Künstliche Befruchtung (IVF) – eine Übersicht
Mag. Susanne Kummer
Stand: September 2017
Unfruchtbarkeit (Sterilität) ist eine schwere Belastung für Paare mit Kinderwunsch. Etwa 6 Prozent der Paare im reproduktiven Alter sind davon betroffen. Gesicherte Daten gibt es keine, nicht zuletzt beruht dieser Wert auf einer Definitionsfrage, z. B. ob nur Paare mit einer dauerhaften Sterilität einberechnet werden oder auch jene mit einer nur vorübergehenden Sterilität oder Subfertilität.
Als im Jahr 1978 das erste Kind nach In-vitro-Fertilisierung (IVF, Befruchtung einer menschlichen Eizelle im Reagenzglas) zur Welt kam, galt dies als medizinischer Meilenstein in der Behandlung von unfruchtbaren Paaren. In Österreich kam 1982 das erste IVF-Kind zur Welt. Schätzungen zufolge leben heute weltweit rund 5 Millionen Menschen, die nach extrakorporaler Befruchtung geboren wurden.
40 Jahre nach der Geburt des ersten IVF-Kindes mehren sich allerdings auch kritische Stimmen. Die Zahl der IVF-Versuche steigt enorm, dahinter steht ein globaler Markt einer regelrechten Reproduktionsindustrie.
Ursprünglich galt der nicht therapierbare Eileiterverschluss als uneingeschränkte Indikation für die IVF und war auf verheiratete Frauen beschränkt, dann kamen auch männliche Fertilitätsstörungen hinzu. Innerhalb kürzester Zeit weitete sich das Spektrum der Indikationen für reproduktionsmedizinische Eingriffe jedoch auch auf Lebensentwürfe ohne jeden pathologischen Hintergrund aus. Je nach nationaler Gesetzeslage haben verheiratete Paare mit Kinderwunsch, Lebensgemeinschaften, Singles, Frauen nach der Menopause, Alleinstehende, Witwen, lesbische Paare (mit Samenspende), homosexuelle Paare (mit Eizellspende und Leihmutter) oder auch Paare, die zwar fruchtbar sind, aber ihr zukünftiges Kind vorher genetisch untersuchen wollen, Anspruch auf eine künstliche Befruchtung.
Statistisch liegen die Ursachen für Unfruchtbarkeit zu jeweils 30 Prozent bei der Frau bzw. dem Mann, in 30 Prozent bei beiden gemeinsam, in 10 Prozent der Fälle bleiben die Gründe für die Unfruchtbarkeit ungeklärt (idiopathische Sterilität). Biologisch eindeutig ist der Zusammenhang zwischen dem Alter der Frau und ihrer abnehmenden Fruchtbarkeit. Waren Frauen in Österreich im Jahr 1985 bei der Geburt ihres ersten Kindes im Schnitt 24 Jahre alt, stieg das Alter der Erstgebärenden im Jahr 2013 auf 29 Jahre. Bis 2030 wird die erste Mutterschaft laut Prognose der Statistik Austria auf ein Durchschnittsalter von 31 Jahren steigen – ein Trend, der in allen Industrienationen zu beobachten ist. Parallel dazu stieg auch der Anteil der Frauen in dieser Altersgruppe, die Reproduktionsmedizin in Anspruch nahmen.
Reproduktionsmediziner kritisieren inzwischen selbst, dass die IVF zu früh und zu häufig angewendet werde. Zahlreiche Paare konnten nach einer IVF auf natürlichem Weg ein Kind zeugen. Auch die Definition der WHO, wonach ein Paar mit Kinderwunsch dann als unfruchtbar gilt, wenn die Frau trotz Kinderwunsch und regelmäßigen, ungeschützten Geschlechtsverkehrs nicht innerhalb von 12 Monaten schwanger geworden ist, wird als zu knapp bemessen in Frage gestellt.
Voraussetzung für eine IVF bei der Frau ist das Vorhandensein der Gebärmutter und mind. eines funktionierenden Eierstocks. Beim Mann ist eine bestimmte minimale Samenqualität (Kriterien: Beweglichkeit, Zahl, Form und Funktion der Samenzellen) erforderlich.
