Mehr und mehr Menschen leben allein - auch in Österreich: Die Zahl der Ein-Personen-Haushalte lag im Jahr 2018 bei 1.457.000, berichtet die Statistik Austria (vgl. Kleine Zeitung, online, 4.4.2019). Vor allem ältere Menschen leben zunehmend ohne Familie.
Die steigende Zahl der Einpersonenhaushalte könnte mit mehr psychischen Erkrankungen einhergehen. Diesen Zusammenhang legt zumindest eine in PLOS ONE (2019; doi: 10.1371/journal.pone.0215182) publizierte Studie der Universität Versailles Saint-Quentin-en-Yvelines nahe, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 2.5.2019).
Wie das Forscherteam um Louis Jacob berichtet, haben Alleinlebende 1,5- bis 2,5-mal eher eine der häufigsten psychischen Erkrankungen als andere Menschen, darunter Depressionen oder Angst- und Zwangsstörungen. Dabei sind alle Altersgruppen und Geschlechter betroffen, wie die Wissenschaftler betonen. Die Studie zeige jedoch nicht, ob das Alleinleben Ursache dieser Erkrankungen ist. Auch die zeitliche Reihenfolge wurde nicht untersucht. Einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Alleinleben und Erkrankungen gab es jedoch vor allem jenen Menschen, die sich einsam fühlten.
Das Forscherteam nutzte die Daten von 20.500 Menschen aus England, die 1993, 2000 und 2007 an einer nationalen Erhebung teilgenommen hatten. In den drei Jahren stieg der Anteil der Einpersonenhaushalte von 8,8 auf 9,8 und schließlich 10,7 Prozent. Zugleich stieg die Rate an häufigen psychischen Erkrankungen von 14,1 auf 16,3 und 16,4 Prozent. In allen drei Umfragen war ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Alleinleben und der Verbreitung psychischer Erkrankungen feststellbar.
In Österreich lebten 2018 nach Daten der Statistik Austria 17 Prozent aller in Privathaushalten wohnenden Menschen alleine. Österreich liegt damit noch deutlich unter dem EU-Schnitt von 33 Prozent, die Zahl der Single-Haushalte ist aber zwischen 1988 und 2018 von zehn auf 17 Prozent gestiegen. Die größte Gruppe Alleinlebender ist bei den über 65-Jährigen zu finden: 526.000 (33 Prozent) der 1.588.000 Personen ab 65 Jahren wohnten - oft bedingt durch Trennung oder dem Tod der Partnerin oder des Partners - ohne weitere Personen im Haushalt. In der Altersklasse der 25- bis 34-Jährigen lebten 233.000 alleine.
Die gesundheitlichen Folgen sozialer Isolation werden zunehmend in Studien untersucht. So ergab etwa 2015 eine US-amerikanische Meta-Analyse, dass allein schon das Gefühl, einsam zu sein, das Sterblichkeitsrisiko um 26 Prozent erhöht. Objektive Einsamkeit durch soziale Isolation bzw. die fehlende Einbettung in ein Gemeinschaftsgefüge sowie Alleinleben hätten noch schlimmere Auswirkungen auf die Gesundheit als das subjektive Gefühl von Einsamkeit. Hier steige das Sterberisiko um 29 bzw. 32 Prozent (vgl. Bioethik online, 13.4.2015).
Für den Psychologen Jürgen Margraf von der Universität Bochum ist das Thema Einsamkeit immer noch schambesetzt - obwohl die negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit bekannt seien: „Stabile und vertrauensvolle soziale Beziehungen sind der beste Schutz für die psychische und auch körperliche Gesundheit.“
In Deutschland hat jüngst die SPD dazu einen Vorstoß gemacht: Sie spricht sich für einen Regierungsbeauftragten aus, der sich um Einsamkeit und Einsamkeitsschäden in der Gesellschaft kümmert. „Bisher wurde die Zahl der Krankheiten, die durch Einsamkeit ausgelöst werden, unterschätzt“, so SPD-Gesundheitssprecher Karl Lauterbach (vgl. Welt am Sonntag online, 4.5.2019). Zugleich verwies er auf Großbritannien, wo es einen solchen Regierungsbeauftragten bereits gibt.