Bioethik aktuell

Belgien: Fall von Kinder-Euthanasie ruft Proteste hervor

Niederlande planen erste Sterbehilfe-Klinik für Kinder

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In Belgien hat der erste Fall von Kinder-Euthanasie scharfe Proteste hervorgerufen. Wie Het Niewsblad (online, 17.9.2016) berichtet, erhielt eine minderjährige Person im Alter von 17 Jahren aus Flandern aktive Sterbehilfe. Die nationale Euthanasie-Evaluationskommission bestätigte den Fall. Seit 2014 ist Belgien der erste europäische Staat, der für Tötung auf Verlangen keine Altersgrenze mehr vorgibt. Voraussetzung ist, dass Kinder eine rationale Entscheidung getroffen haben und sich im Endstadium einer unheilbaren Krankheit mit unerträglichen und nicht zu lindernden Schmerzen befinden. Zudem müssen ihre Eltern zustimmen.

„Wie soll ein Kind - das weder alleine einen Handyvertrag abschließen noch Zigaretten kaufen darf-, darüber entscheiden, ob es leben oder sterben will? Warum mit Zustimmung der Eltern und eines Psychologen, wie es das belgische Gesetz vorsieht? Und was soll aus einer Gesellschaft werden, in der Gesetze von Kinderärzten, Internisten und Palliativmedizinern verlangen, Menschen zu töten? Dieser Vertrauensbruch ist durch nichts wettzumachen“, kommentierte IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer die Entwicklungen zur Kinder-Euthanasie in Belgien (vgl. Die Presse, online, 21.4.2016).

Kindern und Jugendlichen kommt eine „besondere Schutzwürdigkeit zu. Doch ausgerechnet wenn es ums Sterben geht, zählt sie nicht. Da, wo es um die existenziellste aller Fragen geht, bürdet man ihnen die volle Verantwortung von Erwachsenen auf“, schreibt der Tagesspiegel (online, 19.9.2016) zum aktuellen Fall und spricht von einem „Skandal“.

Ein Blick in die benachbarten Niederlande zeigt, dass Belgien kein Einzelfall ist. Tötung auf Verlangen ist dort für Minderjährige ab 12 Jahren erlaubt. Bis 16 Jahren braucht es dazu die Zustimmung der Eltern, bei Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahre müssen die Eltern nicht zustimmen, jedoch in die Entscheidung miteinbezogen werden. Zwischen 2002 und 2012 gab in den Niederlanden fünf Euthanasie-Anfragen von Minderjährigen, darunter von einem 12-jährigen Kind und vier Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren.

Derzeit sei ein neues Sterbehilfe-Institut in Planung, dass auf Kinder spezialisiert ist, so Eduard Verhagen, Chefarzt der Universitätskinderklinik in Groningen (vgl. De Limburger, online, 19.9.2016). Verhagen ist Arzt und Jurist und hat das sog. Groningen-Protokolls (2004) mitformuliert. Die niederländische Gesundheitsministerin Edith Schippers hat für 400.000 Euro eine Studie in Auftrag gegeben, um zu prüfen, ob auch Euthanasie-Wünschen von kranken Kindern zwischen 1 und 12 Jahren zugelassen werden könnten (vgl. No Euthanasie, online, 20.9.2016). Laut Verhagen sollte es Kindern auch unter 12 Jahren ermöglicht werden, Tötung auf Verlangen für sich in Anspruch zu nehmen.

Die Tötung von nicht-einwilligungsfähigen Personen ist bereits auf Grundlage des Groningen Protokolls möglich: Wenn ein Arzt ein schwerkrankes Neugeborenes oder ein Kleinkind tötet, wird dies von der Staatsanwaltschaft nicht als Straftat verfolgt.

In der Schweiz forderte der Sterbehilfe-Verein Exit, dass künftig alle Ärzte ein für den Menschen tödliches Mittel verschreiben können. Außerdem sollten die administrativen Hürden bei der aktiven Sterbehilfe vereinfacht und damit der organisierte Freitod billiger werden. Im kommenden Jahr will Exit gezielt bei Ärzten eine „Ausbildungslücke“ zur Beihilfe zum Suizid mittel Weiterbildungsangeboten schließen. Damit soll erreicht werden, dass die Ärzte über das nötige „Know How“ zur „Freitodbegleitung“ verfügen, so Exit (vgl. Kath.ch, online, 20.9.2016).

Institut für Medizinische
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