Religiöse Menschen sind weniger oft von Depression, Suchtkrankheiten oder Suizid betroffen als Atheisten. Dies ist das Ergebnis einer österreichisch-amerikanischen Übersichtsstudie, die jüngst im Journal of Religion and Health veröffentlicht wurde.
Das Team um Raphael Bonelli, Psychiater und Neurologe an der Sigmund-Freud-Universität in Wien, und seinem Kollegen Harold G. Koenig, Vorstand des Center for the Study of Religion/Spirituality and Health an der Duke University, untersuchte alle Forschungsarbeiten zu Religiosität und psychischer Gesundheit, die seit 1990 weltweit in den meistzitierten psychiatrischen und neurologischen Fachzeitschriften erschienen sind.
72 Prozent der relevanten Studien zeigten, dass die psychische Gesundheit mit dem Ausmaß, in dem sich ein Mensch religiös-spirituell engagierte, stieg, bei 18 Prozent war der Zusammenhang nicht eindeutig, nur bei fünf Prozent fiel er negativ aus. Für Bonelli bestätigen diese detaillierten und umfangreichen Daten den stabilisierenden Faktor von Religiosität. „Natürlich werden aber immer wieder auch religiöse Menschen psychisch krank oder nehmen sich das Leben“, räumt der Psychiater gegenüber Kathpress (online 1. 4. 2013) ein, eine 100-prozentige Garantie gebe es nie. Für Bonelli, der das Institut für Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie (RPP) leitet, sind die Studienergebnisse klarer Auftrag an Psychiater und Therapeuten, die vorhandene Religiosität von Patienten als nutzbare Ressource anzusehen, nach der man durchaus „ebenso wie nach der Familie“ fragen solle.
Dass Religion und Spiritualität für eine optimale medizinische Betreuung von Patienten eine wichtige Rolle spielen, zeigte auch eine kürzlich in der Psychiatrischen Praxis veröffentlichte Studie (2013; 40(01): 43-48 DOI: 10.1055/s-0032-1327242). Wissenschaftler von der Abteilung für Psychiatrie der Universität Münster fanden heraus, dass Religion und Spiritualität bei drei von vier Patienten eine mehr oder weniger große Rolle spielten. Es gab zudem deutliche Hinweise dafür, dass Religiosität einen positiven Effekt für die Krankheitsbewältigung hatte.