Das US-amerikanische Biotech-Unternehmen Geron rudert zurück: Nachdem Geron jahrelang um eine Zulassung für den Einsatz von embryonalen Stammzellen (ES) für Versuche am Menschen gekämpft hatte, kündigte der Konzern am 14. November 2011 überraschend an, die Studie und das gesamte Forschungsprogramm wegen zu hoher Kosten zu beenden: Geron wird ein Drittel seiner Mitarbeiter entlassen, einen Partner suchen, der Programm und Finanzierung übernimmt - und sich in Zukunft auf hoffnungsträchtigere Felder als ES-Therapien konzentrieren. Nicht hehre Ethik, sondern pure Monetik war der Grund: Der Aktienkurs von Geron war im vergangenen Jahr von 6,34 US-Dollar auf 1,60 US-Dollar abgesackt.
Zur Vorgeschichte: Unter großem medialem Rummel hatte der Konzern im Oktober 2010 verkündet, mit den weltweit ersten klinischen Studien mit embryonalen Stammzellen begonnen zu haben: Vier querschnittsgelähmten Patienten wurden an die verletzte Stelle des Rückenmarks jeweils zwei Millionen Stammzellen implantiert. Ein Jahr danach, im Oktober 2011 meldete die Firma, die Studie habe keinerlei bedenkliche Nebenwirkungen bei den Patienten hervorgerufen (eine Sorge, die immerhin noch 2009 dazu geführt hatte, dass die US-Arzneimittelbehörde FDA die Erlaubnis für eine klinische Studie zurückgezogen hatte). Allerdings waren auch keinerlei Anzeichen einer Wirksamkeit der Therapie zu sehen.
Für IMABE-Geschäftsführer Enrique Prat liegen angesichts des Rückziehers von Geron die Konsequenzen klar auf der Hand: „Wir sehen uns in unserer schon seit Jahren vertretenen Position bestätigt, die ethisch unbedenkliche und medizinisch viel erfolgversprechendere Forschung an adulten Stammzellen zu fördern“, so Prat gegenüber Kathpress (online, 30.11.2011).
Politisch gesehen wäre es nun ein Gebot der Stunde, die Finanzierung der Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen komplett aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm herauszunehmen, betont der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Peter Liese. Gelegenheit zu einer Revision hat die EU-Kommission bei der anstehenden Neuregelung der EU-Forschungsförderung von 2014 bis 2020 („Horizont 2020“). Neben ethischen und juristischen Argumenten führten Europaabgeordnete mehrerer Fraktionen dabei an, dass es auch wirtschaftlich keinen Sinn habe, Projekte zu fördern, deren Ergebnisse dann in der EU nicht patentiert werden könnten, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 30.11.2011).
Die zuständige EU-Kommissarin Maire Geoghegan-Quinn kann diesen Argumenten offenbar nichts abgewinnen: Sie schwenkte zwar um, sodass es auch in Zukunft keine Förderung für Projekte geben wird, bei denen direkt Embryonen zerstört werden, sehr wohl aber bleibt sie dabei, dass EU-Gelder in die umstrittene Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen (hESZ) fließen sollen - und damit auch von Ländern wie Österreich mitfinanziert werden, wo dies nach nationalen Regelungen verboten ist.