mit Kindern verdienen dürfen, wird dieser für Frauen und Kinder menschenunwürdige Markt weiter angeheizt. Die internationale Staatengemeinschaft kann hier nicht länger zuschauen“, appelliert Kummer an die politisch Verantwortlichen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem richtungweisenden Urteil die Position von Ländern gestärkt, in denen Leihmutterschaft verboten ist. „Damit wurde auch ein wichtiges Signal gegen den Leihmutterschafts-Tourismus gesetzt“, so Kummer.
Das EGMR-Urteil vom 24.1.2017 lehnte die Klage eines italienischen Paares ab, das in Russland ein Kind von einer Leihmutter hatte zur Welt bringen lassen (vgl. Case of Paradiso and Campanelli vs Italy, EGMR 25358/12). Weder der Mann noch die Frau des italienischen Paares war mit dem Kind biologisch verwandt, sowohl Eizelle als auch Samen stammten von unbekannten Spendern. Das Kind hatte somit fünf Elternteile: Zwei unbekannte genetische Eltern, die das Kind gebärende Frau sowie die beiden Bestelleltern. Der Bub wurde nach wenigen Monaten den Bestelleltern entzogen, kam 2013 in eine Pflegefamilie und wurde mittlerweile von einer Familie adoptiert. Die Staaten hätten ein legitimes Interesse, rechtliche Elternschaft entweder von der Abstammung oder von einer regulären Adoption abhängig zu machen, bekräftigten die Straßburger Richter.
Das Paar hatte den in vitro gezeugten Buben in Russland als eigenes Kind registrieren lassen, ohne dabei anzugeben, dass es von einer Leihmutter geboren wurde. Zurück in Italien verweigerten die dortigen Behörden eine Anerkennung der Elternschaft. Da das Kind sowohl eltern- als auch staatenlos war und Leihmutterschaft in Italien verboten ist, kam das Baby gemäß nationaler Rechtslage im Oktober 2011 in staatliche Obhut. Der Wunschbub habe erst wenige Monate bei den Bestelleltern gelebt, im konkreten Fall sei damit keine enge emotionale Bindung zwischen dem Paar und dem Baby entstanden, entschied der EGMR. In diesem Fall überwiege das Interesse des Staates, „Unordnung zu verhindern“.
Die Straßburger Richter haben damit die Position jener Länder gestärkt, in denen eine Leihmutterschaft verboten ist. Das Verbot der Leihmutterschaft im italienischen Fortpflanzungsmedizinrecht und die internationalen Auflagen bei Auslandsadoptionen seien gerade auch zum Schutz von Kindern eingeführt worden, heißt es im Urteil. Die bewusste Umgehung solcher Vorschriften schade nicht nur dem betroffenen Kind, sondern könnte auch als Präzedenzfall anderen Kindern schaden. Außerdem habe ein psychologisches Gutachten befürchteten lassen, wonach das Kind für die Bestelleltern als Mittel zur Befriedigung narzisstischer Wünsche herhalten muss, berichtet der Legal Tribune Online (online, 25.1.2017). Die Rechtslage in Europa ist uneinheitlich. In 18 der 28 EU-Mitgliedstaaten ist die Leihmutterschaft verboten, dazu zählen Österreich, Deutschland und seit 2004 Italien.