In der Schweiz nehmen immer mehr Menschen, die nicht todkrank sind, Sterbehilfe in Anspruch. Das berichtet eine Arbeitsgruppe der Universität Zürich und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Journal of Medical Ethics (2008; 34: 810-814; doi:10.1136/jme.2007.023887). 33 Prozent der Menschen, die zwischen 2001 und 2004 in Zürich von der Sterbehilfeorganisation Exit Beihilfe zum Selbstmord verlangten, litten nicht an einer tödlichen Krankheit. Zum Vergleich: Zwischen 1990 und 2000 waren es erst 22 Prozent. Bei der zweiten umstrittenen Schweizer Organisation Dignitas, deren Klientel zu 91 Prozent aus Sterbewilligen aus dem Ausland besteht, lag die Zahl nicht tödlich Kranker bei rund 21 Prozent. Bei den nicht tödlich Kranken handle es sich meist um alte Menschen mit Krankheiten wie rheumatische Beschwerden oder Schmerzsyndromen, erklärt Studienleiterin Susanne Fischer. Lebensmüdigkeit und ein allgemein schlechter Gesundheitszustand sei in dieser Gruppe das Hauptmotiv, sterben zu wollen, so die Sozialogin. Sowohl Dignitas als auch Exit hatten laut Studie in einzelnen Fällen auch bei psychisch Kranken Suizidbeihilfe geleistet, so die Studie. Dies gilt als besonders umstritten, weil in der Schweiz nur urteilsfähigen Personen Beihilfe geleistet werden darf. Suizidbeihilfe ist in der Schweiz legal. Jeder Fall wird durch eine Untersuchungsbehörde geprüft.
Angesichts der demographischen Entwicklungen und der Kostenspirale im Gesundheitswesen rechnen politische Beobachter damit, dass der Ruf nach der Freigabe von Euthanasie in den kommenden Jahren lauter werden wird. Bereits 1998 hatten US-Wissenschaftler ein nationales „Einsparungspotenzial“ für das amerikanische Gesundheitssystem in der Höhe von jährlich 627 Millionen Dollar errechnet, sollte aktive Sterbehilfe bei Terminalkranken legalisiert werden (vgl. NEJM 1998; 339(3): 167-172).