In Großbritannien ist eine scharfe Debatte über Abtreibung entbrannt. Anlass dafür sind die Recherchen der britischen Tageszeitung The Daily Telegraph, die nun schon den zweiten Skandal rund um die laxe Abtreibungspraxis von Ärzten aufgedeckten.
Erster Anlass der Debatte war die Enthüllung, dass Ärzte in mehreren britischen Kliniken Schwangerschaftsabbrüche durchführten, nur weil das Kind nicht das erwünschte Geschlecht hatte - oder zumindest die Bereitschaft zu dem Eingriff signalisiert wurde, wie Undercover-Journalisten auf Videomitschnitten festhielten, als sie Schwangere in neun verschiedene Abtreibungskliniken begleiteten (vgl. The Daily Telegraph, online 22.2.2012).
Der britische Gesundheitsminister Andrew Lansley zeigte sich "extrem besorgt" über diese Verdachtsfälle. "Ich habe meine Beamten gebeten, in dieser Sache mit Hochdruck zu ermitteln." Die Selektion nach Geschlecht sei nicht nur "moralisch falsch", sondern auch "illegal", sagte Lansley. Nach Veröffentlichung der aufsehenerregenden Recherchen kündigte er umgehend eine Untersuchung an, die nun den Weg für den nächsten Skandal bahnte.
Im Zuge der Ermittlungen wurden in 250 Abtreibungskliniken offenbar unangekündigte Untersuchungen durchgeführt - mit erschreckenden Ergebnissen: An jeder fünften Klinik umgingen die Ärzte systematisch die gesetzlichen Vorschriften wie das Einholen der vorgeschriebenen ärztlichen Zweitmeinung, fälschten die geforderten Einverständniserklärungen, bevor sie überhaupt mit den Frauen geredet hatten und verzichteten auf Beratungsgespräche, berichtet The Daily Telegraph (online 22.3.2012). Minister Lansley machte nun deutlich, dass das gefälschte oder Vorab-Ausfüllen der Formulare „eine Straftat darstelle“ und für Ärzte auch zu einer Streichung aus der Liste der eingetragenen Kammerärzte führen könnte. Eine sogenannte „Abtreibung auf Verlangen“ sei nicht akzeptabel und stehe im offenen Widerspruch zum geltenden Gesetz.
Großbritanniens Abtreibungsgesetz stammt aus dem Jahr 1967 (Abortion Act) und folgt einer weiten sozialmedizinische Indikationenregelung. Sie erlaubt den Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Schwangerschaftswoche (6. Monat!) oder bis zur Geburt, bei Behinderung des Kindes, bei Gefahr für die "mentale oder körperliche Gesundheit" der Mutter oder etwaiger Geschwister. Eine Abtreibung wegen des Geschlechts des Kindes ist jedoch verboten. Es dürfte aber schon länger ein offenes Geheimnis gewesen sein, dass in der Praxis diese Bestimmungen umgangen wurden.
Lebensschützer sehen sich durch die Recherchen in ihrer Kritik an der Abtreibungspolitik Großbritanniens bestätigt: „Die Nachforschungen bestätigen die Realität von Eugenik in der modernen britischen Medizin“, betonte Anthony Ozimic, Sprecher der Society for the Protection of Unborn Children (online 24.2.12). Eine EU-weite Statistik zeigte 2009, dass in Großbritannien die meisten Abtreibungen durchgeführt werden.
(TIPP: Die anonym gehaltene österreichische Beratungs-Hotline für Schwangere in Not Es gibt Alternativen bietet von 12.-13. Mai 2012 in Salzburg eine Neueinschulung für Interessierte an.)