Starke Schmerzmittel, die über einen längeren Zeitraum gegen chronische Schmerzen eingenommen werden, haben den gleichen Effekt wie eine Behandlung ohne Medikamente. Das zeigte eine umfangreiche Meta-Analyse, die nun im British Journal of Pharmacology (doi: 10.1111/bph.12634) veröffentlicht wurde. In Österreich sind laut Erhebungen der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) Personen von 41 bis 70 Jahren am meisten von chronischen Schmerzen betroffen, am häufigsten am Stütz- und Bewegungsapparat, gefolgt von Kopf- und Nervenschmerzen, sowie Schmerzen als Folge von Krebserkrankungen. Ein Drittel aller Berufsunfähigkeitspensionen werden von Patienten mit chronischen Schmerzen beantragt. Die Möglichkeiten zur Behandlung dieser Schmerzen reichen von psychologischen und physiotherapeutischen Verfahren über leichte Schmerzmittel bis hin zu starken opioidhaltigen Medikamenten.
Das Forscherteam um Christian Stein (Charité-Universitätsmedizin Berlin) versuchte im Zuge einer Meta-Analyse, einen Überblick zu den Langzeitwirkungen der unterschiedlichen Behandlungsarten von chronischen Schmerzen zu bekommen. Gemeinsam mit Kollegen von der Technischen Universität Darmstadt bewerteten sie dafür die Ergebnisse aus insgesamt 3.647 Publikationen in internationalen Fachzeitschriften, von denen 46 Studien die Kriterien (randomisierte klinische Studie, Behandlungsdauer von mindestens drei Wochen) für die Meta-Analyse erfüllten. Dies entsprach den Daten von 10.742 Patienten.
Das ernüchternde Ergebnis: Langfristig gesehen sind die schmerzlindernden Wirkungen von medikamentösen Therapieverfahren bei nicht krebsbedingten Schmerzen im Vergleich zu Psycho- und Physiotherapie nicht effizienter (vgl. Pressemitteilung der Berliner Charité, online, 4. 4. 2014). „Man erzielt also über einen langen Zeitraum hinweg mit starken Schmerzmitteln die gleiche Wirkung wie mit nicht-medikamentösen physiotherapeutischen und psychologischen Verfahren“, so Stein.
Schmerzmedikamente, die über einen langen Zeitraum hinweg eingenommen werden, können schwere Nebenwirkungen, beispielsweise an den Nieren und im Magen-Darm-Trakt hervorrufen. Die Ergebnisse der Meta-Analyse legen nahe, bei der Behandlung chronischer Schmerzen vor allem auf die Vermeidung von schädlichen Arzneimittelwirkungen zu achten (Prinzip des Nihil Nocere). Die Wissenschaftler mahnen, dass bei der Behandlung chronischer Schmerzen, die nicht durch einen Tumor hervorgerufen werden, ein multidisziplinärer Ansatz, der nicht nur pharmakologisch-medizinische, sondern auch psycho-soziale und physiotherapeutische Aspekte berücksichtigt, im Vordergrund stehen sollte.