Nach hormoneller Hyperstimulation der Ovarien werden der Frau mittels ultraschallgesteuerter Follikelpunktion die Eizellen entnommen und nach einer Qualitätskontrolle in eine Nährlösung eingebettet. Dieser Lösung wird der mittels Masturbation gewonnene und anschließend aufbereitete Samen beigemengt. Wenn keine ausreichende Menge an Samenzellen vorhanden ist, kann manchmal auch die Gewinnung von Samenzellen direkt aus dem Hoden (Testikuläre Spermien-extraktion, TESE) oder dem Nebenhoden (Mikrochirurgische Epididymale Spermienaspiration, MESA) erforderlich sein. Die Befruchtung findet in-vitro, also außerhalb des Körpers statt. Innerhalb der nächsten 48 Stunden werden die Embryonen auf ihre Qualität untersucht und selektiert, in der Regel werden dann ein bis zwei Embryonen transvaginal in die Gebärmutter übertragen. Die restlichen Embryonen werden entweder tiefgefroren oder vernichtet. Im Fall einer dreifachen Mehrlingsschwangerschaft wird eine sog. „Mehrlingsreduktion durch Fetozid“ oder ein „selektiver Abort“ empfohlen und vorgenommen. Auch in Österreich wird diese Methode durchgeführt.
In der Literatur wird inzwischen empfohlen, nur einen einzigen Embryo in die Gebärmutter zu implantieren, um dadurch eine gefürchtete Mehrlingsschwangerschaft mit allen damit verbundenen Risiken zu vermeiden. Die Schwangerschaftsrate soll bei der dieser Vorgangsweise durchaus mit gängigen IVF-Methoden vergleichbar sein.
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)
Bei der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) handelt es sich um die mittlerweile am häufigsten angewendete Methode der In-vitro-Fertilisation (in Österreich 80 Prozent aller IVF-Versuche, in Deutschland 74 Prozent): Ein einziges Spermium wird aus dem zuvor aufbereiteten Sperma ausgewählt und mittels einer dünnen Nadel direkt in die Eizelle eingespritzt. Ursprünglich wurde die ICSI-Methode nur bei männlicher Unfruchtbarkeit angewendet. Heute kommt sie in der Praxis bei jedweden „unerklärlichen“ Gründen der Unfruchtbarkeit zum Einsatz. Auch ökonomische Interessen – eine ICSI ist gewinnbringender als ein normales IVF-Verfahren – spielen dabei laut Kritikern eine Rolle.
Nach der ICSI-Methode komme es de facto zu weniger Lebendgeburten als nach IVF, wenn sie für Paare verwendet wird, bei denen nicht die männliche Unfruchtbarkeit das Problem ist. Eine 2016 in Fertility&Sterility publizierte Studie zeigt, dass das ICSI-Verfahren im Vergleich zur IVF ein beinahe vierfach erhöhtes Risiko für Komplikationen aufweist. Bei den Frauen kam es häufiger zu Verwachsungen der Plazenta mit der Gebärmutterschleimhaut, was bei der Geburt zu für Mutter und Kind bedrohlichen Blutungen führen kann. Auch Präeklampsie (Bluthochdruck bei der Mutter, verbunden mit der Gefahr für Krampfanfälle) zählte zu den genannten ICSI-Risiken.
Die sog. intrauterine Insemination (IUI), bei der die gereinigten Samenzellen direkt in die Gebärmutter eingeführt werden und es zu einer natürlichen Befruchtung im Körper kommt, wird in der Praxis von IVF-Zentren praktisch nicht mehr durchgeführt. Sie wird in Österreich auch nicht vom IVF-Fonds finanziell unterstützt.
