Europa wird immer mehr zu einem Drogenkontinent: Mehr als jeder vierte Europäer zwischen 15 und 64 Jahren hat mittlerweile schon einmal Drogen konsumiert, vor allem Cannabis und Kokain. Dies geht aus dem Europäischen Drogenbericht 2016 der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) hervor.
Weltweit ist der Konsum von Cannabis im Vormarsch, ergänzt der am 23. Juni 2016 in Wien präsentierte UN-Drogenbericht 2016. Auf fast 250 Millionen schätzt die UN die Zahl der Menschen im Alter von 15 bis 64 Jahren, die 2014 zu Drogen gegriffen haben. 183 Millionen von ihnen haben Cannabis konsumiert. Auf 33 Millionen wird die Zahl der Konsumenten der weit gefährlicheren Opioiden und Opiaten geschätzt - an die 207.000 Menschen sind dem Bericht zufolge im Jahr 2014 weltweit an ihrer Drogensucht gestorben.
In Europa haben rund 16,6 Millionen junge Europäer (15 bis 34 Jahre) in den letzten 12 Monaten Cannabis konsumiert, das sind 13,3 Prozent dieser Altersgruppe. Insgesamt stieg der „Hasch“-Konsum, insbesondere in Frankreich und Finnland, analysiert Die Welt (online, 1.6.2016).
Drogenkonsum ist zu einem erheblichen Public Health-Problem geworden: 69.000 Menschen mussten im Jahr 2014 bereits wegen cannabisbedingter Probleme klinisch erstbehandelt werden. Zum Vergleich: 2006 waren es 45.000 Personen. Laut UN-Drogenbericht 2016 leiden weltweit 29 Millionen Menschen wegen ihrer Drogensucht an schweren Krankheiten, das sind zwei Millionen mehr als im Vorjahr (vgl. Deutsches Ärzteblatt, online, 23.6.2016).
Sorge bereitet den Experten, dass in Europa Ecstasy (MDMA) wieder im Vormarsch ist. Zwischen 2005 und 2012 waren die Zahlen rückläufig, seitdem steigt der Verbrauch wieder an, zuletzt sogar deutlich - insbesondere in Bulgarien, Finnland, Frankreich und Großbritannien. „Neun von zwölf Ländern meldeten in neuen Erhebungen höhere Schätzungen des Ecstasy-Konsums unter jungen Erwachsenen als in vergleichbaren früheren Erhebungen“, so der Europäische Drogenbericht. Ecstasy sei mittlerweile keine „Nischendroge“ mehr, es würde heutzutage auch auf gewöhnlichen Partys konsumiert.
Allein im Jahr 2015 kamen 98 neue, teilweise hochgiftige „psychoaktive Substanzen“ auf den Markt, vor allem synthetische Cannabinoide. „Junge Konsumenten fungieren womöglich unwissentlich als menschliche Versuchskaninchen für Substanzen, deren potenzielle Gesundheitsrisiken weitgehend unbekannt sind“, zeigt man sich im EU-Drogenbericht alarmiert.
Der Umsatz mit illegalen Suchtgiften im Jahr 2013 wird allein in Europa auf 24,3 Milliarden Euro geschätzt. Ein Teil des Schwarzmarktes geht laut EU-Bericht auf den illegalen Handel mit Substitutionsmitteln, insbesondere Methadon, Buprenorphin und lang wirksamen Opiaten zurück. In Europa waren im Jahr 2014 bereits 645.000 Patienten in einer Substitutionsbehandlung. 1,2 Millionen Menschen werden jährlich in Europa wegen Drogenkonsums behandelt, und 6.800 Menschen sterben wegen Überdosierung. Die Zahl der Drogentoten ist damit leicht angestiegen.
Experten warnen seit einigen Jahren vor einer Verharmlosung des „Kiffens“ in der Jugend. Sie appellieren an Ärzte, mehr in die Aufklärung zu intervenieren, und warnen vor einer Legalisierung der Droge für nicht-medizinische Zwecke (vgl. Bioethik aktuell, 8.7.2014). Laut Studien verdoppelt der Konsum von Cannabis bei Jugendlichen das Risiko von Psychosen und Schizophrenie. Mit dem regelmäßigen Cannabiskonsum im Jugendalter sind außerdem die Risiken für Schulabbruch sowie kognitive Beeinträchtigung und Psychosen auch im Erwachsenenalter doppelt so hoch. Cannabiskonsum in der Adoleszenz bahnt häufig den Einstieg zum Konsum anderer illegaler Drogen (vgl. Bioethik aktuell, 5.5.2015).