Immer mehr Menschen scheinen davon überzeugt, dass die Zukunft ihrer Gesundheit aus den Genen abgelesen werden kann. Das Geschäft mit Gentests, die von privaten Firmen übers Internet angeboten werden, nimmt dementsprechend zu. Sie stellen sich als seriös dar, doch gegen kommerzialisierte Gentests gibt es ernsthafte Einwände, heißt es in einer Analyse in Lancet (2010; 376: 1377-1378).
Erst im Juli 2010 hatte das US General Accounting Office (GAO) einen besorgniserregenden Bericht vorgelegt. Das GAO hatte genetisches Material von angeblichen Kunden an verschiedene private Anbieter von Gentests geschickt, wobei der Einsender direkt die Ergebnisse zugesandt bekam. Nach einer kritischen Analyse dieser Tests war das Urteil vernichtend: Die Resultate waren „irreführend und hatten nur geringe oder keine praktische Bedeutung“.
Vor kurzem hat auch das Nuffield Council on Bioethics (London) die Frage aufgeworfen, ob es zulässig sei, „einen Aspekt der Gesundheit als Konsumgut und damit als Ware“ zu betrachten. Der Council gab außerdem zu bedenken, dass diese Tests „nicht nur der Befriedigung eines Kundenwunsches entsprechen, sondern auch dazu genutzt werden, diese Wünsche zu manipulieren und darauf einen dauerhaften Markt zu gründen“. Auch andere Regierungen zeigen sich besorgt: In Deutschland etwa wurde heuer ein Gesetz verabschiedet, wonach genetische Vorsorgeuntersuchungen „ausschließlich von in Humangenetik oder verwandten Disziplinen spezialisierten Ärzten durchgeführt und befundet werden dürfen“.
Lancet-Autorin Laurie Udesky fasst die Einwände der Experten wie folgt zusammen: Tests für triviale Belange (wie die Prognose der Glatzenbildung bei Männern) würden automatisch mit Tests für heikle Krankheitsprognosen (z. B. Alzheimer) verquickt. Der Konsument könne die Konsequenzen aus den Testergebnissen nicht abschätzen, er wird beunruhigt, verängstigt, auch Fälle von Suizid wurden bekannt. Es fehle die dringende weiterführende genetische Beratung. Einige Firmen würden sich dazu hergeben, genetisches Material ohne Information und Einwilligung des Betroffenen auf bestimmte Merkmale zu testen, was offenkundig unethisch und auch gesetzeswidrig ist.