Indien will mit einem schärferen Gesetz zur Leihmutterschaft das Business empfindlich einschränken. Kommerzielle Leihmutterschaft soll nach der geplanten Surrogacy (Regulation) Bill 2016 komplett verboten werden. Sie soll nur noch indischen verheirateten Paaren offen stehen, die mindestens seit fünf Jahren kinderlos sind. Weder Ausländer, unverheiratete Paare, Alleinstehende noch Homosexuelle dürfen zukünftig Leihmütter in Indien nutzen.
Für die indische Gesundheitsministerin Anupriya Patel ist das Gesetz ein wichtiger Schritt. Leihmutterschaft sei in erster Linie eine Ausbeutung von Frauen und Kindern. 80 Prozent der nach Leihmutterschaft in Indien geborenen Kinder wurden ins Ausland transferiert, viele Bestelleltern kamen aus Europa, Australien und den USA. „Indische Frauen sind keine Babyfabriken“, sagt Patel (vgl. India Today, online, 1.9.2016).
Rund 25.000 Babys wurden in Indien jährlich von Leihmüttern geboren. Die Indische Industriellenvereinigung (CII) bezifferte den jährlichen Umsatz der „Babyfabriken“ mit rund 2 Milliarden US-Dollar (vgl. Times of India, 18.7.2013 und Bioethik aktuell, 5.6.2015). Die rund 3.000 Wunschbabykliniken, die Leihmutterschaft als fixe Einnahmequellen hatten, fürchten nun starke finanzielle Einbußen. Die Regierung will ein Ende der kommerziellen Leihmutterschaft herbeiführen. „Frauenkörperbenützung zum Zweck der Kinderwunscherfüllung“ (E. Hammerl, Profil, online, 19.3.2016) soll nur noch aus „altruistischen Motiven“ erlaubt sein. Als Leihmutter zugelassen werden nur noch Frauen, die selbst verheiratet sind und schon mindestens ein eigenes Kind zur Welt gebracht haben. Zudem sollen sie „enge Verwandte“ des Paares sein, das ihre Hilfe in Anspruch nimmt.
Die Auftraggeber müssen in Zukunft alle Kinder zu sich nehmen. Damit sollen Fälle ausgeschlossen werden, wie sie auch andernorts passieren, etwa jene US-Leihmutter, die sich öffentlich gegen die vom Bestellvater eingeforderte Abtreibung eines Drillings gewehrt hatte. Auch behinderte Kinder müssen übernommen werden (vgl. International Medical Travel Journal, online, 3.10.2016). Das neue Gesetz ist auch eine Antwort auf Fälle wie jene eines nun wegen Kinderhandels verurteilten Australiers, der Babys bei einer Leihmutter in Auftrag gab, um sie dann sexuell zu missbrauchen (vgl. Bioethik aktuell, 17.5.2016 oder des japanischen Paares, das nach der Scheidung nichts mehr von ihrem in Indien bestellten Kind wissen wollten (vgl. The Indian Express, online, 8.9.2016).
Der Sozialausschuss des Europarates hatte erneut einen Vorschlag zur Legalisierung der kommerziellen wie altruistischen Leihmutterschaft abgelehnt (vgl. Kathpress, online, 23.9.2016). Auf Druck der belgischen Grünen-Abgeordneten Petra de Sutter stehen jedoch am 11. Oktober „Richtlinien für den Schutz von Kinderrechten bei Leihmutterschafts-Arrangements“ zur Diskussion (vgl. Gènéthique, online, 23.9.2016).
Leihmutterschaft soll damit durch die Hintertüre salonfähig gemacht werden. „Wer über internationale Standards und Rechte von Kindern aus Leihmutterschaftsverträgen diskutiert, akzeptiert damit Leihmutterschaft selbst als vollendete Tatsache“, kritisiert IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer. Dies steht jedoch konträr zum Übereinkommen des Europarates zum Schutz der Menschenrechte und Menschenwürde, sowie den internationalen Kinderrechtskonventionen, betont der feministisch europaweit vernetzte Verein Collectif pour le Respect de la Personne (CoRP). „Bewusst wird in der Debatte ausgeblendet, dass die Tatasche, bestellt und von einer fremden Frau ausgetragen worden zu sein, per se dem Kindeswohl und grundlegenden Rechten des Kindes widerspricht“, ergänzt Bioethikerin Kummer. Wenn es wirklich um die Rechte der Kinder geht, dann braucht es ein internationales Verbot der Leihmutterschaft. Denn: „Wenn wir uns bloß damit begnügen, ein Unrecht zu regulieren, heißt das soviel, dass wir es akzeptieren. Kinder sind jedoch kein Vehikel für Elternwünsche und Frauen kein mietbares Objekt zur Nachwuchsbestellung“, betont Kummer.