Das Schicksal von Patienten mit dem seltenen Locked-In-Syndrom erscheint extrem schwer zu ertragen: Sie sind vollständig gelähmt, verfügen aber gleichzeitig über einen wachen, voll funktionsfähigen Geist. Eine Erhebung der belgischen Coma Science Group bestätigt nun, was Fachleute seit langem betonen: Viele der im eigenen Körper Eingeschlossenen sind durchaus glücklich, trotz ihrer schwierigen Lebensumstände.
Die französische Patientenorganisation Association du locked-in-syndrome (ALIS) hatte 168 Mitglieder eingeladen anhand von Fragebögen ihr Lebensglück und ihre Lebensqualität zu beurteilen. Die im British Medical Journal Open (doi:10.1136/bmjopen-2010-000039) veröffentlichten Ergebnisse sind überraschend: 72 Prozent der Betroffenen, die sich oft nur noch über Bewegungen der Augen der Außenwelt mitteilen können, bezeichneten sich selbst als glücklich, die anderen 28 Prozent konnten sich mit ihrer Situation nicht abfinden. Nur sieben Prozent der befragten Patienten sagten, dass sie lieber tot wären, wie Mediziner um den Neurologen Steven Laureys der Universitätsklinik Lüttich berichten. Von den Patienten, deren Antworten ausgewertet wurden, lebten zwei Drittel mit einem Partner zusammen, und 70 Prozent von ihnen waren gläubig.
Die Auswertung des Fragebogens habe gezeigt, dass „bestmögliche Pflege“ sich auf lange Sicht wohltuend auf das Befinden und die Lebensdauer der Patienten auswirke, stellten die Mediziner fest. Das Ergebnis der Studie sei auch in der Diskussion um Sterbehilfe für Locked-in-Patienten zu berücksichtigen, so die Autoren.