Die Zahlen erschrecken: 33 Prozent der chronischen Schmerzpatienten in Österreich schlittern bis in die Berufsunfähigkeit, 21 Prozent werden in die Frühpension entlassen. Insgesamt werden die in Österreich jährlich durch chronische Schmerzen verursachten gesamtwirtschaftlichen Kosten auf 1,4 bis 1,8 Milliarden Euro geschätzt. Was tun?
Die Sprache des Schmerzes verstehen heißt, den leidenden Menschen als Mensch zu verstehen, in seiner Not, in seinen Lebensbezügen, in seinen Ängsten und auch in seinen Möglichkeiten. Viele Schmerzpatienten haben eine jahrelange Odyssee hinter sich, in der Hoffnung, dass der nächste Arzt eine Art Wundermittel findet, um ihre Schmerzen wegzunehmen - doch dieses Wunder tritt nicht ein. Viele Patienten fühlen sich nicht mehr ernst genommen, zumal gerade beim chronischen Schmerz keine klare körperliche Ursache dingfest gemacht werden kann.
Die optimale Behandlung von Schmerz erfordert deshalb ein multiprofessionelles und multimodales Vorgehen. In einer rein handlungsorientieren und leistungsorientierten Medizin haben Schmerzpatienten keinen Raum, sie fordern eine zuwendungsorientierte Medizin ein. Das birgt eine Chance: für den Patienten, für seine Umgebung und die Zukunft des Gesundheitswesens. „Die Sprache des Schmerzes verstehen“ lautet das Thema des diesjährigen interdisziplinären IMABE-Symposiums, das am 5. Dezember 2014, 9.00 bis 13.00 Uhr, in Wien stattfinden wird - in Kooperation mit der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, der Österreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger. Dazu wird die Ausgabe zum selben Thema (Band 1) bei der Tagung aufliegen, mit folgenden Themen:
Patienten mit lange bestehenden, bereits chronifizierten Schmerzen, die häufig auch an psychischen Belastungen und sozialen Problemen leiden, erhoffen sich von invasiven schmerztherapeutischen Interventionen schnelle Erfolge. Vor einer guten Therapie ist jedoch eine exakte Schmerzabklärung nötig, betont Astrid Chiari (Anästhesie, Krankenhaus Barmherzige Brüder, Wien) in ihrem Beitrag. Sie behandelt Möglichkeiten und Grenzen der Schmerztherapie anhand von vier Fällen aus der Praxis.
Jeder Schmerz hinterlässt eine Erlebnisspur, die spätere Schmerzerfahrungen beeinflusst. Diese wird, so Michael Bach (APR - Ambulante Psychosoziale Rehabilitation, Salzburg), von der Psyche mitbestimmt. Wo ein biopsychosozialer Therapieansatz verfolgt wird, lernen Patienten mit der emotional geprägten Erfahrung von Schmerz besser umzugehen. Eine multimodale Schmerztherapie umfasst deshalb auch sinnvoller Weise psychotherapeutische Interventionen.
Wie können Schmerzen bei an Demenz erkrankten Menschen erkannt und gelindert werden? Für die Palliativmedizinerin Martina Schmidl (Pflegewohnhaus Liesing, Wien) liegt der Schlüssel im Aufbau einer tragfähigen Beziehung zwischen Behandlern und Patienten. Technik und Routine alleine genügen nicht, man muss und kann das Vertrauen dieser Patienten gewinnen, die auf einer Gefühlsebene in der Regel hochsensibel ansprechbar bleiben.
Johannes Bonelli (Internist, IMABE) und Susanne Kummer (Ethikerin, IMABE) gehen der heiklen Frage nach, ob Krankheit auch eine heilsame Dimension für den Betroffenen haben kann. Wo ein Sinn gefunden wird, lassen sich auch schwere Umstände im Leben besser tragen. Die Qualität des Umgangs mit dem Leidenden ist auch ein Barometer für Werthaltungen und gelebte Menschlichkeit in der Gesellschaft.
Die Imago-Hominis-Ausgabe 4/2014 „Die Sprache des Schmerzes verstehen“ (Band 1) findet sich auf http://www.imabe.org/index.php?id=1522 und kann als Einzelheft um 10,- aus dem Inland (aus dem Ausland fällt das reguläre Porto an) bezogen werden. Der Band 2 enthält weitere Vorträge des Symposiums und Beiträge anderer Autoren, Erscheinungstermin ist Frühjahr 2015.
Das interdisziplinäre Symposium findet in der AUVA, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65 statt, Tagungsgebühr: 30 Euro. Das Programm sowie die Anmeldemodalitäten finden Sie unter IMABE-Veranstaltungen. Anmeldeschluss ist der 21. November 2014.