Präimplantationsdiagnostik (PID)
Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist ein diagnostisches Verfahren, bei dem menschliche Embryonen im Reagenzglas vor dem Einsetzen in die Gebärmutter auf genetische Fehler und Risiken untersucht und gegebenenfalls selektiert werden. Ziel der Untersuchung ist es, jene Embryonen auszusondern, die unerwünschte Merkmale (Chromosomenanomalien oder genetisch erkennbare krankheitsrelevante Mutationen) besitzen. Sie kann auch der Selektion von Embryonen mit erwünschten Merkmalen (Geschlecht, Organ- und Gewebespender) dienen. Die PID erfordert die Bereitstellung mehrerer Embryonen, um so genügend „Ausgangsmaterial“ zu haben. Das Verfahren ist an eine IVF gebunden.
In Expertenkreisen wird die PID zunehmend kritisch diskutiert. Laut Rachel Brown und Joyce Harper ist die mit 62 Prozent häufigste Indikation für PID die Aneuploidie, also ein numerischer „Fehler“ der Chromosomenzahl. Im Rahmen der Chromosomdiagnostik wird dafür die Methode der „Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung“ (FISH) angewendet, diese stellt aber nur ein grobes Messinstrument dar, Fehldiagnosen sind nicht ausgeschlossen. Bislang gäbe es nur 11 randomisierte Studien, die untersuchten, ob IVF-Schwangerschaftsraten nach der PID stiegen. Ein Zusammenhang konnte bis heute nicht belegt werden, dennoch werde das Präimplantationsdiagnostik-Screening von Embryonen quasi als Standardinstrument bei IVF angeboten, kritisieren die Autorinnen.
Schätzungen zufolge wurden 2015 in den USA bereits 20 Prozent aller IVF-Zyklen einer PID unterzogen – ohne vorherige Validierung und ohne das Risiko ausräumen zu können, dass der Embryo durch die Technik der PID geschädigt werden kann.
Social Egg Freezing
„Social egg freezing“ gehört zur umstrittenen „Wunsch-medizin“: Frauen wird angeboten, unbefruchtete Eizellen in jüngeren Jahren auf Vorrat einzufrieren, um später auf Abruf per künstlicher Befruchtung schwanger zu werden.
Sie dient als Methode des Umgehens der reproduktiven Alterung. „Social Egg freezing“ suggeriert, dass Frauen jederzeit, wenn es in ihr Lebenskonzept passt, ihren Kinderwunsch erfüllen können. Die wissenschaftlichen Fakten zeigen aber ein anderes Bild. Nicht nur die Qualität der Eizellen sinkt mit steigendem Alter, auch ist der Organismus der Frauen für Komplikationen leichter anfällig.
Laut Daten der American Society for Reproductive Medicine (ASRM) spielt das Alter der Frau für die spätere Embryo-Implantationsrate eine große Rolle. Rund 90 Prozent der Frauen werden erst gar nicht schwanger. Frauen, die mit 30 Jahren ihre Eizellen schockfrieren ließen, haben je nach Tiefkühlverfahren eine 8,9- bis 13,2-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft. Die Rate sinkt weiter auf 4,3 bzw. 8,6 Prozent ab, wenn die Eizellen einer 40-Jährigen eingelagert werden.
Ovarielles Hyperstimulationssyndrom
Für die Gewinnung einer höheren Zahl von reifen Eizellen muss die Frau sich zunächst einer hormonellen Stimulationsbehandlung unterziehen. Anschließend werden die Eizellen unter Narkose aus den Follikeln (Eibläschen) des Eierstocks abgesaugt. Sowohl Hormonbehandlung als auch Eizellentnahme sind mit Risiken für die Frau verbunden. Eine mögliche Nebenwirkung der Hormonbehandlung ist das ovarielle Hyperstimulationssyndrom (OHSS).
In Österreich wurden pro Frau durchschnittlich 9,7 Eizellen nach der hormonellen Stimulation gewonnen (IVF-Register 2015). Bei den im Jahr 2015 abgeschlossenen 9.101 IVF-Behandlungen musste in 1.202 Fällen die Behandlung vor bzw. nach der Follikelpunktion abgebrochen werden. Hauptgrund war in 42,3 Prozent der Fälle eine gesundheitsgefährdende Überstimulation. Die schwere Form des ovariellen Überstimulationssyndroms ist charakterisiert durch Wasseransammlungen im Bauchbereich, Atembeschwerden, erhöhte Blutgerinnungsneigung, schwere Dehydratation, Steigerung der Viskosität des Blutes und Durchblutungsstörung der Nieren. Zu den Komplikationen bei der Eizellentnahme gehören weiters Verletzungen, Blutungen und Infektionen.
