Zuverlässig und kompetent, ein guter Zuhörer, vertrauenswürdig und fachlich versiert - Medizinstudenten sind sich einig: Der ideale Arzt sollte alle diese positiven Eigenschaften in sich vereinen. Doch nach Einschätzung der angehenden Mediziner sind die "Götter in Weiß" von diesem Idealbild weit entfernt, wie eine Studie in der Fachzeitschrift Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie zeigt (2009; 59: 446-453). Ein Forscherteam von Medizinern um Markus Schrauth von der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen befragte 696 Medizinstudenten zwischen 1981 und 2006 nach ihrem Selbst- und Arzt-Bild. Das Ergebnis: Von ihren Ausbildnern wünschen sich die Jungmediziner, mehr Vorbild zu sein und dass sie ihre positiven Eigenschaften wie Feinfühligkeit und Sympathie deutlicher zeigen. Sich selbst ordnen die Medizinstudenten laut Studie zwischen dem Bild des Ideal-Arztes und jenem der real erlebten Ärzte ein. Sie seien sich darüber im Klaren, dass sie keine idealen Ärzte sind. Dennoch stellen sich angehende Ärzte selbst ein besseres „Zeugnis“ aus als jenen Kollegen, die sie im Zuge ihrer Ausbildung kennenlernten. So halten sie sich beispielsweise für vertrauenswürdiger und gründlicher, gleichzeitig aber auch als unsicherer und machtloser. Das Selbstbild von Ärzten in spe scheint also noch nicht gefestigt, es schwankt zwischen Ohnmacht und Selbstüberschätzung.
Erstaunlich: Obwohl sich die befragten Medizinstudenten noch in der Ausbildung befinden, halten sie sich bereits für genauso kompetent wie die Gruppe der beruflich gestandenen Ärzte mit Approbation. Sie schreiben sich „ebenbürtige Fähigkeiten“ zu - männlich Studenten seien dafür besonders anfällig -, was nach Ansicht der Studienautoren auf eine „nicht zu vernachlässigende Selbstüberschätzung“ hindeutet. Das könnte eine Gefahr sein, so die Studienautoren, denn: Die Sicherheit des Patienten sei nur dann gewährleistet, wenn der Arzt seine Grenzen kenne und wisse, wann er Kollegen um Rat und Mithilfe bitten müsse.