Fettleibigkeit und Übergewicht bleiben bei europäischen Kindern auf zu hohem Niveau. Laut dem OECD-Report 2016 Health at a Glance sind durchschnittlich 22 Prozent der 15-jährigen Kinder übergewichtig. In Österreich sind es 25,5 Prozent, in Belgien hingegen nur 15,5 Prozent. Italien und Griechenland haben mit 35 bzw. 41 Prozent den größten Anteil an dicken Kindern und Teenagern. Dagegen sollten nun klare Strategien entwickelt werden, sagt die kürzlich publizierte, von der EU finanzierte Studie I.Family.
Wissenschaftler hatten in den vergangenen zehn Jahren die Entwicklung von mehr als 16.000 Kindern und ihren Familien in acht europäischen Ländern untersucht. Die Ergebnisse zeigen, wie Schlaf, Psyche und Bildung schon das Gewicht der Kleinsten beeinflussen - und dass eine gesundheitsbewusste Erziehung von Werbung und sozialem Umfeld schnell untergraben werden kann (vgl. Spiegel, online, 9.2.2017).
Dass Übergewicht stark vom Vorbild und den Essgewohnheiten der Eltern beeinflusst wird, hat sich erneut bestätigt. Doch Jugendliche kopieren auch ihre Freunde, wenn diese mehr Fastfood oder Süßigkeiten essen - umgekehrt gelingt der Effekt in Richtung gesundes Essen allerdings nicht. Die Studienresultate zeigen eindeutig, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien besonders stark zu Übergewicht tendierten. Diese Gruppen müssten von der Politik stärker unterstützt werden. Übergewicht in der Kindheit hat Langzeitfolgen für die spätere Gesundheit, etwa die Anfälligkeit für Herz-Kreislauferkrankungen (vgl. Berliner Zeitung, online, 9.2.2017).
Werbung scheint ebenfalls einen gewichtigen Einfluss zu haben: „Der Einfluss vom Fernsehen ist einer der stärksten Faktoren, den wir im Rahmen der Studie beobachtet haben“, sagt der Koordinator der I.Family Studie Wolfgang Ahrens (vgl. MDR, online, 9.2.2017). Zwei Drittel der Volksschulkinder sehen mehr als zwei Stunden täglich fern. Das bedeutet viel Sitzen und häufige Werbebotschaften. Kinder, die Werbung im Fernsehen sahen, konsumierten im Schnitt deutlich mehr Süßgetränke. Mindestens 80 Prozent der Kinder und Teenager erkundigten sich zumindest manchmal nach Lebensmitteln, die sie in einer Fernsehwerbung gesehen haben, erklären die Forscher. Präventionsforscher Ahrens mahnt Eltern, den Fernseher aus dem Zimmer ihrer Kinder zu verbannen - und sich selbst einzuschränken, „denn sie haben eine Vorbildfunktion“, so der Forscher am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen.
Die I.Family-Studie zeigte klar, dass sich praktisch alle Kinder zu wenig bewegen: Sie sollten mindestens eine Stunde täglich aktiv sein. Das erreichten aber nur zwei Prozent der Kinder und Jugendlichen in den acht untersuchten Ländern. Die Autoren nehmen in ihrem Bericht die Politik in die Pflicht. Der Bewegungsmangel hänge eng mit der Bebauung - dem Zugang zu Spielplätzen, Parks und freiem Raum zum Bewegen - zusammen, betonen sie: „Gut angelegte öffentliche Orte und sichere, gut angeschlossene Anlagen sind der Schlüssel dazu, die körperliche Bewegung zu steigern.“