Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche stieg in Deutschland im Jahr 2017 auf 101.200 Abtreibungen, das ist um 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr (98.721). Laut Statistischem Bundesamt (Pressemitteilung, online, 6.3.2018) waren knapp drei Viertel der Frauen (72 Prozent) zwischen 18 und 34 Jahre alt. Rund 39 Prozent der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch keine Lebendgeburt, rund ein Viertel waren bereits Mütter eines Kindes, rund 25 Prozent hatten zwei Kinder.
Laut der Statistik erfolgte die Abtreibung in 3,86 Prozent (3.911 Fälle) aufgrund einer „medizinischen Indikation“, also der physischen oder psychischen Gefährdung der Gesundheit der Mutter. Hierunter fallen inzwischen auch die Abtreibungen aufgrund einer Behinderung des Kindes. Seit 1995 ist in Deutschland die sog. embryopathische Indikation gestrichen. In 0,0002 Prozent erfolgte die Abtreibung aufgrund von Vergewaltigung (20 Fälle).
Insgesamt wurden 654 Spätabtreibungen nach der 22. Schwangerschaftswoche (SSW) durchgeführt, das sind 3,5 Mal soviel wie 2006 (183 Fälle). Ab der 24. SSW gilt ein Kind als überlebensfähig. Insgesamt fanden 2.713 Abtreibungen nach der gesetzlichen Frist (12. SSW) statt. Wie in Österreich kann auch in Deutschland ein Schwangerschaftsabbruch nur bis zur 12. Woche straffrei vorgenommen werden. Ausnahme bildet die medizinische Indikation, die eine Abtreibung bis zur Geburt möglich macht. Ein Ruf nach politischen Hilfsmaßnahmen für Schwangere aufgrund der hohen Rate von Schwangerschaftsabbrüchen wurde nur in Mecklen-Vorpommern laut: Dort wird inzwischen jede 6. Schwangerschaft abgebrochen.
Im Streit um die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungskliniken hält die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer fest, dass Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor rechtswidrig seien, auch wenn sie in bestimmten Fällen straffrei gestellt werden. Es handle sich bei Abtreibungen um „keine normale medizinische Dienstleistung, für die in Anzeigen oder über das Internet geworben werden darf“, so Kramp-Karrenbauer (vgl. Die Welt, online, 8.3.2018).
Mehr als 40 Jahre nach Einführung der Fristenregelung ist Österreich eines der letzten europäischen Länder, in denen keine Datenerhebung über Schwangerschaftsabbrüche stattfindet. Die Bürgerinitiative Fakten helfen setzt sich bereits seit 2015 für eine anonyme Statistik und eine wissenschaftliche Erforschung der Gründe für Abtreibungen ein. Nur wer die Fakten kenne, könne Schwangeren in Not auch helfen und geeignete Maßnahmen setzen, argumentiert die Aktion Leben, die die Bürgerinitiative gestartet hat. Diese wurde am 27.2.2018 mit 54.000 Unterstützungserklärungen erneut dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. Hier soll nun ein Gesetzesvorschlag erarbeitet werden, über den der Nationalrat beraten und abstimmen kann.
In der Schweiz sollen Ärzte Eltern, die einen pränatalen Gentest in Auftrag geben, das Geschlecht des Kindes künftig erst nach Ablauf der 12. Schwangerschaftswoche mitteilen dürfen. Das beschloss der Schweizer Nationalrat im Rahmen der vom Bundesrat vorgeschlagenen Novelle des Gesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) (vgl. NZZ, online, 26.2.2018). Die Revision soll Abtreibungen aufgrund eines unerwünschten Geschlechts („Genderzid“) verhindern (vgl. Bioethik online, 9.10.2017).