Mehrlingsschwangerschaften
Mehrlingsschwangerschaften sind immer Risikoschwangerschaften und treten im Zuge einer IVF besonders häufig auf. Die Zahl der Zwillingsgeburten hat sich in reichen Ländern seit den 1980er Jahren fast verdoppelt. Wissenschaftler führen den deutlichen Anstieg u.a. auf den zunehmenden Einsatz von künstlicher Befruchtung zurück.
Zu den Risiken einer Zwillingsschwangerschaft für Frauen gehören Bluthochdruck (ca. 2,5-fache Erhöhung gegenüber einer Einlingsschwangerschaft), Präeklampsie (ca. 2,5-fach), postpartale Nachblutung (ca. 2-fach), Kaiserschnitt (ca. 3-fach), intensivmedizinische Betreuung (ca. 15-fach) und nachgeburtliche Depression (ca. 3-fach).
Fetozid
Bei Mehrlingsschwangerschaften stellt die gezielte Tötung von mindestens einem ungeborenen Kind mit dem Ziel, die Überlebens- und Entwicklungschancen der anderen Föten zu erhöhen, für Frauen eine hohe psychische Belastung dar. Sie setzen alle ihre Kräfte (körperlich, emotional, auch finanziell) für das Leben ein und stehen nun vor der Entscheidung, ein Wunschkind töten zu lassen. Ethisch kann nicht unwidersprochen bleiben, dass die Reproduktionsmedizin den Fetozid als selbstverständlichen Teil ihres Angebots darstellt
Mehrlingsschwangerschaften und Frühgeburt
Der Deutsche Ethikrat legte Zahlen hinsichtlich der Fehlbildungen und gesundheitlichen Konsequenzen bei Kindern vor, die nach künstlicher Befruchtung geboren wurden: Insbesondere jene Risiken, die mit den besonders häufig auftretenden Mehrlingsschwangerschaften bzw. -geburten nach IVF verbunden sind, spielen für die Kinder eine negative Rolle. Das Risiko für diese Kinder gegenüber dem von Einlingen erhöht sich. Zu den Risiken gehören Frühgeburtlichkeit (vor Vollendung der 37. Woche, ca. 10-fach), niedriges Geburtsgewicht (unter 2.500 g, ca. 7- bis 10-fach), Zerebralparese (3- bis 10-fach), Atemnotsyndrom des Neugeborenen (5- bis 7-fach), Sepsis (3-fach) sowie eine bleibende, schwere Behinderung (1,5- bis 2-fach). Bei Neugeborenen mit einem zu geringen Geburtsgewicht nimmt das Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen oder auch Diabetes mellitus Typ 2 erheblich zu.
Die Risikosteigerung betrifft nicht nur Zwillinge oder Mehrlinge. Auch durch IVF gezeugte Einlinge haben – verglichen mit natürlich gezeugten Einlingen – je nach Untersuchung ebenfalls ein 1,3- bis 4,3-faches Risiko, zu früh geboren zu werden und die mit einem zu geringen Geburtsgewicht assoziierten neurologischen und körperlichen Beeinträchtigungen zu erleiden, so der Deutsche Ethikrat.
Risiken der Nährlösung und Epigenetik
In den ersten Tagen nach der künstlichen Befruchtung werden die Embryonen in einer Nährlösung im Brutschrank kultiviert. Diese kann sich schädlich auf die Gesundheit des Kindes auswirken. Die Nährflüssigkeit hat Einfluss auf die Gen-expression der Embryonen. Kulturmedien für menschliche Gameten und Embryonen sind bis heute keinerlei Standards unterworfen. Sie enthalten eine Reihe von Komponenten, die die epigenetische Reprogrammierung und andere Entwicklungen beeinflussen, die zu schädlichen Auswirkungen auf den Embryo und das Neugeborene führen können (fetales Wachstum, Geburtsgewicht, Wachstum in der Kindheit). Auf diesen Missstand weisen bereits zahlreiche Publikationen hin.
