Psychiater sind im Vergleich zu Kollegen in anderen medizinischen Sparten am wenigsten religiös. Das ist das Ergebnis einer im Fachjournal Psychiatric Services veröffentlichten Studie (2007, 58: 1193-1198), in der rund 2000 US-Ärzte nach ihrem Verhältnis zur Religion befragt wurden. Die historische Verbindung der Psychiatrie zur Psychoanalyse und die anti-religiösen Ansichten der frühen Analytiker wie Sigmund Freud scheinen bis heute nachzuwirken, vermutet Studienautor Farr Curlin von der Universität Chicago. Unter den Psychiatern gaben 17 Prozent keine Konfession an, während es in der Gesamtgruppe aller Ärzte 10 Prozent waren. Protestanten (27 vs. 39 Prozent) und Katholiken (10 vs. 22 Prozent) scheint es am wenigsten zur Psychiatrie zu ziehen. Etwa ein Drittel der Psychiater (33 vs. 19 Prozent bei den anderen Fachgruppen) bezeichnete sich als „spirituell“, aber nicht besonders religiös. Curlin erforschte auch das Überweisungsverhalten der Ärzte. In einer Vignette wurden die Nicht-Psychiater unter den Medizinern gefragt, was sie denn einem Patienten raten würden, der zwei Monate nach dem Tod seiner Frau an tiefen Trauergefühlen leide. Mehr als die Hälfte der US-Ärzte (56 Prozent) würde einen solchen Patienten zum Psychiater überweisen. Unter den religiös praktizierenden Ärzten gab es hingegen wesentlich mehr Mediziner, die stattdessen auch Seelsorger oder geistliche Begleiter mit einbeziehen würden.
In Graz widmet sich erstmals ein interdisziplinärer wissenschaftlicher Kongress von 11. bis 13. Oktober 2007 dem Thema „Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie“. Es gibt bereits 900 Anmeldungen. Veranstalter sind die Grazer Universitätskliniken für Psychiatrie sowie für medizinische Psychologie und Psychotherapie, IMABE ist Kooperationspartner. Infos unter www.rpp2007.org.