Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung, Vereinfachung von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sowie eine Verbesserung der Ausbildung von Ärzten und Pflegenden in der End-of-Life-Care: So lassen sich die Hauptpunkte der Empfehlungen der parlamentarischen Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ zusammenfassen. 51 Forderungen wurden Anfang März nach monatelangem Austausch mit mehr als 100 Experten dem Nationalrat übergeben, das Positionspapier wurde von allen sechs Fraktionen einstimmig beschlossen. Dies sei eine „große Willenskundgebung des Parlaments“, betonte die Vorsitzende der Kommission Gertrude Aubauer (ÖVP) anlässlich der Präsentation der Ergebnisse (online, 3. 3. 2015). Nun gehe es um die rasche Umsetzung der Maßnahmen: Hospiz müsse leistbar, die Palliativversorgung flächendeckend und für jeden erreichbar sein. Konkret empfiehlt die Kommission, in den kommenden zwei Jahren jeweils 18 Millionen Euro zum Ausbau der Versorgung einzusetzen. Derzeit beträgt der Deckungsgrad an Hospiz- und Palliativversorgung österreichweit nur rund 50 Prozent, so die Experten.
Überraschend kam die ablehnende Reaktion der Regierung: Sowohl SP-Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser als auch SP-Sozialminister Karl Hundstorfer ließen verlauten, dass ihre Ministerien dafür „kein Geld übrig“ hätten (vgl. orf.at, online, 3. 3. 2015). Die Presse-Kolumnistin Gudula Walterskirchen hält dies für ein „demokratiepolitisch fatales Signal“ (online, 8. 3. 2015). Es sei nicht die Aufgabe von Ministerien, Geld übrig zu haben, sondern Prioritäten zu setzen, wobei der geforderte Betrag im Verhältnis zu anderen Ausgaben vergleichsweise gering sei. Außerdem könnte durch eine professionelle Palliativmedizin, die auch rechtzeitige Therapiezieländerungen beeinflusst, Geld gespart werden. Sollten die Ministerien sich der Not der Patienten verweigern, wäre das der Beginn eines „Zwei-Klassen-Sterbens“, warnt Walterskirchen. Vermögensverhältnisse würden dann entscheiden, ob sich Sterbende ein geschultes Hospizteam und eine würdevolle Umgebung leisten könnten oder nicht.
Den breiten Konsens in der Enquete-Kommission gegen eine Freigabe der Beihilfe zur Selbsttötung hält IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer für wichtig. Im Gespräch mit der Wiener Zeitung (online, 20. 2. 2015) betonte die Ethikerin, dass Gesetze eine „Schutzfunktion“ hätten. Es widerspreche einander, einerseits „in Suizid-Prävention zu investieren, im Gegenzug aber die Beihilfe straffrei stellen zu wollen“. Der Lebensschutz sei ein vorpolitisches Recht, über das man nicht demokratisch abstimmen könne. Auch sei es niemals die Aufgabe des Arztes, den Tod als professionelle Dienstleistung anzubieten oder an einem Suizid mitzuwirken. Die Österreichische Ärztekammer hatte sich bereits einstimmig dagegen ausgesprochen, was Kummer ausdrücklich begrüßt.
Anhand der Daten aus anderen EU-Ländern, wie Belgien und den Niederlanden oder der Schweiz könne man erahnen, wie sich eine Liberalisierung auf eine Gesellschaft auswirkt: „Wir brauchen das nicht auszuprobieren. Fehler muss man nicht wiederholen“, so die Ethikerin. Wo der Staat am Sterbebett Freibriefe zur Tötung und Beihilfe zur Selbsttötung per Gesetz ausstellt, steige die Dunkelziffer.
Dass die Hemmschwelle zu töten unter Ärzten sinkt, zeigt eine aktuell im Journal of Medical Ethics veröffentlichte Studie (doi 10.1136/medethics-2014-102150). Von 2.500 befragten niederländischen Ärzten befürwortete jeder Dritte Euthanasie und Beihilfe zum Suizid bei Dementen im Frühstadium, psychisch Kranken und lebensmüden Gesunden. Die Einstellungen zum assistierten Suizid variierten: Die meisten Ärzte würden assistierten Suizid bei Krebspatienten (85 Prozent) oder anderen körperlichen Krankheiten (82 Prozent) befürworten. Ein Drittel (34 Prozent) wäre auch bei psychischen Erkrankungen dazu bereit.