Die rechtlichen Voraussetzungen werden in Österreich nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt, das zuletzt im Jahr 2015 novelliert wurde. Medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist demnach unter Paaren (hetero- sowie homosexuell nur bei Lesben) möglich – alleinstehende Personen sind weiterhin ausgeschlossen (§ 2 Abs 1), wodurch auch die Leihmutterschaft verhindert werden soll. Heftige Proteste rief die Novellierung hinsichtlich der Eizellspende (§§ 2b und 3) hervor. Sie ist erlaubt, wenn die Kinderwunschkandidatin unfruchtbar und unter 45 sowie die Spenderin zwischen 18 und 30 Jahre alt ist.
Samen, Eizellen oder Hoden- und Eierstockgewebe dürfen für eine künftige IVF nur aus medizinischer Indikation kryokonserviert werden (§ 2b). Social Egg Freezing ist demnach nicht erlaubt.
Medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist bei einer der vier Voraussetzungen möglich (§ 2 Abs 2): 1. Unfruchtbarkeit; 2. Übertragung einer schweren Infektionskrankheit (Dies heißt in der Praxis, dass eine IVF auch bei HIV bzw. Hep-B-Virus Infizierten angewendet werden darf.); 3. Lesbische Partnerschaft; 4. Präimplantationsdiagnostik.
Die Präimplantationsdiagnositk (PID) (§ 2a) ist nun ebenfalls erlaubt (vgl. IMABE-Info 3/2017). Die Aufklärung (§ 7) wurde insofern ausgebaut, als eine 14-tägige Bedenkzeit zwischen Aufklärung und Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung eingeführt und der Arzt verpflichtet wurde, eine psychologische Beratung vorzuschlagen sowie auf die Möglichkeit hinzuweisen, andere unabhängige Beratungseinrichtungen zu konsultieren.
Beibehalten wurde, dass kein Arzt (das gilt auch für Krankenpflegefachberufe) verpflichtet ist, eine IVF durchzuführen oder an ihr mitzuwirken.
Befruchtete Eizellen dürfen nicht für andere Zwecke als für die Fortpflanzung verwendet werden. Sie dürfen also nicht etwa für Forschungszwecke benützt werden [§ 9 (1)]. Auch Eingriffe in die Keimbahn sind verboten [§ 9 (2)]. Bei der Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers der Frau dürfen nur so viele Eizellen befruchtet werden, wie innerhalb eines Zyklus für eine aussichtsreiche und zumutbare IVF notwendig sind (das richtet sich nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erfahrung) [§ 10]. Befruchtete Eizellen dürfen maximal zehn Jahre aufbewahrt werden. Eizell- und Samenspende darf kein finanzielles Geschäft werden, eine sog. „Aufwandsentschädigung“ darf jedoch geleistet werden, ohne konkrete Summe zu nennen. Jede Werbung für die Überlassung oder Vermittlung von Samen, Eizellen oder entwicklungsfähigen Zellen ist unzulässig [§ 16].
Dem mit dem Samen oder den Eizellen einer dritten Person gezeugten Kind ist auf dessen Verlangen nach Vollendung des 14. Lebensjahres Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren und daraus Auskunft zu erteilen, wer seine genetischen Eltern sind [§ 18].
Die Gesundheit Österreich GmbH hat jeweils bis 30. September eine Auswertung der zur Dokumentation der IVF vorgeschriebenen Daten vorzunehmen, darunter Anzahl der Versuche, Schwangerschaftsrate, Baby-Take-Home-Rate, Anzahl der Paare, die PID in Anspruch genommen haben, sowie Erbkrankheiten, die im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik festgestellt wurden.
Die Kosten eines IVF-Versuches in privaten Instituten liegen bei bis zu € 5.000, in einer öffentlichen Krankenanstalt pro Versuch bei € 2.500, bei Anwendung der ICSI-Methode bei € 3.000. Da in der Regel zwei oder mehr Versuche gemacht werden sowie medizinische Nebenkosten anfallen, wird von Gesamtkosten von 12.700 Euro pro Paar ausgegangen.
