Der Trend ist klar: Um die Kosten zu reduzieren, lassen Pharmafirmen immer öfters ihre Arzneimittel in Entwicklungsländern prüfen. Diese Praxis hat schwere Bedenken bezüglich der Ausbeutung einzelner Bevölkerungsgruppen in diesen Ländern hervorgerufen, aber auch bezüglich der Qualität der Forschungsergebnisse, die unter derartigen Bedingungen gewonnen wurden. Nach aktuellen Schätzungen der Europäischen Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMEA) stammten zwischen 2005 und 2008 ein Viertel aller Patienten, die an Studien für die Zulassung neuer Medikamente am europäischen Markt teilgenommen hatten, aus Lateinamerika, Asien, Afrika und Russland. Wissenschaftler zeigen sich besorgt, dass Medikamente bei Menschen in einem signifikant verschiedenen Milieu und mit einer drastisch verschiedenen Entwicklungsgeschichte eine andere Wirkung haben könnten als bei Menschen in der Ersten Welt. Außerdem stellen sich ethische Probleme, etwa die Frage nach dem Nutzen für die Entwicklungsländer selbst. Globalisiert wurde nicht etwa die Forschung an Mitteln gegen für diese Länder typische Krankheiten wie Tuberkulose - stattdessen testeten Inder oder Chinesen mitunter Mittel gegen eine allergische Rhinitis oder eine überaktive Blase. Eine Studie ergab überdies, dass 90 Prozent aller 2004 in China veröffentlichten Studien ohne Ethik-Richtlinien durchgeführt wurden.
Die Einhaltung der wissenschaftlichen Standards werde zu selten überprüft. Forschung in der Dritten Welt sei billiger, größere Populationen können relativ leicht zur Teilnahme an Studien bewogen werden, weil sie damit an Medikamente kommen zu können glauben, die sonst außerhalb ihrer Reichweite blieben. Dies führt dazu, dass die Betroffenen die Risken einer Teilnahme an Medikamentenprüfungen ignorierten.
Laut einer aktuellen, vom Europaparlament in Auftrag gegebenen und von der Wemos Foundation und dem Centre for Research on Multinational Corporations durchgeführten Studie habe die EU-Zulassungsbehörde im Jahr 2008 bloß 45 Inspektionen durchgeführt - außerdem gab es nur 16 Überprüfungen der „Good Clinical Practice“ außerhalb Europas und den USA, berichtet die Financial Times (online, 05. 06. 2009). Europäische NGOs wie Wemos fordern deshalb eine größere ethische Transparenz bei den Versuchen, schärfere Kontrollen durch die EMEA und eine engere Zusammenarbeit mit lokalen Behörden bei der Überwachung der Versuche.