In Relation zu den IVF-Versuchen insgesamt ist die Erfolgsrate der künstlichen Befruchtung weiterhin niedrig. Die sog. Baby-Take-Home-Rate beträgt zwischen 18 und 22 Prozent. Das Deutsche IVF-Register 2015 spricht von einer Geburtenrate von 20,5 Prozent. Das bedeutet: 80 Prozent aller Frauen, die sich einer IVF-Behandlung unterziehen, gehen ohne Kind nach Hause. Private IVF-Zentren tendieren dazu, sich als besonders erfolgreich darzustellen, und preisen sich mit hohen Schwangerschaftsraten von bis 40 Prozent an. Das entspricht aber nicht den tatsächlichen Geburten. Die geringe Erfolgsrate ist einerseits dadurch bedingt, dass es in etlichen Fällen auch nach der Etablierung einer klinischen Schwangerschaft nach IVF zu einer Fehlgeburt kommt. Zum anderen liegen die hohen Schwankungsbreiten bei der Angabe der Erfolgsraten auch darin, dass es bis heute keine international standardisierte statistische Methode gibt, nach der die Baby-Take-Home-Rate berechnet wird.
Die Kosten der assistierten Reproduktion werden zu 70 Prozent vom IVF-Fonds (zuletzt 2015 novelliert) unter gewissen Voraussetzungen getragen. Das Paar muss in aufrechter Ehe, eingetragener Partnerschaft oder in eheähnlicher Lebensgemeinschaft leben. Seit 1. Jänner 2015 sind auch gleichgeschlechtliche Paare (Lesben) anspruchsberechtigt, wenn bei der Empfängerin eine medizinische Indikation für den IVF-Fonds vorliegt und deswegen eine IVF-Behandlung nötig ist.
Eine Frau darf nicht älter als 40 Jahre sein (Stichtag: 40. Geburtstag), ein Mann/die Partnerin einer Frau, die beabsichtigt ein Kind auszutragen, darf nicht älter als 50 Jahre sein (Stichtag: 50. Geburtstag). Das Paar muss in aufrechter Ehe, eingetragener Partnerschaft oder in eheähnlicher Lebensgemeinschaft leben. Beide Partner müssen in Österreich aufrecht krankenversichert sein. Sie müssen Österreicher oder EU-Bürger sein bzw. als Ausländer eine gültige Aufenthaltsbewilligung vorweisen.
Grundlage für diese Altersgrenze sind Studien, die eine deutlich niedrigere Erfolgsrate sowie eine steigende Abortrate ab dem 40. Lebensjahr nachgewiesen haben.
Es werden vom IVF-Fonds vier Versuche zur Erreichung einer Schwangerschaft pro Paar mitfinanziert. Kommt es zu einer Geburt oder zu einer Schwangerschaft (die z. B. wegen einer Fehlgeburt abbricht), lebt ab diesem Versuch der volle Anspruch auf Kostenübernahme für vier Versuche wieder auf. Die erfolgt nur, wenn die IVF an einer Krankenanstalt durchgeführt wird, die einen Vertrag mit dem IVF-Fonds abgeschlossen hat.
Der IVF-Fonds finanzierte diese Versuche zwischen 2001 bis 2016 mit 183 Millionen Euro (50 Prozent stammen aus dem Familienlastenausgleichsfonds, 50 Prozent aus den Krankenversicherungsträgern. Laut dem IVF-Bericht 2016 wurden in Österreich in diesem Zeitraum 104.172 Behandlungsversuche durchgeführt. Es kam zu rund 21.000 Lebendgeburten.
Referenzen
Diese Imabe-Info entstand aus der Publikation von Kummer S., Leben aus dem Labor. 40 Jahre Reproduktionsmedizin - eine Übersicht, in: Imago Hominis (2017); 24(1): 015-034, gekürzt und überar-beitet.
Wir möchten ein Baby. Information über Kostenübernahme für medizinisch unterstützte Fortpflanzung durch den IVF-Fonds, Hrsg. Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Sektion III, Stand Sept. 2017